# taz.de -- Beschäftigung in Bundesministerien: Befristung à la Groko | |
> Das unbefristete Arbeitsverhältnis soll laut Union und SPD wieder die | |
> Regel werden? Dann sollten einige Bundesministerien den Anfang machen. | |
Bild: Als einziges Ministerium makellos: das Bundesumweltministerium | |
Berlin taz | Wenn die neue Regierung sachgrundlosen Befristungen wirklich | |
ein Ende setzen will, kann sie damit in den eigenen Ministerien anfangen. | |
Zwar geloben die Koalitionspartner von Union und SPD, das unbefristete | |
Arbeitsverhältnis wieder zur Regel zu machen. Ein Blick auf die | |
Beschäftigungspraxis der Ministerien zeigt indes, dass die vorherige | |
Regierung ihrerseits gerne Stellen sachgrundlos befristet hat. Die | |
Bundestagsabgeordnete der FDP, Linda Teuteberg, stellte eine entsprechende | |
schriftliche Anfrage an das Innenministerium. | |
Insbesondere die Neueinstellungen einiger Bundesministerien im Jahr 2017 | |
standen im Widerspruch zu den Vorhaben der Koalition in spe. Trauriger | |
Spitzenreiter war in dieser Hinsicht das Entwicklungsministerium. 98 | |
Prozent aller neuen Arbeitskräfte des vom CSU-Minister Gerd Müller | |
geführten Ressorts erhielten im vergangenen Jahr sachgrundlos befristete | |
Verträge. | |
Ebenfalls sehr hoch war dieser Anteil im CDU-geführten Ministerium für | |
Bildung und Forschung mit über 75 Prozent sowie mit zwei Dritteln im | |
sozialdemokratisch geführten Familienministerium. Im Innenministerium (CDU) | |
waren nach absoluten Zahlen mit 1.098 die meisten Neueinstellungen | |
sachgrundlos befristet, was jedem dritten Fall entsprach. | |
Im [1][vorläufigen Koalitionsvertrag] bekennen sich Union und SPD dazu, | |
„Missbrauch bei den Befristungen abzuschaffen“. Demnach sollen künftig | |
Unternehmen mit mehr als 75 Beschäftigten nur mehr 2,5 Prozent der | |
Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Zudem wollen die Koalitionäre | |
die maximale Dauer einer Befristung von 24 auf 18 Monate reduzieren und | |
Kettenbefristungen einen Riegel vorschieben. Länger als fünf Jahre sollen | |
Arbeitnehmer weder bei demselben Arbeitgeber noch bei verschiedenen | |
Verleihunternehmen befristet eingestellt werden dürfen. | |
In der Diskrepanz zwischen der Einstellungspraxis der Ministerien und den | |
aktuellen Plänen einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition erkennt | |
Linda Teuteberg eine „dreiste Doppelzüngigkeit“. Glaubwürdigkeit sehe | |
anders aus, kritisiert die FDP-Politikerin. „Wer so hart und selbstgerecht | |
Missstände in der Wirtschaft anprangert, der sollte zuerst einmal selbst | |
danach handeln“, [2][kommentierte Teuteberg am Donnerstag auf dem | |
Kurznachrichtendienst Twitter]. | |
## Makellos ist nur das Umweltministerium | |
Wie das Innenministerium in seiner Antwort beschwichtigt, seien die | |
Ressorts bemüht, unbefristete Stellen zu vergeben. Dieses Vorhaben sei | |
jedoch aufgrund diverser „gesetzlicher, tariflicher und | |
haushaltsplanerischer“ Erwägungen nur eingeschränkt möglich. Üblich sei | |
jedoch die Entfristung der Arbeitsverhältnisse, sobald entsprechende | |
Planstellen zu besetzen seien. | |
Tatsächlich lesen sich die Zahlen für die gesamte Belegschaft weniger | |
dramatisch als die der Neueinstellungen. Am größten ist der Anteil der | |
sachgrundlos befristeten Beschäftigten im Familienministerium. In dem in | |
der letzten Legislaturperiode zunächst von Manuela Schwesig, dann von | |
Katarina Barley geführten Haus war mehr als jede zehnte Stelle betroffen. | |
Alle anderen Ministerien wiesen Anteile von unter zehn Prozent auf: Im | |
Bildungsministerium waren es 8,5 Prozent und etwa 8 Prozent im | |
Entwicklungsministerium. | |
Makellos ist nur die Bilanz des Umweltministeriums – 2017 wurde in dem | |
Ressort von Barbara Hendricks (SPD) keine neue Stelle sachgrundlos | |
befristet und auch sonst waren dort keine Mitarbeiter von einer solchen | |
Befristung betroffen. | |
16 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Koalitionsvertrag-im-Ueberblick/!5480714 | |
[2] https://twitter.com/LindaTeuteberg/status/964021496451563520 | |
## AUTOREN | |
Jakob Kulick | |
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