# taz.de -- Deutsche Ausgaben für Entwicklungshilfe: Mehr ist weniger | |
> Der Anteil der Entwicklungshilfe an der Wirtschaftsleistung geht zurück. | |
> Dabei werden schon die Flüchtlingskosten teilweise mitgezählt. | |
Bild: Flüssige Mittel: Auf dem Papier gibt Deutschland mehr für Entwicklung a… | |
Berlin taz | Bereits mit ihrem ersten Haushalt verstößt die neue Regierung | |
aus Union und SPD in einem wichtigen Punkt gegen die eigene | |
Koalitionsvereinbarung. Die Quote der Ausgaben für internationale | |
Zusammenarbeit und Entwicklung sinkt 2018 gegenüber 2017, obwohl genau das | |
nicht passieren sollte. | |
Am Freitag präsentierten die Mitarbeiter*innen von Bundesfinanzminister | |
Olaf Scholz (SPD) die Eckpunkte des Bundeshaushalts für dieses Jahr und die | |
Etatplanung bis 2022. Die Entwicklungsausgaben steigen demnach 2018 auf den | |
bisherigen Rekordwert von 14,8 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch | |
gewisse Kosten für die Flüchtlinge im Inland. Nach internationaler | |
Gepflogenheit werden diese in die Entwicklungsfinanzierung eingerechnet, | |
obwohl sie damit eigentlich nichts zu tun haben. | |
Die Quote der Entwicklungsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt | |
(BIP) dürfte dieses Jahr im Bereich um 0,6 Prozent liegen. 2017 waren es | |
0,66 Prozent. Trotz des absoluten Anstiegs auf 14,8 Milliarden sinkt die | |
Quote also im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Das hatte die Koalition | |
in ihrer Vereinbarung ausgeschlossen. Dort heißt es, das „Absinken“ müsse | |
„bereits 2018 verhindert werden“. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) | |
argumentiert dagegen, die bereinigte Quote für Entwicklungspolitik im | |
Ausland sei 2018 mit 0,5 Prozent stabil geblieben. | |
In den darauffolgenden Jahren wächst der Widerspruch allerdings. Während | |
das BIP wohl weiter zunimmt, sinken die Entwicklungsausgaben nach der | |
bisherigen Finanzplanung. 2019 sollen sie leicht auf 14,7 Milliarden | |
sinken, 2020 aber deutlich auf 13,6 und 2021 auf 13,3 Milliarden Euro. | |
„Entwicklungspolitik lässt sich nicht mit weniger Geld vorantreiben“, sagte | |
dazu Uwe Kekeritz von den Grünen. „Wir brauchen mindestens 1 Milliarde Euro | |
mehr pro Jahr ab 2020, um selbst eine Quote von 0,5 Prozent zu erreichen. | |
Um 0,7 Prozent zu schaffen, braucht es ab sofort 1,2 Milliarden pro Jahr.“ | |
0,7 Prozent sind das internationale Ziel, das die Bundesregierung | |
grundsätzlich akzeptiert. | |
In der Koalitionsvereinbarung haben Union und SPD freilich einen | |
Mechanismus vereinbart, der den Rückgang auffangen könnte. Ergäben sich im | |
Lauf der Jahre zusätzliche Spielräume, heißt es, solle das Geld „prioritä… | |
für Entwicklung und Verteidigung ausgegeben werden, im Verhältnis eins zu | |
eins. Wenn das Verteidigungsministerin 1 Milliarde Euro mehr bekommt, muss | |
auch das Entwicklungsministerium Mittel in ähnlicher Höhe erhalten. | |
Dass sich in dieser Legislaturperiode finanzielle Spielräume eröffnen, ist | |
nicht unwahrscheinlich. Laut Finanzplanung rechnet Scholz damit, dass die | |
gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2021 auf 53 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung sinkt. Schon ab 2019 werden die Schulden der | |
bundesdeutschen Staatshaushalte und der Sozialversicherung unter der | |
60-Prozent-Grenze des europäischen Maastricht-Vertrags liegen. | |
27 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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