# taz.de -- EU-Geld gegen Fluchtursachen: Ausgedachte Migrationsbremse | |
> Die EU bringt einen Fonds zur Fluchtursachenbekämpfung auf den Weg. Doch | |
> das Geld könnte an falscher Stelle eingesetzt werden. | |
Bild: Hunger ist eine Fluchtursache, wie hier im Südsudan | |
Brüssel taz | Spätestens seit die Zahl der in Europa ankommenden | |
Flüchtlinge zugenommen hat, liegt die Vermischung von Migrations- und | |
Entwicklungspolitik europapolitisch im Trend. Das zeigen die Diskussionen | |
um den Europäischen Fonds für Nachhaltige Entwicklung, dem der hierfür | |
zuständige Ausschuss des Parlaments diese Woche zugestimmt hat. | |
Es ist kein Zufall, dass die EU-Kommission dieses Instrument im Rahmen der | |
„Europäischen Agenda für Migration“ vorgestellt hatte. Hinter der | |
Einführung des Fonds stecke primär die Idee, „root causes“, also die | |
Hauptursachen der Migration zu bekämpfen, sagte der slowakische | |
Europa-Abgeordnete Eduard Kukan (Christdemokraten) während der Debatte im | |
Ausschuss. Der Fonds sei kein reines Entwicklungshilfe-, sondern in erster | |
Linie ein „innovatives Finanzinstrument“. | |
Mit seiner Hilfe sollen vor allem private Investoren animiert werden, Geld | |
in Regionen anzulegen, die ansonsten eher leer ausgehen. Eine vom | |
EU-Haushalt gelieferte Garantie von 3,35 Milliarden Euro soll den Anschub | |
für Investitionen in Höhe von insgesamt 44 Milliarden Euro bis 2020 | |
liefern. | |
Ein „beachtliches Ziel“, meint Maria Heubuch. Für die | |
entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament ist die | |
Verknüpfung des Fonds mit migrationspolitischen Zielen jedoch inhaltlich | |
falsch. „Es ist ein Trugbild, zu glauben, dass Migration durch | |
Investitionen verhindert werden kann“, kritisiert sie. Ein höheres | |
Entwicklungsniveau könne im Gegenteil zu mehr Migration führen. | |
## „Der Fonds könnte missbraucht werden“ | |
Entwicklungshilfe-Organisationen halten die Vermischung von | |
Entwicklungshilfe und Migrationspolitik gar für gefährlich. „Der Fonds | |
könnte missbraucht werden, um Infrastrukturen zur Kontrolle von | |
Migrationsströmen, etwa den Bau von Mauern, zu finanzieren“, warnt Xavier | |
Sol von der in Brüssel ansässigen NGO „counterbalance“ und fordert, dass | |
entwicklungspolitische Ziele im Vordergrund stehen sollten. | |
Tatsächlich waren die Kriterien für die Projekte im von der EU-Kommission | |
vorgelegten Text zunächst eher vage formuliert. Einige der 386 | |
Änderungsanträge des Parlaments konzentrierten sich darauf, verbindliche | |
Sozial- und Umweltstandards einzubringen. Zudem sprach sich eine Mehrheit | |
der Abgeordneten dafür aus, dass mindestens 35 Prozent des Geldes in | |
Projekte fließen sollen, die dem Klimaschutz dienen. | |
Welche Zielländer der Fonds genau anvisiert, bleibt noch offen. Anvisiert | |
sind Partnerstaaten wie Niger, Mali, Senegal oder Äthiopien. | |
26 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Danièle Weber | |
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