| # taz.de -- Abschiebungen nach Mali: Die Heimat ist fremd geworden | |
| > Migranten, die aus Europa zurückgeschickt werden, finden in Mali meist | |
| > keinen Anschluss mehr. Eine NGO in Bamako versucht zu helfen. | |
| Bild: Ein malischer Flüchtling in Libyen | |
| Bamako taz | Häufig kommt nicht einmal jemand von der Familie zum | |
| Flughafen. Wenn ein aus Europa abgeschobener Migrant aus Mali zurück in der | |
| Heimat landet, schließt niemand den Rückkehrer fest in die Arme, | |
| organisiert ein Essen oder bietet für die Anfangszeit eine Unterkunft an. | |
| Diese Erfahrung hat Amadou Coulibaly immer wieder gemacht. „Wir übernehmen | |
| das dann“, sagt der Mitarbeiter des Malischen Verein der Abgeschobenen | |
| (AME), der seinen Sitz in der Hauptstadt Bamako hat. | |
| Auch Hamidou Maïga denkt nicht gerne daran, was ihn in den kommenden Wochen | |
| und Monaten erwartet. Wenn die Ungewissheit zu groß ist, besucht er das | |
| AME-Büro. Seit dem 23. November 2016 ist er zurück in seiner Heimat. Zuvor | |
| hat er vier Jahre lang in Deutschland gelebt und auf Asyl gehofft. Zwei | |
| Polizisten machten seine Hoffnung schließlich zunichte. | |
| „Endlich konnte ich die Sprachschule besuchen. Doch dann dauerte es keine | |
| vier Wochen, und sie standen vor meiner Tür. ‚Maïga, du fliegst heute | |
| zurück nach Mali‘, haben sie gesagt.“ 20 Minuten blieben ihm, um zu essen | |
| und ein paar Sachen zusammenzupacken. Dann wurde er im Auto von Zeitz nach | |
| Berlin gebracht und über Marokko zurück nach Bamako geflogen. | |
| Anders als andere Migranten, die in den vergangenen Monaten abgeschoben | |
| wurden, kritisiert Hamidou Maïga die Vorgehensweise der Polizei nicht. Sie | |
| hätte sich korrekt verhalten. Falls das nicht der Fall ist, dann kann AME | |
| auf ein Netzwerk von Rechtsanwälten zurückgreifen. | |
| ## 50 Abgeschobene pro Monat | |
| Weitaus häufiger müssen die Mitarbeiter jedoch beim Alltag in Bamako | |
| helfen. Sie besorgen Wohnungen, stellen Kontakte zur Familie her, sind | |
| Ansprechpartner. Laut Coulibaly werden pro Monat etwa 50 Abgeschobene | |
| betreut. | |
| Ein Haus als Notunterkunft kann sich die Organisation allerdings nicht mehr | |
| leisten. „Unser Budget ist klein.“ Dabei hat die EU Mali viele Millionen | |
| Euro versprochen. Coulibaly kritisiert, dass kleine Organisationen das Geld | |
| nicht abrufen könnten. | |
| Hamidou Maïga hat eigenen Angaben zufolge nicht einmal eine Unterkunft. | |
| „Ich schlafe am Fluss, wo ich auch arbeite“, erklärt er. Am Ufer des | |
| Niger-Flusses, an dem Bamako liegt, sind die sogenannten „Sandfischer“ | |
| unterwegs: Männer, die Sand als Baumaterial vom Flussgrund holen und damit | |
| ein bisschen Geld verdienen. Es ist schwere körperliche Arbeit mit viel | |
| Konkurrenz. | |
| Doch es sei der einzige Ort, an den er gehen könnte, sagt Hamidou Maïga. Er | |
| stammt aus Bourem im Norden Malis. Als 2012 die Dschihadisten die Region | |
| besetzten, entschied er sich zur Flucht und gelangte über Bamako, | |
| Mauretanien und Marokko bis nach Europa. In Spanien und Frankreich blieb er | |
| nur kurz. Sein Ziel hieß Deutschland. | |
| Dabei verlor er auch den Kontakt zur Familie. „Ich weiß bis heute nicht, wo | |
| sie ist. Wir sind alle zerstreut worden.“ | |
| ## Keine Hilfe für Reintegration | |
| Staatliche Hilfe gibt es nicht. Auf die Frage schüttelt Maïga mit dem Kopf. | |
| Dabei würde auch Coulibaly die Regierung gerne in die Pflicht nehmen. | |
| „Häufig könnten wir die Erfahrungen, die die Migranten im Europa gemacht | |
| haben, gut nutzen“, findet er. Viele hätten in Spanien und Italien im | |
| Gemüseanbau gearbeitet. „Nach der Rückkehr können sich viele vorstellen, | |
| Landwirtschaft zu betreiben oder Geflügel zu züchten.“ | |
| Die Reintegration gelingt selten. Ob in Europa oder zurück in der Heimat: | |
| Wirklich haben will die Migranten niemand. | |
| 28 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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