# taz.de -- Undurchsichtige Transparenzregeln: Transparenzgesetz ist mangelhaft | |
> Hamburgs Handelskammer muss nicht von sich aus ihre Daten | |
> veröffentlichen, hat das Verwaltungsgericht geurteilt und so eine | |
> Schwäche des geltenden Rechts offengelegt | |
Bild: In der Handelskammer: Nicht alles, wo man rein gucken kann, lässt sich a… | |
Das [1][Hamburgische Transparenzgesetz] gilt für die Handelskammer nur zum | |
Teil. Nach einem am Montag veröffentlichten Urteil [2][(Az. 17 K 273/15)] | |
des Verwaltungsgerichts muss die staatlich vorgeschriebene | |
Standesvertretung der Wirtschaft zwar auf Anfrage Auskünfte erteilen. | |
Allerdings muss sie Informationen nicht aktiv für die Öffentlichkeit | |
bereitstellen. | |
Das Urteil offenbart einen Widerspruch in dem Gesetz, mit dem Hamburg eine | |
Vorreiterrolle spielte. Demnach müssen nicht nur die Behörden sondern auch | |
die städtischen Unternehmen wie die Hochbahn ihre Daten im | |
Informationsregister beim Staatsarchiv einstellen. Das gilt aber nicht für | |
Stiftungen, Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts wie die | |
Handelskammer – obwohl diese staatsnah sind. | |
Das Transparenzgesetz geht zurück auf die Volksinitiative „Transparenz | |
schafft Vertrauen“, die vom Chaos Computer Club, von Transparency | |
International und Mehr Demokratie angeschoben wurde. Die Bürgerschaft | |
übernahm deren Gesetzentwurf und beschloss ihn bis auf kleine Änderungen | |
einhellig. | |
Weil sich die Kammer weigerte, ihre Daten in das Informationsregister | |
einzustellen, wurde sie 2015 von dem Computer Club verklagt. „Es war von | |
vornherein vorgesehen und klar formuliert, dass auch die Handelskammer und | |
andere Körperschaften des öffentlichen Rechts vollständig unter das | |
Transparenzgesetz fallen sollen“, behauptete Michael Hirdes vom Club. | |
Vorgesehen vielleicht, aber offenbar uneindeutig formuliert und von der | |
damals SPD-geführten Justizbehörde durchgewunken. Das Gericht unterscheidet | |
auf Basis des Gesetzestextes feinsinnig Akteure, die eine Auskunftspflicht | |
haben und solche, die eine Veröffentlichungspflicht – oder beides – haben. | |
Öffentliche Körperschaften hätten demnach nur eine Auskunftspflicht. | |
„Wenn das so interpretiert werden kann, muss man das Transparenzgesetz | |
anpassen“, fordert Gregor Hackmack von Mehr Demokratie. Erklärtes Ziel des | |
Gesetzgebers sei es gewesen, der mittelbaren Staatsverwaltung, zu der die | |
Kammern, aber auch die Universitäten gehören, eine Veröffentlichungspflicht | |
aufzuerlegen. | |
„Wir haben lange auf so ein Urteil gewartet“, sagt Helena Peltonen von | |
Transparency International. Es sei zwar ein Schlag ins Kontor, mache aber | |
den Weg frei für eine Gesetzesnovelle. Auch der Beauftragte für Datenschutz | |
und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, sieht den Gesetzgeber gefordert, | |
„die Anwendbarkeit des Transparenzgesetzes auf die mittelbare | |
Staatsverwaltung zu erweitern“. | |
Bei dem grünen Justizsenator Till Steffen rennt er dabei offene Türen ein. | |
Die Behörde arbeitet bereits an einer Novellierung. Eine entsprechende | |
Klarstellung betrachte er als „besonders wichtig“, sagte der Senator. | |
Die Handelskammer selbst hat längst reagiert. Im Juli beschloss das | |
Kammerplenum, sich freiwillig der Veröffentlichungspflicht zu unterwerfen. | |
Alles andere wäre auch merkwürdig: Denn im Februar hat dort eine Gruppe das | |
Ruder übernommen, die eine größere Transparenz der Kammer gefordert hatte. | |
23 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hamburg.de/transparenzgesetz/ | |
[2] http://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/9754222/pressemitteilun… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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