| # taz.de -- Zugang zu amtlichen Informationen: Hamburg bald intransparent | |
| > Das Transparenzgesetz des Stadtstaates gilt als Vorbild. Der rot-grüne | |
| > Senat will es angeblich verbessern – plant aber das Gegenteil. | |
| Bild: Was läuft da eigentlich in der Verwaltung? Das Transparenzgesetz soll de… | |
| Hamburg taz | Es soll ein großer Wurf werden: [1][Hamburg reformiert sein | |
| bundesweit vorbildliches Transparenzgesetz]. Justizsenator Till Steffen | |
| (Grüne) frohlockte, nachdem der Senat Anfang der Woche den Gesetzentwurf | |
| verabschiedet hatte: „Hamburg spielt immer noch eine Vorreiterrolle, aber | |
| wir wollen uns nicht ausruhen.“ Nur: Der Datenschutzbeauftragte der | |
| Hansestadt sowie Transparency International kritisieren den Gesetzentwurf | |
| und sehen Rückschritte. [2][Im bundesweiten Transparenzranking büßt Hamburg | |
| damit seinen Vorsprung ein.] | |
| Nach einer Volksinitiative setzte die SPD 2012 das Transparenzgesetz durch. | |
| Es verpflichtet das Land, amtliche Informationen öffentlich und kostenlos | |
| im Internet zugänglich zu machen. Dazu gehören etwa Gutachten, | |
| Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100.000 Euro, die die Daseinsvorsorge | |
| betreffen. Das Besondere: Statt auf Nachfrage werden zahlreiche | |
| Informationen, Daten und Dokumente in einer Datenbank proaktiv | |
| veröffentlicht. [3][Mit rund 40 Millionen Aufrufen stößt das | |
| Transparenzportal seither auf großes Interesse.] | |
| Als zentralen Fortschritt hebt der Senat nun hervor, dass künftig auch die | |
| „mittelbare Staatsverwaltung“ zur Veröffentlichung verpflichtet ist. Dies | |
| betrifft die Handwerks- und Handelskammer ebenso wie die Universitäten und | |
| damit auch das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Auch | |
| Stiftungen öffentlichen Rechts sind veröffentlichungspflichtig. | |
| Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, | |
| Johannes Caspar, lobt diese Ausweitung, [4][spricht aber insgesamt von | |
| „Licht und Schatten“ des Entwurfs] und befürchtet gar, dass dieser gegen | |
| europäisches Recht verstößt. Besonders umstritten ist, dass Name und | |
| Anschrift der Antragsteller*innen im Falle einer Nachfrage zu | |
| personenbezogenen Daten, geistigem Eigentum oder Betriebs- und | |
| Geschäftsgeheimnissen der auskunftspflichtigen Stelle mitgeteilt werden | |
| sollen. | |
| ## Antragsteller werden geoutet | |
| „Wenn bei jeder kritischen Anfrage der Name und die Anschrift der | |
| Antragsteller mitzuteilen sind, wird eine Aufdeckung von Missständen zum | |
| persönlichen Risiko des Anfragenden“, sagt Caspar. Die neue Vorschrift | |
| erschwere überdies die Arbeit von investigativen Journalist*innen. | |
| Nach Ansicht der Justizbehörde ist beides aber nahezu auszuschließen: „Es | |
| gibt hinreichende Handlungsmöglichkeiten der Behörde, auf solche | |
| rechtsmissbräuchlichen Ausnahmefälle zu reagieren“, sagt André Otto, | |
| Sprecher der Justizbehörde. | |
| Auch Helena Peltonen, stellvertretende Vorsitzende von Transparency | |
| International in Deutschland, zeigt sich entsetzt von der Reform: „Es wird | |
| als Fortschritt verkauft, dabei ist an vielen Stellen das Gegenteil der | |
| Fall.“ Dass nun auch die mittelbare Staatsverwaltung in das Gesetz | |
| einbezogen wird, sei positiv – aber auch eine alte Forderung, deren | |
| Erfüllung überfällig sei. | |
| „Dass zudem der Datenschutzbeauftragte mehr Kompetenzen erhält, ist | |
| grundsätzlich zu befürworten“, sagt Peltonen. „Wenn aber nicht auch die | |
| personellen Ressourcen erweitert werden, ist die Reform ein Papiertiger“, | |
| warnt sie. Dann werde der Datenschutzbeauftragte diese Ausweitung auf | |
| Umwelt- und Verbraucherinformationen gar nicht nutzen können. | |
| Eine weitere Errungenschaft sieht Transparency International ebenfalls in | |
| Gefahr: Wichtige Verträge der Stadt, insbesondere im Bereich der | |
| Daseinsvorsorge, müssen bisher bereits vor Vertragsabschluss veröffentlicht | |
| werden. „[5][Angesichts der desaströsen Mautverträge des | |
| Bundesverkehrsministers] sieht man, wie wichtig es ist, vorher der | |
| Öffentlichkeit die Verträge zu zeigen“, sagt Peltonen. Diese Norm soll | |
| ersatzlos gestrichen werden. | |
| Eine weitere Verschlechterung sieht Peltonen in der Streichung eines | |
| kleinen Worts. „Unverzüglich“ müssen die Behörden bisher Informationen a… | |
| Nachfrage rausrücken. Künftig beträgt die Frist zur Beantwortung einen | |
| Monat. | |
| Johannes Caspar kritisiert zudem, dass nicht auch der Verfassungsschutz zu | |
| mehr Transparenz gezwungen wird. „Es kann durchaus ein erhebliches | |
| öffentliches Interesse an Informationen bestehen“, sagt der | |
| Landesdatenschutzbeauftragte. Bundes- und Ländergesetze schützten | |
| sicherheitsrelevante Informationen von Nachrichtendiensten bereits | |
| hinreichend. | |
| 2 Aug 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/67515/entwurf_eines_gesetz… | |
| [2] https://transparenzranking.de/ | |
| [3] http://transparenz.hamburg.de/ | |
| [4] https://datenschutz-hamburg.de/pressemitteilungen/2019/07/2019-07-31-hmbtra… | |
| [5] /Illegale-Pkw-Maut-in-Deutschland/!5600693/ | |
| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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