# taz.de -- Anonyme Spenden an Uni Hamburg: Uni darf Namen verheimlichen | |
> Das Oberverwaltungsgericht weist eine Klage ab, die die Bekanntgabe der | |
> Namen von Spender*innen an die Uni Hamburg einfordert. Diese ist froh | |
> darüber. | |
Bild: Bleiben hinter den verschlossenen Türen der Uni Hamburg: Die Namen ihrer… | |
HAMBURG taz | Die Auskünfte dürfen geschwärzt bleiben: Das Hamburger | |
Oberverwaltungsgericht (OVG) hat am Mittwoch entschieden, dass die | |
Universität Hamburg die Namen ihrer Spender*innen nicht nennen muss. Damit | |
hat das Gericht die vorhergehende Entscheidung des Verwaltungsgerichts | |
umgedreht: Dieses hatte die Uni noch dazu verpflichtet, aufgrund des in | |
Hamburg geltenden Transparenzgesetzes die Namen von Spender*innen | |
preiszugeben. | |
Geklagt hatte der Journalist Arne Semsrott, der sich für das Portal | |
Hochschulwatch und die Plattform FragDenStaat in transparenz- und | |
netzpolitischen Debatten engagiert. „Ich halte das Urteil für ein fatales | |
Signal“, sagt Semsrott. | |
Semsrott hatte von der Uni Hamburg mehr über die ihr zugute gekommenen | |
Zuwendungen wissen wollen. Lediglich die Höhe der Spenden wird | |
veröffentlicht. 2015 hatte er die Uni um Preisgabe aller Spender*innen aus | |
den Jahren von 2012 bis 2014 gebeten, die der Uni mehr als 1.000 Euro | |
zukommen ließen. Auch hatte er erfahren wollen, wofür konkret die Spenden | |
gegeben wurden. Dabei hatte er sich auf das Transparenzgesetz berufen. | |
Die Uni sah sich aber nicht gezwungen, diese Informationen zu | |
veröffentlichen. Der sogenannte Vertrauenstatbestand würde dadurch verletzt | |
– gegen den Willen der Spender*innen könne die Uni nicht einfach die Namen | |
nennen, auch hätte sie den Zuwendungsgeber*innen Vertraulichkeit | |
zugesichert. Einige Spenden wurden Semsrott daraufhin genannt, die Namen | |
waren allerdings geschwärzt worden. | |
Semsrott hatte daraufhin geklagt. „Geheimniskrämerei ermöglicht eine | |
verdeckte Einflussnahme an Hochschulen“, sagt Semsrott. Im März 2018 hatte | |
das Hamburger Verwaltungsgericht zu seinen Gunsten entschieden, die Uni | |
legte daraufhin Berufung ein. Während der Verhandlung am Mittwoch hatte das | |
OVG bereits durchblicken lassen, dass es die Auffassung der Uni teilt. | |
Diese sieht nämlich die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr. Eine Offenlegung | |
wirke sich auf die Wahl der Forschungsthemen aus. Spender*innen, die | |
wüssten, dass ihre Namen veröffentlicht werden, würden keine Mittel für | |
unpopuläre Themen mehr bereitstellen, argumentierte der Anwalt Christian | |
Winterhoff, der die Uni vertritt. Damit greife die Preisgabe von Namen in | |
das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ein. | |
Semsrott sieht die Gefahr genau von der entgegengesetzten Seite kommen. | |
„Eine echte Gefahr für Wissenschaftsfreiheit besteht vor allem, wenn | |
Geldflüsse an eine Hochschule geheim bleiben“, sagt Semsrott. Zwar würde | |
nicht immer eine Spende direkt Einfluss auf Forschung nehmen, aber die | |
praktische Wissenschaftsfreiheit dennoch beeinflussen. | |
„Es gibt auch abstrakte Einflussnahmen, wenn bestimmte | |
Forschungseinrichtungen zulasten von anderen gefördert werden“, sagt | |
Semsrott. Transparenz sei deshalb nötig, schon um dem Verdacht einer | |
befürchteten Einflussnahme zu begegnen. | |
Sowohl Semsrott als auch die Uni bezogen sich bei ihren Argumentationen auf | |
das Hamburgische Transparenzgesetz. Das regelt eine umfassende | |
Auskunftspflicht öffentlicher Einrichtungen in der Hansestadt, nennt aber | |
auch Ausnahmen. Demnach bestehe keine Informationspflicht für die | |
Forschung. | |
Doch auch die Vorsitzende Richterin Sonja Sternal machte deutlich, dass | |
„dem Wortlaut nach ziemlich offen“ sei, was der Gesetzgeber mit dieser | |
Formulierung gemeint hatte – ob demnach nur die unmittelbare und konkrete | |
Forschung geschützt und damit nicht informationspflichtig sei oder auch | |
schon Fragen der Organisation und Finanzierung von Forschung. | |
## Keine Revision zugelassen | |
Am Nachmittag kam das Gericht dann zur Entscheidung, dass es die Klage von | |
Semsrott abweist. „Die im Transparenzgesetz geregelte Ausnahmevorschrift | |
ist nicht auf den Kernbereich der Wissenschaftsfreiheit beschränkt“, teilte | |
das Gericht mit. Die Namen bleiben also geheim. | |
Uni-Präsident Dieter Lenzen reagierte auf die Entscheidung euphorisch. Das | |
Urteil sei von großer Bedeutung, weit über den Wissenschaftsstandort | |
Hamburg hinaus. „Die Bereitschaft vieler Wohltäter und Freunde der | |
Universität Hamburg sowie potenzieller Partner wie Stiftungen und anderer | |
Organe wäre sonst zusammengebrochen“, sagt Lenzen. Angesichts schrumpfender | |
Haushaltszuwendungen des Staates seien Unis dringend auf Spenden | |
angewiesen. | |
Das OVG hat eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen. Die | |
Anti-Korruptionsorganisation Transparency International bedauerte das | |
Urteil, denn die Transparenz an Hochschulen würde dadurch eingeschränkt. | |
Semsrott kündigte an, weitere Anfragen an die Uni prüfen zu wollen. | |
26 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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