# taz.de -- Reform des Hamburger Transparenzgesetzes: Abstimmung ohne Debatte | |
> Der Senatsentwurf zur Reform des Hamburger Transparenzgesetzes hat für | |
> viel Kritik gesorgt. Heute soll er durch die Bürgerschaft gehen. | |
Bild: So schön wie bei diesen Eisblumen sieht Intransparenz selten aus | |
HAMBURG taz | Kurz vor der Abstimmung um die Reform des Hamburger | |
Transparenzgesetzes scheint noch einmal Bewegung in die Ausgestaltung zu | |
kommen. Sowohl die Opposition als auch die Regierungsfraktionen von SPD und | |
Grünen wollen am 18. Dezember in der Bürgerschaft den Reformentwurf durch | |
Zusatzanträge nachbessern. Doch ob Hamburg dann trotz der Nachbesserungen | |
weiterhin als Vorbild in Sachen Transparenz gilt, ist fraglich. | |
Nachdem Justizsenator Till Steffen (Grüne) seinen Entwurf zur Reform | |
vorgelegt hatte, hagelte es Kritik. Zwar soll künftig auch die „mittelbare | |
Staatsverwaltung“ zur Offenlegung von Dokumenten verpflichtet sein – zum | |
Beispiel die Uni, die Handwerks- und Handelskammer sowie Stiftungen | |
öffentlichen Rechts. | |
Nach einer Volksinitiative galt dies aber schon seit 2012 für die Behörden, | |
nachdem die SPD ein [1][bundesweit vorbildliches Transparenzgesetz] | |
durchgesetzt hatte. Es verpflichtet das Land, amtliche Informationen | |
öffentlich, proaktiv und kostenlos im Internet zugänglich zu machen. Dazu | |
gehören etwa Gutachten, Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100.000 Euro, die | |
die Daseinsvorsorge betreffen. | |
Rund 40 Millionen Aufrufe der Datenbank, auf der die Dokumente öffentlich | |
einsehbar sind, zeigen seither das große Interesse. Im bundesweiten | |
Transparenzranking rangiert Hamburg damit auf dem ersten Platz. Auch in | |
Berlin versucht derzeit eine Volksinitiative, ein ähnlich gestaltetes | |
Gesetz auf den Weg zu bringen. | |
## Viele Ausnahmen | |
In Hamburg allerdings war die Liste mit Kritik nach Bekanntwerden des | |
Reformentwurfs umso länger: Besonders umstritten ist, dass Name und | |
Anschrift der Antragsteller*innen im Falle einer Nachfrage zu | |
personenbezogenen Daten der auskunftspflichtigen Stelle mitgeteilt werden | |
sollen. Zudem gebe es längere Antwortfristen und zu viele Ausnahmen. Auch | |
wird die Norm ersatzlos gestrichen, dass wichtige Verträge der Stadt | |
bereits vor Vertragsabschluss veröffentlicht werden müssen. | |
Die Volksinitiative, vorangetrieben von den Nichtregierungsorganisationen | |
Transparency International, Mehr Demokratie, Open Knowledge Foundation und | |
dem Chaos Computer Club, fordert seit Längerem eine Reform und drohte im | |
Sommer bereits mit einer weiteren Volksinitiative. | |
„Das Thema ist uns sehr wichtig, denn hier kann man sehen, ob die | |
parlamentarische Demokratie diese Rechte nach wenigen Jahren wieder | |
einschränken will oder nicht“, sagt Thomas Michel von Mehr Demokratie. Eine | |
neue Volksinitiative sei keineswegs vom Tisch, allerdings habe es in den | |
vergangenen Woche Gespräche mit den Fraktionen von SPD und Grünen gegeben. | |
Hinzu kommt: Eigentlich war das Transparenzgesetz bereits vor zwei Wochen | |
auf der Tagesordnung der Bürgerschaft, wurde aber wegen Beratungsbedarf von | |
Rot-Grün verschoben. Am 18. Dezember wird darüber abgestimmt, allerdings | |
ohne Debatte. Martin Dolzer von der Linkspartei kritisiert: „Entgegen | |
anderweitiger Zusage von Rot-Grün wird nun ohne Debatte abgestimmt, dabei | |
geht es um ein Gesetz mit weitreichenden Folgen.“ Die Linksfraktion hat | |
ebenfalls einen Zusatzantrag eingebracht, der „unseren Vorstellungen von | |
Transparenz am nächsten kommt“, sagt Michel. | |
Gleichwohl wird der Antrag wenig Aussicht auf Erfolg haben. SPD und Grüne | |
haben gemeinsam mit CDU und FDP einen Zusatzantrag ausgearbeitet, der in | |
der Bürgerschaft die nötige Mehrheit bekommen wird. Dieser war bis | |
Redaktionsschluss zwar noch nicht öffentlich, aber gegenüber der taz | |
erklärte Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD, dass der Entwurf | |
hinsichtlich des Datenschutzes von Antragssteller*innen noch einmal | |
nachgebessert wurde: „Antragstellerinnen und Antragssteller, die nach | |
personenbezogenen Daten fragen, können sich sicher sein, dass ihre Daten im | |
Rahmen einer Bearbeitung nicht ohne Prüfung an Dritte weitergegeben | |
werden.“ Ob das ausreicht, um eine neuerliche Volksinitiative der | |
Datenschützer*innen zu verhindern, ist vorerst fraglich. | |
18 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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