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# taz.de -- Region Casamançe im Süden Senegals: Isoliert vom Rest des Landes
> Bislang findet Obst aus der fruchtbaren Casamançe nur schwer den Weg aus
> der Region. Der Machtwechsel im nahen Gambia soll Besserung bringen.
Bild: Ziemlich fruchtbar: Ein Flussdelta nahe Ziguinchor in der Casamançe
Ziguinchor taz | Noelle Niouky stellt auf ihrem Verkaufstisch ein Glas mit
Mangomarmelade neben das nächste. Auch kleine Tüten mit getrockneten
Mangoscheiben, die in einem kräftigen Gelbton leuchten, gibt es, dazu
Säfte, deren wichtigste Zutat der Cashewapfel ist, die Frucht des
Acajoubaums. Der ist vor allem für seine Nüsse bekannt – „aber auch der
Cashewapfel lässt sich prima nutzen“, erklärt Noelle Niouky, die in der
Stadt Ziguinchor im Süden Senegals Marmelade und Getränke herstellt.
Doch wenn es nicht gerade einen Workshop an der Universität gibt oder eine
Veranstaltung der Handelskammer, bleibt sie auf ihren Produkten sitzen.
„Dabei eignet sich die Casamançe hervorragend für Landwirtschaft. Unsere
Böden sind sehr fruchtbar“, seufzt Noelle Niouky.
Die Casamançe ist isoliert. Vom Rest Senegals trennt sie das Nachbarland
Gambia, das durchquert oder mühsam umfahren werden muss. Im Süden grenzt
die Casamançe an das noch ärmere Guinea-Bissau. Jeder Transport ist teuer
und aufwändig. Am günstigsten ist die Fähre zwischen Dakar und Ziguinchor.
Aber auch die, sagt Noelle Niouky, „ist so teuer, dass ich lieber weniger
produziere und vor Ort verkaufe“.
Ändern könnte das nun die politische Entwicklung in Gambia. Unter dem im
Dezember 2016 abgewählten Präsidenten Yahya Jammeh gab es zuvor ein
ständiges Kräftemessen mit Senegal. Das kleine Gambia kann den Senegalesen
das Leben schnell schwermachen, indem es die Verbindungen zwischen Nord und
Süd blockiert. Vergangenes Jahr ließ Jammeh zeitweise den Zoll für
Lastwagen von umgerechnet 6 auf 600 Euro erhöhen. Manchmal wurden die
Grenzen auch komplett geschlossen. Eine Katastrophe für frische Produkte.
Aber nach Jammehs Abgang und dem [1][Antritt seines gewählten Nachfolgers
Adama Barrow] hoffen in der Casamançe viele Menschen auf eine verbesserte
politische Beziehung. Barrow verdankt es Senegals Armee, dass er überhaupt
im Amt ist: Die griff im Januar in Gambia ein, als Jammeh seine
Wahlniederlage nicht hinnehmen wollte, und erzwang den Machtwechsel.
Mehrfach ist Barrow seitdem mit Senegals Präsident Macky Sall aufgetreten.
Zölle wurden gesenkt, Handelsschranken abgebaut.
## Aufgehobene Reisewarnung in Frankreich
In Ziguinchor ist Jean-Paul Ehemba, Vorsitzender der Handelskammer und
Betreiber des größten Hotels, jetzt verhalten optimistisch. „Ich gehe davon
aus, dass diese politischen Schwierigkeiten gelöst werden können“, sagt er.
Verbesserungen in der Casamançe seien seit der Wahl von Senegals Präsident
Sall 2012 sichtbar. „Im Vergleich zu früher gibt es einen Dialog zwischen
den Konfliktparteien sowie mit der Bevölkerung.“ Deutlich mache das die im
vergangenen Herbst aufgehobene Reisewarnung Frankreichs, die jahrzehntelang
galt.
Fühlt sich die Region nicht mehr so abgehängt, könnte das den
Unabhängigkeitsbefürwortern den Wind aus den Segeln nehmen. Casamançe ist
Schauplatz eines der längsten Sezessionskonflikte der Welt: Seit 1982
fordert die bewaffnete „Bewegung der Demokratischen Kräfte der Casamançe“
(MFDC) die Trennung vom Senegal.
Viele Befürworter gehören der ethnischen Minderheit Diola an – wie übrigens
auch Gambias Expräsident Jammeh – und sind völlig frustriert vom fernen
Dakar. In den vergangenen Jahrzehnten wechselten sich Ausschreitungen,
Verhaftungen, Schießereien und Waffenstillstandsabkommen ab. Die MFDC
spaltete sich, und 5.000 Menschen sind insgesamt ums Leben gekommen. In
Ziguinchor beklagen Bewohner bis heute, dass zerstörtes Eigentum nie
ersetzt wurde.
Auch wenn die Situation der Casamançe heute so gut wie noch nie in den
vergangenen drei Jahrzehnten ist, bleiben viele Menschen skeptisch. Zu
ihnen gehört Seynabou Male Cissé, die mehr als 200 nichtstaatliche
Organisationen zur „Plattform der Frauen für den Frieden in der Casamançe“
zusammengeschlossen hat. „Seit 2012 gibt es zwar keine Attacken und keine
direkte Konfrontation mehr“, sagt sie. Doch gelöst sei der Konflikt nicht:
„Die Minen sind noch da, die Anhänger der MFDC weiterhin mit ihren Waffen
in den Wäldern. Wirklich Frieden haben wir noch nicht.“
30 Aug 2017
## LINKS
[1] /Gambias-neuer-Praesident/!5373176
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Senegal
Gambia
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Transparenzgesetz
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Senegal
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