# taz.de -- Kammerrebellen am Zug: Handelskammer auf Diätkur | |
> Das neue Präsidium macht ernst und will die Handelskammer schlanker | |
> machen. Jetzt fängt es an, „Ballast“ abzuwerfen. | |
Bild: Nicht nur alte Schinken, die sich die Handelskammer im Zuge ihrer Reformb… | |
HAMBURG taz | Das neue Präsidium der Handelskammer macht ernst. Bei der | |
Plenumssitzung am morgigen Freitag will es zwar die Zwangsbeiträge nicht | |
abschaffen, dafür will es aber die Beitragsordnung im Sinne der kleinen | |
Mitglieder umkrempeln. Bereits beschlossen ist der Ausstieg aus der | |
kammereigenen Hochschule Hamburg School of Business Administration (HSBA). | |
Dem Zusammenschluss der norddeutschen Industrie- und Handelskammern IHK | |
Nord haben die Hamburger den Austritt angedroht und der Versammlung eines | |
Ehrbaren Kaufmanns die Unterstützung gekündigt. | |
In der Handelskammer, dem Selbstverwaltungsorgan der gewerblichen | |
Wirtschaft, hatte Anfang des Jahres mit „Die Kammer sind wir!“ eine Gruppe | |
von Reformern die Macht übernommen. Eines ihrer Versprechen, die | |
Abschaffung der Zwangsbeiträge, wird sie nicht umsetzen können. Das | |
Bundesverfassungsgericht hält dies für rechtswidrig. Das neue Präsidium | |
unter Vorsitz des Unternehmensberaters Tobias Bergmann will jetzt die | |
Beiträge „gerechter“ regeln. | |
So soll der Grundbetrag für Kleingewerbetreibende am unteren Ende von 40 | |
auf zehn Euro sinken. Dazu kommt eine gewinnabhängige Umlage. Dagegen | |
sollen „Unternehmen, die mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz erzielen | |
und zum Beispiel durch Steuergestaltung keinen Gewinn ausweisen“ einen | |
Grundbetrag von 9.500 statt bisher 575 Euro entrichten. | |
Bei der 2004 von der Handelskammer gegründeten HSBA will sich die Kammer | |
bis 2022 aus dem Risiko zurückziehen. Im Zuge dessen steht auch ein Verkauf | |
oder eine Verselbstständigung der Commerzbibliothek zur Debatte, diese ist | |
mit einem Alter von mehr als 275 Jahren die älteste Wirtschaftsbibliothek | |
der Welt. | |
Kritik erntete die Ankündigung, die IHK Nord zu verlassen. Haspa-Chef | |
Harald Vogelsang, der der kleinen Minderheit im Plenum angehört, sprach im | |
Hamburger Abendblatt von einer „kaum wiedergutzumachenden Katastrophe“. | |
Kammerpräses Bergmann begründete den Austritt damit, dass eine kostspielige | |
Doppelmitgliedschaft im Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) | |
und der IHK Nord sich nicht lohne. | |
„Ich finde diesen Schritt außerordentlich bedauerlich“, sagt Jörg Orleman… | |
Hauptgeschäftsführer der IHK Kiel. Der DIHK sei nicht geeignet die für | |
Norddeutschland wichtigen Anliegen auf Bundes- und Europaebene zu | |
vertreten. Die IHK Nord habe eben erst eine Reform hinter sich und sei | |
weiter reformbereit. Veränderungen „nur, dass jemand Punkte sammelt“, käm… | |
aber nicht in Frage. | |
Die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK) soll künftig kein oder | |
wesentlich weniger Personal und Räume von der Handelskammer zur Verfügung | |
gestellt bekommen. Der VEEK änderte daraufhin seine Satzung so, dass er | |
sich weniger mit der Kammer abstimmen muss. Das 500-jährige Jubiläum habe | |
der VEEK einen Schub gegeben, sagt deren Sprecherin Antonia Schmidt-Busse. | |
Bei der Loslösung von der Kammer gehe es „um eine größere Freiheit aber | |
nicht darum, dass wir nichts mit der Handelskammer zu tun haben wollen“. | |
6 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Wirtschaft | |
Handelskammer Hamburg | |
Handelskammer | |
Handelskammer Hamburg | |
Handelskammer Hamburg | |
Kammer-Opposition | |
Transparenzgesetz | |
Handelskammer Hamburg | |
Handelskammer Hamburg | |
Handelskammer Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tobias Bergmann meldet sich zu Wort: OB-Kandidat rügt Provinz-Bashing | |
Rebellen-Ex-Präses der Handelskammer Hamburg und OB-Kandidat lädt die taz | |
nord-Glosse „südwester“ in seine neue Heimat Neumünster ein. | |
Kommentar Hamburger Handelskammer: Hanseatentum am Ende | |
Die Kammer hat jetzt die Chance, sich neu zu erfinden: Es gibt keinen Weg | |
zurück in das protzige Kleinfürstentum und kein Weiterträumen von | |
populistischen Luftschlössern. | |
Handelskammer-Chef tritt zurück: Die Rebellion frisst ihre Kinder | |
Als Anführer der „Kammerrebellen“ wollte der Präses der Hamburger | |
Handelskammer jahrhundertealte Traditionen abschaffen. Jetzt scheitert er | |
an mangelndem Rückhalt. | |
Frauen können lenken: Nachfolge: Christi | |
Die künftige Hauptgeschäftsführerin der Hamburger Handelskammer heißt | |
Christi Degen, kommt aus Bayreuth und ist die erste Frau auf diesem Posten | |
Undurchsichtige Transparenzregeln: Transparenzgesetz ist mangelhaft | |
Hamburgs Handelskammer muss nicht von sich aus ihre Daten veröffentlichen, | |
hat das Verwaltungsgericht geurteilt und so eine Schwäche des geltenden | |
Rechts offengelegt | |
Forderungen an die Bundesregierung: Handelskammer gibt sich grün | |
Der neue Präses Tobias Bergmann legt die Forderungen an die künftige | |
Bundesregierung vor und besetzt anders als sein Vorgänger auch ökologische | |
Themen. | |
Handeskammer: Pflichtbeiträge bleiben: Das Scheitern des Rebellenpräses | |
Der Handelskammer-Chef kann sein Versprechen nicht halten, Pflichtbeiträge | |
abzuschaffen. Verfassungsgericht macht Strich durch die Rechnung. | |
Machtkampf in der Handelskammer: Kaufleute lassen Köpfe rollen | |
Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz verliert den Machtkampf | |
mit dem neuen Präses. Mit seinem Rücktritt kommt er seinem Rauswurf zuvor |