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# taz.de -- Machtkampf in der Handelskammer: Kaufleute lassen Köpfe rollen
> Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz verliert den Machtkampf
> mit dem neuen Präses. Mit seinem Rücktritt kommt er seinem Rauswurf zuvor
Bild: Seiner Abberufung zuvorgekommen: bisheriger Handelskammer-Chef Schmidt-Tr…
Seinen letzten Auftritt ließ Hans-Jörg Schmidt-Trenz sich nicht nehmen. Vor
dem Plenum der Hamburger Handelskammer erklärte deren Hauptgeschäftsführer
am Donnerstagnachmittag seinen Rücktritt. „Nach 21 Jahren, in denen ich
mein Amt mit Leidenschaft und aller Kraft ausgeübt habe, lege ich es
nieder“, so Schmidt-Trenz. Einminütiger Beifall lohnte ihm seinen Schritt,
mit dem er seinem Rauswurf zuvorkam; der vorgesehene Antrag auf Abberufung
entfiel somit.
Vom neuen Präses Tobias Bergmann erhielt Schmidt-Trenz kein Wort des
Bedauerns. „Wir danken Ihnen für Ihre Arbeit“, presste er sich ab, die
Demission sei „der richtige Schritt“. Im Februar hatte das von
Unternehmensberater Bergmann geführte Bündnis „Die Kammer sind wir“ bei d…
Wahlen zum Plenum 55 von 58 Sitzen errungen, im April wurde Bergmann
erwartungsgemäß zum Präses der Kammer gewählt und hatte „tiefgreifende
Änderungen“ angekündigt.
So sollte das Gehalt des Kammergeschäftsführers auf das Niveau eines
Senatorengehalts abgesenkt, also bei 150.000 Euro gedeckelt werden. „Der
Hauptgeschäftsführer leitet eine Körperschaft öffentlichen Rechts, kein
börsennotiertes Unternehmen“, hatte Bergmann seine Forderung begründet.
2015 hatte Schmidt-Trenz laut Jahresbericht der Kammer 530.000 Euro
verdient, zugleich wies der Bericht ein Jahresminus von 5,3 Millionen Euro
aus. Eine Gehaltskürzung indes lehnte Schmidt-Trenz erwartungsgemäß ab.
Deshalb war die Trennung unausweichlich.
Der 57-jährige Volkswirt war seit 1996 Hauptgeschäftsführer der Hamburger
Handelskammer, sein Vertrag läuft noch bis 2019, ihm stehen bis dahin seine
vollen Bezüge zu. Schmidt-Trenz steht für eine starke politische
Ausrichtung der Kammer, welche die Politik vor sich hertreibt. Zugleich
wird ihm ein ausgeprägter Hang zum Repräsentativen und Pompösen nachgesagt.
Die jährliche „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“ an Silvester wurde in
seiner Ägide zu einer Inszenierung von Macht und Glamour der Kaufmannschaft
gegenüber Politik und Gesellschaft.
Ende April hatte das Kammerpräsidium unter Leitung Bergmanns einen Antrag
auf Abberufung von Schmidt-Trenz beschlossen. Das Vertrauensverhältnis
zwischen Präsidium und Plenum einerseits und Hauptgeschäftsführer
„andererseits ist „zerstört“, heißt es in dem Antrag. Dem 45-jährigen
Bergmann geht es um „modernes Management“, sagt er.
Er habe die Handelskammer in seinen ersten drei Jahren als Mitglied des
Plenums „als stark hierarchische Organisation kennengelernt mit teilweise
monarchischen Strukturen – alles ist bezogen auf die Spitze aus
Hauptgeschäftsführer und Präses“, so Bergmann. „Für eine Organisation im
21. Jahrhundert offenbart das ein völlig falsches Führungsverständnis.“
Allein schon deshalb passe Schmidt-Trenz nicht mehr in das
Anforderungsprofil einer zukunftsfähigen Führungskraft.
Für die Position werde eine Findungskommission eingesetzt, „die innerhalb
und außerhalb der Hamburger Handelskammer“ nach einer geeignetem Person
suchen solle, kündigte Bergmann an. Die Neubesetzung des Postens sei für
Oktober angepeilt. Am heutigen Freitag will Bergmann auf einer
Mitarbeiterversammlung mit den mehr als 200 Beschäftigten der Handelskammer
über ihre Zukunft sprechen.
Weil die Mehrheit im Plenum die Zwangsmitgliedschaften von Unternehmen in
der Kammer und die Pflichtbeiträge abschaffen will, werden drastische
finanzielle Einschnitte im Haushalt der Kammer befürchtet. Betriebsbedingte
Kündigungen werde es aber nicht geben, versicherte Bergmann.
4 May 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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Handelskammer Hamburg
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Wirtschaft
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