# taz.de -- Wahl der Hamburger Handelskammer: Schluss mit Wirtschafts-Politik | |
> Die „Kammer-Rebellen“ haben bei der Wahl der Handelskammer den | |
> Durchmarsch geschafft. Jetzt stehen die Zwangsbeiträge zur Disposition. | |
Bild: Ist vom Ergebnis enttäuscht: Präses Fritz Horst Melsheimer. | |
HAMBURG taz | Bei der Hamburger Handelskammer-Wahl hat das Bündnis | |
„Zwangsbeiträge abschaffen – Die Kammer sind wir!“ einen Erdrutschsieg | |
errungen. Die „Kammer-Rebellen“ holten 55 von 58 Sitzen im Plenum der | |
Unternehmervertretung. Die Kammer-Rebellen können im Mai einen neuen Präses | |
aus den eigenen Reihen bestimmen. Am Sonntag haben sie ihren Vormann | |
Andreas Bergmann nominiert. | |
Unter dem Namen „Die Kammer sind wir!“ war das Bündnis 2014 erstmals mit | |
zwölf Sitzen in das Kammerparlament eingezogen. Seither haben die Kritiker | |
in den eigenen Reihen der Kammer-Führung das Leben schwer gemacht: Sie | |
zogen gegen die immer wieder starke politische Positionierung der | |
Wirtschaftsvertretung zu Felde, die in Hamburg nicht zufällig Wand an Wand | |
mit dem Rathaus residiert – mit einer Tür, durch die, so böse Zungen, der | |
Senat die Orders empfängt. Die Kammer hatte etwa Kampagne gegen den | |
Rückkauf der Ernergienetze durch die Stadt gemacht – mitten im laufenden | |
Volksentscheid. Das hat ihr im Nachhinein sogar das Verwaltungsgericht | |
verboten. | |
Auch gegen Hamburgs Transparenzgesetz hatte sich die Kammer gewehrt und | |
nach seiner Verabschiedung Ausnahmen für ihre eigenen Aktivitäten geltend | |
gemacht. | |
Im Plenum sorgten die Kammer-Rebellen für Transparenz: Sie setzten durch, | |
dass das Gehalt des Handelskammer-Hauptgeschäftsführers Hans-Jörg | |
Schmidt-Trenz offengelegt wurde, immerhin fast eine halbe Million Euro im | |
Jahr. Diese Zahl, obwohl von einer Unternehmensberatung als vergleichsweise | |
niedrig testiert, dürfte dem zentralen Anliegen des Bündnisses in diesem | |
Wahlkampf Schub verliehen haben, das sogar in den Namen der Gruppierung | |
Eingang fand: die Zwangsbeiträge für Unternehmen abzuschaffen. | |
Zwei Tage nach der Wahl kündigten die Rebellen ihr 100-Tage-Programm an: | |
die Plenarsitzungen sollen ab sofort öffentlich sein, die Protokolle im | |
Netz veröffentlicht werden. Die viel kritisierten „Luxusrenten“ für | |
Kammer-Mitarbeiter werden unabhängig untersucht und gegebenenfalls | |
Schadenersatz angestrebt. Das Gehalt des Hauptgeschäftsführers wird auf das | |
Niveau des Wirtschaftssenators abgesenkt und die Zwangsbeiträge bis 2020 | |
abgeschafft. | |
Der amtierende Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer zog in einer | |
ersten Stellungnahme einmal mehr in Zweifel, ob das überhaupt möglich ist: | |
„Die Behauptung, die Kammer könne die Pflichtbeiträge abschaffen, hat | |
offenbar bei einer Mehrheit derer, die ihre Stimme abgegeben haben, | |
verfangen.“ Dabei lege der Gesetzgeber die Aufgaben der Kammer fest. Sie | |
müsse auch künftig in der Lage sein, diese zu versehen, „ohne in | |
Abhängigkeiten von Einzelinteressen zu geraten“. Das wäre bei freiwilligen | |
Beitragszahlungen „zweifellos der Fall“. | |
Melsheimer zeigte sich „tief enttäuscht“, auch wenn er die | |
„Rekordbeteiligung“ an der Wahl lobte. 17,6 Prozent der UnternehmerInnen | |
hatten abgestimmt, fast doppelt so viele wie 2014 und weit mehr als in | |
allen großen deutschen Kammern. | |
Erfolglos war der Versuch geblieben, den drohenden Siegeszug der | |
Kammer-Rebellen kurzfristig noch mit anderen Wahlbündnissen und prominenten | |
KandidatInnen zu kontern: „#Unternehmer für Hamburg“ und „Starke Kammer. | |
Vorfahrt für Hamburg“ brachten jeweils nur einen Kandidaten durch. Und auch | |
von den bündnisfreien Kandidaten, die noch vor wenigen Jahren das gesamte | |
Plenum stellten, schaffte es nur einer. | |
19 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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