# taz.de -- Ökonomie-Experten machen Verluste: Nur bedingt wettbewerbsfähig | |
> Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut schlingert: Es kann sich am | |
> Markt nicht behaupten. Die Handelskammer will es nun alleine | |
> weiterführen. | |
Bild: Gegenstand regionaler Forschung: Hamburgs Hafenwirtschaft | |
Hamburg taz | Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Die Ökonomen vom | |
[1][Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI)] tun sich schwer, sich am | |
Markt zu behaupten. Das Institut hat Verluste gemacht, einer der beiden | |
Gesellschafter will aussteigen. Der andere, die Handelskammer, entscheidet | |
am 7. Juli, ob sie im Boot bleibt. | |
Die Handelskammer könnte nach den Vorstellungen ihrer Geschäftsführung das | |
Institut für eine Übergangszeit alleine weiterführen – solange, bis ein | |
neuer Partner gefunden ist. Im Kammer-Plenum, das darüber entscheiden muss, | |
regt sich dagegen jedoch Widerstand. | |
„Die Frage lautet nicht: Braucht Hamburg ein renommiertes | |
Wirtschaftsinstitut“, sagt Tobias Bergmann von der Kammer-Opposition. „Die | |
Frage lautet: Soll das HWWI durch Zwangsbeiträge der Hamburger | |
Unternehmerinnen und Unternehmer gerettet werden?“ Das sei schwerlich mit | |
den ordnungspolitischen Positionen des Instituts vereinbar. | |
Das HWWI leiste sich auf Kosten der Hamburger eine Außenstelle in Bremen. | |
Gerade erst habe die Kammer Gebühren im Bereich der Ausbildung erhöht. „Ist | |
das die Zeit, solche Abenteuer einzugehen?“, fragt Bergmann. | |
Das HWWI ist 2005 aus dem Hamburgischen Weltwirtschaftsarchiv (HWWA) | |
hervorgegangen, nachdem die Leibniz-Gemeinschaft dem Bund und den Ländern | |
davon abgeraten hatte, das HWWA weiter zu fördern. Es sei für die | |
Wirtschaftswissenschaft und -praxis nicht nützlich genug und es sei nicht | |
abzusehen, dass sich das ändern werde. | |
## Bibliothek abgespalten | |
Um das Institut für Hamburg zu erhalten, wurde dessen Bibliothek | |
abgespalten und der Forschungsbereich in eine gemeinnützige GmbH überführt, | |
die jeweils zur Hälfte der [2][Handelskammer Hamburg] und der | |
[3][Universität] gehört. Zusammen mit weiteren Partnern gewährleisten beide | |
die Grundfinanzierung des HWWI. Das restliche Geld müssen die Forscher mit | |
Auftragsprojekten einspielen. | |
In den Jahren 2014 und 2015 ist das nicht gelungen. Das HWWI | |
erwirtschaftete Verluste, die aus den Rücklagen ausgeglichen werden | |
mussten. Die Probleme entstanden im Zusammenhang mit dem Abgang des | |
vormaligen Direktors Thomas Straubhaar, wie Ulrich Brehmer, der | |
stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, bestätigt. | |
Danach habe es einen gewissen Leerlauf gegeben. Die neue und inzwischen | |
wieder abgeschaffte Doppelspitze habe nicht funktioniert. Anders als dem in | |
der öffentlichen Debatte sehr präsenten Straubhaar gelang es ihr offenbar | |
nicht, genügend Aufträge an Land zu ziehen. | |
Seitdem der verbliebene Geschäftsführer Henning Völpel die alleinige | |
Verantwortung habe, sei wieder eine klare Ausrichtung erkennbar, findet | |
Brehmer. Das Institut besinne sich auf seine Kernkompetenz. „Wir halten das | |
HWWI für einen wichtigen Standortfaktor, weil es keine andere | |
Forschungseinrichtung gibt, die sich bezogen auf Hamburg mit angewandter | |
Wirtschaftsforschung befasst“, sagt er. | |
## Keine Strategie | |
Der Kammerrebell Bergmann sieht das anders. „Was im Augenblick völlig | |
fehlt, ist eine wissenschaftliche Strategie für das HWWI“, kritisiert er. | |
Es sei bezeichnend, dass die Universität aussteigen wolle und die | |
Bundeswehr-Universität als möglicher neuer Partner bloß einen Professor an | |
das HWWI entsenden würde. | |
Die Universität Hamburg sah sich zu keiner Stellungnahme in der Lage. Die | |
[4][Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr] dagegen findet, das HWWI | |
könnte sein Profil schärfen. „Wir haben Interesse daran, uns als | |
wissenschaftlicher Partner einzubringen“, sagt Sprecher Dietmar Strey. | |
Die Bundeswehr-Uni habe viel Expertise in der Volkswirtschaftslehre und | |
forschungsstarke Ökonomen. „Diese Expertise wird von Hamburg nicht | |
abgerufen“, sagt Strey. Die Universität könnte sich bei einer positiven | |
Entscheidung des Kammer-Plenums vorstellen, einen Professor für das HWWI | |
abzustellen. Über einen Einstieg als Gesellschafter müssten allerdings das | |
Verteidigungs- und das Finanzministerium entscheiden. | |
20 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hwwi.org | |
[2] http://www.hk24.de | |
[3] http://www.uni-hamburg.de | |
[4] http://www.hsu-hh.de | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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