# taz.de -- Politikverbot für die Handelskammer: Des Präses unzulässige Rede | |
> Das Verwaltungsgericht erklärt Passagen aus der Silvesterrede des | |
> Hamburger Handelskammer-Chefs Fritz-Horst Melsheimer für rechtswidrig. | |
Bild: Übers Ziel hinaus geschossen: Fritz Horst Melsheimer in seiner Silvester… | |
HAMBURG taz | Wenn es bei dem Urteil bleibt, werden sich Vertreter der | |
Handelskammer in Zukunft in öffentlichen Debatten viel vorsichtiger äußern | |
müssen. Das Verwaltungsgericht hat jetzt eine Reihe von Passagen aus der | |
Silvesteransprache des Handelskammer-Präses Fritz-Horst Melsheimer für | |
rechtswidrig erklärt. Dabei ging es um Äußerungen zur Flüchtlingskrise und | |
zur Bewerbung für die Olympischen Spiele. Geklagt hatte der | |
Immobilienunternehmer Bernd C. Jakovlev mit Unterstützung des | |
Bundesverbands für freie Kammern. | |
Bei dem Streit geht es darum, inwiefern die Handelskammer, eine | |
Körperschaft öffentlichen Rechts, zu allgemeinpolitischen Themen Stellung | |
nehmen darf. Kritiker wie Jakovlev meinen nein: Denn der Kammer müssen alle | |
Unternehmen zwangsweise beitreten, soweit es sich nicht um | |
Handwerksbetriebe handelt – von der kleinen Werbefirma über die taz bis zu | |
Airbus. | |
## Nicht vertretbare Parteinahme | |
Jakovlev hält es deshalb nicht für vertretbar, mit welcher Deutlichkeit der | |
Handelskammer-Präses sich bei seiner Silvesterrede vor der Versammlung | |
eines Ehrbaren Kaufmanns etwa gegen einen Rückkauf der Energienetze durch | |
die Stadt eingesetzt hat und für die Olympiabewerbung. „Für viele | |
Unternehmer ist es mittlerweile unerträglich, in welcher Weise die Kammer | |
Stimmung macht“, sagt der Unternehmer. | |
Das Gericht gab ihm jetzt zu drei Vierteln recht: Äußerungen der | |
Handelskammer müssten einen wirtschaftlichen Bezug haben und von der | |
gebotenen Sachlichkeit sein, urteilten die Richter. Rechtswidrig sei, | |
gemünzt auf die Flüchtlingsunterbringung, die Warnung vor Political | |
Correctness und die Forderung nach Klartext; ebenso, dass von den | |
europäischen Regierungschefs beim Schutz der Außengrenzen „die gleiche | |
Geschäftigkeit wie im Dialog mit Griechenland gewünscht“ oder gegen | |
Bedrohungen militärisches Engagement Deutschlands gefordert wird. | |
Nicht zulässig sei, das „Nein“ beim Olympiareferendum als Ausdruck eines | |
„Hamburg-Syndroms“ zu kennzeichnen, mehr direkte Demokratie mit | |
Unregierbarkeit in Zusammenhang zu bringen und eine Stärkung der | |
repräsentativen gegenüber der direkten Demokratie zu verlangen. | |
## Nur die Trauer um Olympia war erlaubt | |
Erlaubt war die Einschätzung, die gescheiterte Olympiabewerbung sei ein | |
Debakel für die Wirtschaft und Hamburg dürfe nun nicht ins Koma fallen. | |
„Das ist eine Freude“, kommentierte Bernd Jakovlev das Urteil. Der | |
Handelskammer warf er vor, sich im Prozess nicht auf einen Vergleich | |
eingelassen zu haben. „Die Führung der Handelskammer setzt den | |
Konfrontationskurs mit den Mitgliedern fort“, kritisierte er. | |
Die Kammer wies darauf hin, dass es ja Jakovlev sei, der geklagt habe. Die | |
Passagen zur direkten Demokratie hätten sehr wohl Bezug zur Wirtschaft. Die | |
Kammer behalte sich vor, das Oberverwaltungsgericht anzurufen. | |
CDU und FDP betonten, es gehöre zur Rolle der Kammer, sich einzumischen. | |
Als Repräsentantin der Wirtschaft müsse sie auch als Ratgeberin und | |
Mahnerin auftreten dürfen, sagte der CDU-Abgeordnete Michael Westenberger. | |
20 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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