# taz.de -- WIRTSCHAFT: "Wir finden Gehör" | |
> Handelskammer-Präses Melsheimer findet, dass Senat ordentlich regiert. | |
> Beim Wissenschaftsressort wartet er auf Vorschläge. Windmesse soll mit | |
> Husum kooperieren | |
Bild: Windkraft, Hafen, Industrie: Die Handelskammer geht davon aus, dass sich … | |
taz: Wir haben seit anderthalb Jahren einen von der SPD gestellten Senat. | |
Wie weit erfüllt er bisher Ihre Erwartungen? | |
Fritz Horst Melsheimer: Der Senat hat die Prioritäten, die er sich gesetzt | |
hat, angepackt. Wir können unsere Anliegen aus der Wirtschaft vorbringen | |
und finden damit auch Gehör. Wenn man sich die Qualität des Senats ansieht, | |
entspricht das schon dem selbst gesetzten Anspruch, ordentlich zu regieren. | |
Gilt das auch für den Bildungsbereich? | |
Beim Wissenschaftsressort warten wir auf Vorschläge der Senatorin. | |
Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat vor der Wahl | |
versprochen, dass sie die Universität redemokratisieren wolle. Bisher ist | |
das nicht passiert. Liegt das an der Handelskammer? | |
Für uns wäre das ein Rückfall in die unerfolgreichen 70er-Jahre. | |
Bei der Exzellenzinitiative hat Hamburg trotz der Reformen der vergangenen | |
zehn Jahre nicht gut abgeschnitten. | |
Das ist leider richtig. Das Thema muss auf die Tagesordnung, aber auf eine | |
andere Art, als es vielleicht geplant ist. Wir müssen als Metropole das | |
Ziel haben, dass wir in der Wissenschaft, Lehre und Forschung exzellent | |
sind. | |
Was müsste getan werden, um das zu erreichen? | |
Die Rahmenbedingungen – Lehrstühle und finanzielle Ressourcen – müssen so | |
gestaltet werden, dass gute Wissenschaftler gerne nach Hamburg kommen. | |
Wie steht es mit dem Schulressort? Sind Sie mit dem Tempo beim Ausbau der | |
Ganztagsschulen zufrieden? | |
Das könnte einen Tick schneller gehen. Zur Lösung der gesellschaftlichen | |
Probleme und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen | |
wir unbedingt die Ganztagsschule, weil da alle ein warmes Mittagessen und | |
nachmittags Hausaufgabenbetreuung bekommen. Das ist eine | |
gesamtgesellschaftliche Herausforderung. | |
Das Herz der Wirtschaft ist für Sie immer noch der Hafen. Sie erwarten, | |
dass sich der Containerumschlag bis 2025 verdoppelt. Woher nehmen Sie | |
diesen Optimismus? | |
Der Welthandel wächst doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft. Wir dürfen | |
nicht nur auf Europa gucken. In anderen Regionen gibt es riesige | |
Potenziale. Außerdem ist der Transport mit dem Schiff am günstigsten. | |
Deshalb führt an der Schifffahrt kein Weg vorbei. | |
Wie oft soll dafür die Elbe noch vertieft werden? | |
Wenn die jetzige Fahrrinnenanpassung kommt, wie geplant, dann reicht das | |
für die nächsten 20 Jahre. Die neu entwickelten Schiffe gehen ja nicht mehr | |
in die Tiefe, sondern in die Breite. Außerdem ist mit 16.000 | |
Standardcontainern eine effiziente Größe erreicht. Voraussetzung für das | |
Wachstum ist, dass die Infrastruktur weiterentwickelt wird: die Bahn, die | |
Oberelbe ... | |
Gerade wird Schleswig-Holstein verprellt, indem versucht wird, die | |
Windenergiemesse von Husum nach Hamburg zu holen. Hätte die Handelskammer | |
die Bremse ziehen müssen? | |
Wir haben mit unseren Schwesterkammern in Schleswig-Holstein versucht, die | |
Beteiligten an einen Tisch zu bekommen, um daraus eine Win-win-Situation | |
für Husum und Hamburg zu machen. Auf der Ebene der Beteiligten hat das | |
leider nicht gefruchtet. Ich verstehe die Schleswig-Holsteiner, wo auch aus | |
politischen Gründen in Husum Hallen auf die grüne Wiese gestellt wurden, | |
die da aus wirtschaftlichen Gründen nicht hingehört hätten. | |
Husum ist immerhin eine Keimzelle der Windindustrie mit vielen | |
Produktionsanlagen. | |
Aber die Hauptquartiere liegen inzwischen alle in Hamburg – bis auf Vestas. | |
Eine arbeitsteilige Messe, bei der die Firmen sich hier präsentiert hätten | |
und die Produktionsstätten in Husum, das wäre langfristig der richtige Weg | |
gewesen. Mit mehr Goodwill wäre das locker möglich gewesen. Aber es ist | |
noch nicht aller Tage Abend. | |
Wird Hamburg zu den Gewinnern oder Verlierern der Energiewende gehören? | |
Hamburg wird zu den Gewinnern gehören, insbesondere beim Thema „Wind“. Die | |
ganzen großen Unternehmen im Bereich der alternativen Energien suchen den | |
Standort Hamburg für ihre Hauptquartiere. Es entstehen hier in erheblichem | |
Umfang Forschungsressourcen. | |
Die Handelskammer möchte die Olympischen Spiele immer noch nach Hamburg | |
holen. Auf welchen Flächen sollten die stattfinden, und wie stehen die | |
Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung? | |
Wir haben eine große Lernkurve durchlaufen mit dem Projekt „Feuer und | |
Flamme“, unserer ersten Bewerbung. Zum Beispiel haben wir festgestellt, | |
dass Hamburg gar nicht so eine große Sportstadt war. Wir haben inzwischen | |
eine ganze Reihe von Projekten angepackt zum Thema „Breiten- und | |
Spitzensport“. Die kürzlich beschlossene Dekadenstrategie des Senats ist | |
dabei nur ein Baustein. Ein einzigartiges Ereignis wie die Olympischen | |
Spiele bringt einen ungeheuren Schwung. Es kommt zu Investitionen, die | |
sonst niemals getätigt würden. Allein schon die damalige Bewerbung hat dazu | |
geführt, dass Hamburg anders wahrgenommen wird. | |
Wo sollen die Flächen für solche Spiele liegen, gerade wenn sie am Wasser | |
stattfinden sollen? | |
Das heute zu sagen, dafür ist das viel zu lange hin. Wir können die Spiele | |
frühestens 2028 an die Elbe holen. Der Zuschlag wird allerdings bereits | |
acht Jahre vorher erteilt. | |
25 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
Marco Carini | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Politikverbot für die Handelskammer: Des Präses unzulässige Rede | |
Das Verwaltungsgericht erklärt Passagen aus der Silvesterrede des Hamburger | |
Handelskammer-Chefs Fritz-Horst Melsheimer für rechtswidrig. | |
Länder-Konkurrenz: Tausche Schlick gegen Messe | |
Weil Hamburg Kiel die Windmesse klaute, können Containerriesen nur | |
eingeschränkt den Hafen anlaufen. |