# taz.de -- Länder-Konkurrenz: Tausche Schlick gegen Messe | |
> Weil Hamburg Kiel die Windmesse klaute, können Containerriesen nur | |
> eingeschränkt den Hafen anlaufen. | |
Bild: Ständig was zu tun: Baggerschiff auf der Elbe. | |
HAMBURG taz | Offiziell ist alles in bester Ordnung: „Die Zusammenarbeit | |
beider Länder ist verlässlich und konstruktiv“, beurteilte der Hamburger | |
Senat vor wenigen Tagen in einer Drucksache die Kooperation zwischen der | |
Hansestadt und Schleswig-Holstein. Doch hinter den Kulissen herrscht | |
derzeit heftiges Fingerhakeln zwischen den Nachbarn. Das Credo aus Kieler | |
Perspektive: „Klaust du mir meine Messe, lass ich dich auf deinem | |
Giftschlick sitzen.“ | |
Nachdem Hamburg die Windmesse aus Husum abwarb und die Einigungsgespräche | |
über eine gemeinsame Messe mit zwei Standorten vorläufig platzen ließ, | |
legte das Kieler Kabinett vor einem Monat den Antrag Hamburgs auf Eis, | |
giftigen Hafenschlick weiterhin vor der Küste Schleswig-Holsteins in die | |
Nordsee zu schütten (taz berichtete). | |
Dabei hatte sich Kiels Umweltsenator Robert Habeck (Grüne) mit Hamburgs | |
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) geeinigt, dass Hamburg erneut | |
600.000 Kubikmeter leicht mit Schwermetallen belasteten Hafenschlick vor | |
Helgoland verklappen darf und dafür eine Million Euro in die | |
Naturschutzstiftung Wattenmeer einzahlt. | |
In letzter Minute wurde die Kabinettsvorlage vom Tisch genommen – die | |
Kieler Landesregierung wollte ihr Faustpfand im schwelenden Messestreit | |
nicht preisgeben. Daraus, dass „beide Themen miteinander verknüpft sind“, | |
macht auch der Kieler Regierungssprecher Carsten Maltzan kein Geheimnis. | |
Die Folge für Hamburg: Der sich ablagernde Schlick verstopft erste | |
Hafenbereiche. Auf dem Köhlbrand, dem Teil der Süderelbe, der zum Terminal | |
Altenwerder führt, wurde bereits im August der Maximaltiefgang für das | |
tideunabhängige Befahren von 12,80 auf 12,40 Meter reduziert. Das | |
Zeitfenster, indem Containerriesen dieses Nadelöhr passieren können, ist | |
damit schmaler geworden. Die Hafenverwaltung spricht bereits knapp von | |
„zeitlichen Beschränkungen“ für anlaufende Pötte. | |
Besonders die Hamburger Grünen greifen den Senat wegen der Hängepartie an. | |
Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Anjes Tjarks weist darauf hin, dass | |
„die Kieler Landesregierung angekündigt hat, dass die Lösung des Hamburger | |
Schlickproblems an eine Lösung des Messekonflikts gekoppelt ist“ und | |
fordert deshalb: „Bürgermeister Scholz muss das Thema zur Chefsache machen | |
und auf Schleswig-Holstein zugehen.“ Die Metropole sei auf eine gute | |
Nachbarschaft dringend angewiesen. | |
„Wir brauchen langfristig eine Einigung mit Schleswig-Holstein“, sagt auch | |
die Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Susanne Meinecke. Dazu | |
liefen vertrauliche Gespräche auf Ministerebene. Allerdings: Einen | |
Tauschhandel nach dem Motto „Ihr behaltet die Windmesse und bekommt dafür | |
unseren Hafenschlick“ schließe die Hamburger Senatskanzlei aus. Schließlich | |
könne auch Schleswig-Holstein kein Interesse daran haben, den Hamburger | |
Hafen stillzulegen. | |
23 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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