# taz.de -- Windmesse: Der Boden bebt | |
> Wenn sich die Windenergiebranche zur Messe in Husum trifft, werden Zelte | |
> zu Messehallen und Schiffe zu Hotels. Kleine Firmen finden das gut. Große | |
> sagen, die Branche sollte sich lieber in Hamburg treffen. | |
Bild: Klein, aber urig - oder doch zu mickrig? Das Messegelände der Husum Wind. | |
Das Kraftzentrum der Messe Husum „Windenergy“ liegt rund drei Kilometer vom | |
Messegelände entfernt in der Neustadt des nordfriesischen Ortes. Dort | |
befindet sich das Husumer Brauhaus und um das Brauhaus herum gibt es | |
weitere Kneipen. In denen treffen sich die Besucher und Aussteller nach | |
Messeschluss. Am Eröffnungsabend sind alle Tische besetzt, auch in den | |
Gängen herrscht dichtes Gedränge von Anzugträgern, die Kellnerinnen müssen | |
sich ihren Weg freibrüllen. Das Netzwerken ist quasi unvermeidbar. Wer am | |
Tresen ein Bier bestellt, wird immer Zeuge eines Fachgesprächs – und kann | |
sich einschalten. | |
Diese Nähe ist etwas, das die Marketing-Leute der Husumer Messegesellschaft | |
gerne betonen. Das Branchentreffen gibt es seit einer Zeit, in der | |
Windenergie noch nicht das große Geschäft war: Seit 1989 trifft sich die | |
Branche in Husum, inzwischen im Zweijahresrhythmus. | |
Messe und Branche sind groß geworden: Seit Dienstag läuft die Windenergy | |
2012, 1.200 Aussteller aus der Branche wollen Geschäfte anbahnen, die | |
Veranstalter erwarten rund 36.000 Fachbesucher an fünf Tagen. | |
## Hamburger Konkurrenz | |
Auch die Messe selbst ist ein Geschäft geworden, nachdem die Hamburger | |
Messegesellschaft ihre Fühler ausgestreckt hat. Sie, früher Partner der | |
Husumer, will das Geschäft gerne übernehmen und plant 2014 eine | |
Konkurrenz-Messe in Hamburg. Ein Vermittlungsverfahren zwischen den beiden | |
Messegesellschaften ist gescheitert (siehe unten). | |
An der Bar steht Thomas Heidenreich, Projektmanager bei Energy Consulting, | |
einer Energie-Beratungsfirma aus Süddeutschland. Er spricht Menschen an, | |
die sich an ihm vorbeidrängeln. Er suche Interessenten für ein Projekt, | |
sein Unternehmen entwickelt Konzepte für den Windstrom-Direktverkauf. | |
Sein Chef Christian Meyer sagt: „Die Atmosphäre hier ist gut, das | |
Networking geht sehr einfach.“ Er befürchtet, dass man sich in Hamburg aus | |
den Augen verlieren würde. „Für die großen Hersteller, die für den Export | |
produzieren, wäre eine Messe in der Großstadt sicher besser“, sagt Meyer. | |
Das internationale Publikum habe es dort sicher einfacher. Aber die | |
kleineren Unternehmen bräuchten die Nähe. „Ich glaube nicht, dass zum | |
Beispiel Windparkbetreiber nach Hamburg kommen würden.“ | |
In Husum selbst gibt es nur eine feste Messehalle und ein Kongresszentrum – | |
viel zu wenig für die Windenergy. Deshalb gibt es zusätzlich ein kleines | |
Zeltlager am Rande der Stadt – sieben Hallen sind Zelte. | |
## Überfordertes Handynetz | |
In den Hallen haben die Hersteller von Windanlagen, Zulieferer und | |
Dienstleister ihre Stände. Der Boden bebt leicht bei jedem Schritt. Die | |
Straßen zur Messe sind normale Kleinstadt-Ausfallstraßen. Während des | |
Aufbaus und am Eröffnungstag gab es Stau. Die Parkplätze für mehrere | |
tausend Autos liegen rund vier Kilometer entfernt. Auch das Handynetz hält | |
dem Ansturm nicht immer stand. Und die Stadt füllt sich. | |
„In Husum ist alles nicht ganz normal“, sagt ein Mitarbeiter einer anderen | |
Beratungsgesellschaft, er steht rauchend vor dem Brauhaus, ein Bier in der | |
Hand. Sein Chef spricht mit einem französisch-libanesischen | |
Projektentwickler Er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung sehen. Man | |
merke, dass die Messe auf einem Acker gebaut sei und Hotelplätze fehlten. | |
„Wir schlafen in einem Ferienhaus.“ | |
Im Hafen von Husum liegen vier Großsegler, sie dienen als Hotelschiffe für | |
die Messegäste. Das sei alles improvisiert, sagt der Berater, eine richtige | |
Infrastruktur fehle. Er ist als Mitarbeiter gerne hier: „Die Standpartys | |
sind legendär.“ Nach Messeschluss laden die großen Unternehmen großzügig | |
ein. | |
Aber an die Zukunft des Standorts glaubt auch er nicht. „Für die Großen ist | |
Hamburg besser.“ Die bräuchten die Nähe zum Flughafen und mehr Hotels. Und | |
die Kleinen müssten den Großen folgen. Sein Unternehmen setze auf Hamburg. | |
## Flughafen benötigt | |
Für Peter Becker, Geschäftsführer der Messe Husum, sind solche Kritiken | |
„kleinkarierte Mäkeleien“, die nur durch den Streit mit Hamburg groß | |
geworden seien. „Ja, Großstädte haben Infrastruktur, aber es geht nicht | |
schneller“, sagt Becker. Im Umkreis von 35 bis 45 Minuten mit dem Auto gebe | |
es 35.000 Hotelbetten. | |
Becker argumentiert mit der Lage von Husum: Der Ort sei umgeben von | |
Windkraftanlagen. „Am Ende müssen Sie sich fragen: ’Bin ich bereit, durch | |
einen Windpark anzureisen oder will ich im Stau stehen?‘“ | |
19 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Kummetz | |
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