# taz.de -- Nach der Bundestagswahl: Auf der Suche nach der neuen SPD | |
> Nach der historischen Wahlniederlage will Martin Schulz Parteichef | |
> bleiben. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles soll Fraktionsvorsitzende | |
> werden. | |
Bild: Neue Fraktionsvorsitzende? Martin Schulz will Andrea Nahles vorschlagen | |
BERLIN taz | Am Tag danach sind Durchhalteparolen angesagt. „Die SPD wird | |
gebraucht, und wir werden den Kopf nicht hängen lassen“, sagt Martin Schulz | |
im Berliner Willy-Brandt-Haus. „Wir sind das Bollwerk der Demokratie in | |
diesem Land.“ Seine Partei werde „zukunftsorientiert“ und „in großer | |
Geschlossenheit“ ihre schwere Niederlage aufarbeiten, verspricht der | |
SPD-Vorsitzende. „Wir werden nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen.“ | |
Doch was bedeutet das? Die Neuausrichtung der Partei werde „das Projekt der | |
nächsten Wochen“ sein, kündigt Schulz an. Wie die konkret aussehen soll, | |
bleibt derzeit allerdings noch nebulös. Fest steht nur, dass die SPD eine | |
Fortsetzung der Großen Koalition ausschließt. Das hatte Schulz bereits am | |
Wahlabend verkündet. | |
Am Montag legt er nach: „Ich bin der Vorsitzende einer Partei, die in | |
Opposition zu Angela Merkel steht.“ Daran werde sich auch nichts ändern, | |
sollte es wider Erwarten doch nicht mit der Jamaika-Koalition von Union, | |
FDP und Grünen klappen. Für die Kanzlerin hat er nur noch abschätzige Worte | |
parat. Wenn Schulz über Merkel spricht, klingt er wie ein tief enttäuschter | |
Liebhaber – oder ein schlechter Verlierer. | |
Schulz wirkt äußerst angespannt. Kein Wunder, geht es doch für ihn um sein | |
politisches Überleben. Noch im Frühjahr von seiner Partei als neuer Messias | |
gefeiert, hat er ihr nun das mit Abstand schlechteste Ergebnis in der | |
bundesdeutschen Geschichte beschert. Nur knapp hat es die SPD noch über die | |
Zwanzigprozentmarke geschafft. Da wäre ein Rücktritt des Parteichefs noch | |
am Wahlabend eigentlich naheliegend gewesen. | |
„Das ist auch meine Niederlage, für die ich geradezustehen habe“, räumt | |
Schulz zwar ein. Persönliche Konsequenzen will er jedoch keine ziehen. | |
Vielmehr zeigt sich der 61-jährige Würselener fest entschlossen, auf dem | |
Parteitag im Dezember erneut als Vorsitzender anzutreten – selbst wenn | |
zuvor auch noch die Landtagswahl Mitte Oktober in Niedersachsen schiefgehen | |
sollte. | |
## Andrea Nahles als Fraktionsvorsitzende | |
Immerhin eine personelle Veränderung soll es geben: Am Mittwoch will Schulz | |
der SPD-Bundestagsfraktion die bisherige Bundesarbeitsministerin Andrea | |
Nahles als Nachfolgerin von Thomas Oppermann vorschlagen. Als „Frau der | |
mittleren Generation“ sei die 47-Jährige „sehr gut geeignet, die Fraktion | |
zu führen“. | |
Ob seine Entscheidung für Andrea Nahles aus der Not geboren oder ein kluger | |
Schachzug ist, lässt sich schwer entscheiden. Wahrscheinlich ist es beides. | |
Denn die frühere SPD-Generalsekretärin ist in der Partei bestens vernetzt. | |
Einst auf dem linken Flügel gestartet, ist Nahles längst im Zentrum der | |
Partei angekommen und verfügt über die Machtbasis, die Schulz nicht | |
besitzt. Sie als Verbündete zu haben, könnte seine Lebensversicherung sein. | |
Doch nicht alle sind angetan, dass Schulz gleich sagt, wer Fraktionschefin | |
wird. Dass Johannes Kahrs, Chef der rechten Seeheimer, „die vorschnelle | |
Festlegung“ kritisiert, war zu erwarten. Immerhin wäre mit Nahles mal | |
wieder eine Spitzenposition nicht mit einem SPD-Rechten besetzt. | |
Interessant ist jedoch, dass auch Achim Post, Chef der einflussreichen | |
NRW-Abgeordneten, nicht angetan ist und kritisiert, dass die Führung | |
entschieden ist, bevor die neue von 193 auf 153 Mandate verkleinerte | |
Fraktion zum ersten Mal zusammengetreten ist. Pikant ist, dass Post seit | |
mehr als 20 Jahren ein enger Vertrauter von Schulz ist. | |
Auch Marco Bülow, der in Dortmund souverän ein Direktmandat gewann, warnt | |
vor Entscheidungen im Hinterzimmer. „Es darf nicht sein, dass Fraktions- | |
und Parteispitze wieder vorgegeben werden“, forderte er. „Die SPD muss | |
wieder demokratischer, lebendiger und moderner werden.“ | |
[1][Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2017 in unserem Schwerpunkt] | |
26 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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