Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- SPD-Ergebnis bei der Bundestagswahl: Heute endet die Große Koaliti…
> Die SPD erleidet bei der Wahl eine historische Niederlage – und kündigt
> den Gang in die Opposition an. Martin Schulz hat daran nur ein bisschen
> Schuld.
Bild: Endstation, bitte alle aus dem Schulz-Zug aussteigen
BERLIN taz | Auch ein Unglück, das man kommen sah, bleibt ein Unglück. Die
Stimmung im Willy-Brandt-Haus ist um 18 Uhr nicht mies – als die Zahlen
über die Bildschirme flackern, herrscht Entsetzen. [1][Knapp über 20
Prozent].
Das Wording ist klar. Keine Schnörkel; kein „Ja, aber“. Keine gewundenen
Ausreden. „Eine schlimme Niederlage“, erklärt Manuela Schwesig um kurz nach
18 Uhr. Und macht eine klare Ansage: Die SPD geht in die Opposition.
Das ist logisch. Denn die SPD hatte die letzte Regierung politisch geprägt,
vom Mindestlohn bis zur Ehe für alle. Aber dieser Erfolg nutzt ihr nichts.
Und die Vorstellung, zum ersten Mal eine Große Koalition fortzusetzen mit
ausgerechnet der AfD als Oppositionsführer, erscheint der SPD-Spitze als
reiner Horror.
Zudem: In Niedersachsen muss Stephan Weil am 15. Oktober versuchen, das
nächste Debakel zu verhindern. In diesem Moment an Hannover zu denken
klingt kleinteilig. Ist es aber nicht. Die SPD schwächelt nicht nur im
Bund. Wenn Niedersachsen verloren geht, bleiben nur noch die Stadtstaaten
Berlin, Hamburg, Bremen und die drei strukturschwachen Länder Mecklenburg,
Brandenburg, Rheinland-Pfalz.
## Ein Ergebnis schlechter als 2009
„Wir werden machtpolitisch komplett marginalisiert“, fürchtet ein
SPD-Stratege. Und SPD-Mann Karl Lauterbach versichert, dass die Ansage, man
gehe in die Opposition, auch nach der Wahl in Hannover gelte. „Alles andere
wäre Wählerbetrug, der uns vollends unglaubwürdig machen würde.“
Ein Ergebnis schlechter als 2009, 23 Prozent, war eingepreist. Aber nicht,
dass man nur einige Prozentpunkte vor der AfD liegt. Es ist eine fatale
Angleichung an einen Trend in Europa: Auch in den Niederlanden, Schweden,
in Dänemark, Österreich und Frankreich war der Niedergang der
Sozialdemokraten die andere Seite des Aufstiegs der Rechtspopulisten.
Sicher ist: Ein Mitte-links-Bündnis, das in den letzten zwanzig Jahren fast
immer eine Mehrheit im Bundestag hatte, ist passé. Der [2][Triumph der AfD]
schränkt die Möglichkeiten nach links dramatisch ein. Das, so ein
SPD-Stratege, sei eine tektonische Verschiebung, die die Partei noch bitter
zu spüren bekommen werde. Marco Bülow, SPD-Linker aus Dortmund, sagt: „Wir
haben die Chance Rot-Rot-Grün verpasst. Das sieht man jetzt, da es diese
Mehrheit nicht mehr gibt, umso klarer.“
Woran lag es? Der Kampf um die Deutung ist am Sonntag längst im Gange. „Wir
sind jetzt das dritte Mal mit einem rechten Sozialdemokraten gescheitert,
Zeit, das zu ändern“, sagt ein SPD-Linker. Auf der Gegenseite sieht man das
anders: Die Partei sei das dritte Mal mit einem rechten Sozialdemokraten
angetreten, der einen linken Gerechtigkeitswahlkampf gemacht hat, das
wirkte nicht echt.
## Auf direktem Weg in die Opposition
Martin Schulz hat tapfer durchgehalten und den Satz „Wenn ich Bundeskanzler
werde“ bis zum Ende aufgesagt. Eigentlich, so sehen es viele in der Partei,
trifft ihn ja keine Schuld oder nur ein bisschen. Aber hatte er eine
Strategie? Der Schwenk nach den Saarland-Wahlen, als die SPD jede Aussicht
auf Rot-Rot-Grün zerstörte und hektisch Richtung FDP blinkte, wirkte
chaotisch. Beim Duell mit der Kanzlerin setzte Schulz auf markige Sprüche
Richtung Türkei und das falsche Thema. Erst Agenda-2010-Kritik, dann der
Auftritt von Gerhard Schröder – war das klug? Oder Europa komplett
unterzubelichten?
Um halb sieben lächelt Martin Schulz, umrahmt von der SPD-Spitze, tapfer
ins Auditorium des Willy-Brandt-Hauses. Man applaudiert sich, es klingt
trotzig. „Wir haben es nicht geschafft, unsere Wählerbasis zu erhalten und
auszubauen“, sagt er. Und dass auch Traditionswähler der SPD nach recht
abgewandert sind. Der Weg von der Trauer zur Kampfpose ist an diesem Abend
erstaunlich kurz: „Wir sind das Bollwerk für die Demokratie, gegen die
AfD“, so Schulz, und er verspricht, die Partei grundsätzlich neu aufstellen
– mit ihm als Parteichef. Fraktionschef indes will er nicht werden. Damit
steigen die Chancen für Noch-Arbeitsministerin Andrea Nahles, denn die
Partei muss weiblicher werden.
Als Schulz ins Auditorium ruft: „Heute endet die Große Koalition“, wird der
Beifall tosend, fast so, als hätte die SPD gerade einen famosen Sieg
errungen. Eine Frage stellt die SPD an diesem Abend nicht: ob dieses
Ergebnis noch Unfall oder schon die Regel ist.
24 Sep 2017
## LINKS
[1] /Hochrechnung-Bundestagswahl-2017/!5449924
[2] /Kommentar-Bundestagswahl-2017/!5449951
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
SPD
Martin Schulz
Martin Schulz
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt AfD
SPD Berlin
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Bundestagswahl2017
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Spiegel“-Text über den SPD-Kandidaten: Nannenpreis für Martin Schulz
Die „Spiegel“-Geschichte über den gescheiterten Martin Schulz zeigt: Er hat
am besten von allen verstanden, was Journalismus kann und wozu er gut ist.
Politologe über die Zukunft der SPD: „Opposition allein reicht nicht“
Um aus der Krise zu kommen, muss die SPD für sich klären, was noch
sozialdemokratisch ist, sagt der Politologe Matthias Micus.
Porträt Andrea Nahles: Die Anti-Merkel
Andrea Nahles wird Chefin der SPD-Bundestagsfraktion. Fraglich ist, ob sie
in der Opposition das Verhältnis zur Linkspartei entkrampfen kann.
Nach der Bundestagswahl: Auf der Suche nach der neuen SPD
Nach der historischen Wahlniederlage will Martin Schulz Parteichef bleiben.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles soll Fraktionsvorsitzende werden.
Wahlabend im Fernsehen: Eröffnung des Schlussaktes
Wer am Sonntagabend den Fernseher angemacht hat, sah wieder mal viel, viel
AfD. Aber die Öffentlich-Rechtlichen sind natürlich nicht schuld.
Vorläufige Ergebnisse der Wahl in Berlin: Ja zu Tegel, nein zur SPD
Die Sozialdemokraten schneiden schwächer ab als der Koalitionspartner
Linke. Beim Volksentscheid stimmen rund 55 Prozent für eine Offenhaltung
des Flughafens.
AfD im neuen Bundestag: Die Fraktion rechts außen
Die AfD schafft es als drittstärkste Kraft in den Bundestag. Wer gehört zur
Fraktion? Und wer hat künftig das Sagen? Die wichtigsten Figuren der
Fraktion.
Merkel, die Union und die Wahl: Die Suchende
Angela Merkel ist als Kanzlerin ist gesetzt, doch ihr Weg zu einer
Jamaika-Koalition wird nicht leicht. Denn die CSU drängt weiter nach
rechts.
Kommentar Bundestagswahl 2017: Der Aufstieg der Angstmacher
Die SPD wird abgestraft, die AfD ist stark, auch weil sie Themen setzen
konnte. Gegen das Schäumen der Rechten hilft jetzt nur kühle Sachlichkeit.
Ergebnis der Bundestagswahl 2017: Die AfD ist stark, Merkel regiert weiter
Die Rechtspopulisten werden zweistellig. Union und SPD verlieren stark,
Grüne legen leicht zu, die Linke stagniert. Die FDP zieht wieder in den
Bundestag ein.
Hochrechnung Bundestagswahl 2017: Merkel regiert weiter, AfD ist stark
Die CDU siegt, dahinter schwach die SPD, die in die Opposition gehen will.
Die AfD wird drittstärkste Kraft, dahinter die FDP, dann Grüne und Linke
fast gleichauf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.