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# taz.de -- AfD im neuen Bundestag: Die Fraktion rechts außen
> Die AfD schafft es als drittstärkste Kraft in den Bundestag. Wer gehört
> zur Fraktion? Und wer hat künftig das Sagen? Die wichtigsten Figuren der
> Fraktion.
Bild: 13 Prozent! AfD-Anhänger*innen sehen blau
Berlin taz | „Gauland, Gauland“-Rufe schallen durch den Raum. Es ist
Sonntag, kurz nach 18 Uhr. Alexander Gauland, wie immer mit Tweedjacket und
Hundekrawatte, steht auf der kleinen Bühne im Traffic Club, dahinter öffnet
sich eine große Terrasse zum Berliner Alexanderplatz. „Wir werden die
Bundesregierung jagen und uns unser Land und unser Volk zurückholen“, hat
Gauland gerade gerufen. [1][13 Prozent hat die erste Prognose für die AfD
ergeben,] drittstärkste Kraft, 86 Sitze im neuen Bundestag. Blaue Ballons
fliegen durch die Luft, die AfD-Anhänger stimmen die Nationalhymne an. Auf
der großen Terrasse, die sich hinter der Bühne Richtung Alexanderplatz
erstreckt, hört man „Nazis raus“-Rufe. Vor dem Club haben sich [2][einige
hundert Gegendemonstranten versammelt].
Alexander Gauland, 76, Jurist, Ex-CDU, wird das Machtzentrum der neuen
Fraktion sein. Gemeinsam mit Alice Weidel war er Spitzenkandidat. Gauland
ist nationalkonservativ, scheut aber Ausflüge nach rechts außen nicht. So
schart er den rechten Flügel der Partei hinter sich. In der AfD-Fraktion
werden alle Strömungen der zutiefst gespaltenen Partei vertreten sein,
Streit ist vorprogrammiert. Die Gauland-Anhänger aber dürften in der
Mehrheit sein und ihn umgehend zum Chef wählen. Hartnäckig hält sich das
Gerücht, Parteichefin Frauke Petry könnte sich schon bald mit ihren
AnhängerInnen abspalten. Gauland will die Fraktion mit Alice Weidel, 38,
Ökonomin, führen, die selbst über kaum eine Machtbasis verfügt. Weidel galt
als wirtschaftsliberal, hat sich aber radikalisiert.
Als Weidel während des Wahlkampfs unter Protest eine ZDF-Wahldebatte
verließ, twitterte Markus Frohnmaier mit Blick auf Moderatorin Marietta
Slomka: „Am 24.9. mache ich dich arbeitslos, Mäuschen.“ Es ist nicht die
einzige Allmachtsfantasie, die der Ko-Vorsitzende der
AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternativen von sich gibt. „Ich sage
diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz, ganz klar: Wenn
wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet!“, rief der
Höcke-Fan, der regelmäßig in Moskau und Belgrad auf Einladung von
nationalistischen Organisationen auftritt, 2015 auf einer Kundgebung in
Erfurt. Frohnmaier, 26, Jura-Student, Ex-CDU, wird künftig für die AfD im
Bundestag sitzen. Er wird dort nicht der einzige extrem rechte AfD-Mann mit
einer gewissen Verhaltensauffälligkeit sein.
Wilhelm von Gottberg, 77, Polizeiausbilder, Ex-CDU, aus Niedersachsen wird
auch dabei sein. Der Ex-Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen hatte im
Ostpreußenblatt den Holocaust einst als „wirksames Instrument zur
Kriminalisierung der Deutschen“ bezeichnet.
Martin Hohmann, 69, Polizist, Ex-CDU, ist der einzige AfD-Abgeordnete, der
schon einmal im Bundestags saß. Als er 2003 in einer Rede die Täterschaft
der Juden und Deutschen in der Weltgeschichte verglich und ihm daraufhin
Antisemitismus vorgeworfen wurde, schloss ihn die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus.
Auch Detlef Spangenberg, 73, Steuerberater, Ex-CDU, wird wohl im Bundestag
sitzen. Vor drei Jahren sollte er den sächsischen Landtag als
Alterspräsident eröffnen. Doch dann wurde – auch durch Recherchen der taz �…
bekannt, dass er unter anderem dem „Bündnis Demokratie und Freiheit“
angehörte, das auf seiner Website die „Wiederherstellung der
völkerrechtlichen Grenzen von 1937“ forderte.
Siegbert Droese, 49, Hotelkaufmann ist der Höcke-Gruppierung „Der Flügel“
zuzuordnen. Er bezeichnet Pegida als „Bereicherung des politischen
Diskurses“.
Jens Maier, 55, Richter, Ex-SPD, sitzt künftig auch im Bundestag. Der
Wahl-Dresdener, der sich selbst „kleiner Höcke“ nennt, warnt vor
„Mischvölkern“ und äußerte Verständnis für den norwegischen
Rechtsterroristen Anders Breivik.
Gegen Sebastian Münzenmaier, 28, Ex-Jura-Student und Ex-Mitglied der
islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“, läuft ein Prozess wegen
gefährlicher Körperverletzung. Münzenmaier soll 2012 zusammen mit anderen
Mitgliedern der Ultra- und Hooliganszene aus Kaiserslautern eine Gruppe
Ultras aus Mainz angegriffen haben.
Über Einfluss in der Fraktion könnte künftig der Höcke-Vertraute Stephan
Brandner, 51, Rechtsanwalt, Ex-CDU, verfügen. Im Wahlkampf nannten sich
Brandner und sein Mitkandidat Jürgen Pohl „die Volksanwälte“. Brandner
dürfte der größte Pöbler im Thüringer Landtag sein. Die Grünen brachte er
in den Zusammenhang von „Koksnasen“ und „Kinderschändern“. Er könnte
Vizefraktionschef werden.
## Gemäßigt für AfD-Verhältnisse
Das will wohl auch NRW-Spitzenkandidat Martin Renner,63,
Unternehmensberater, Ex-CDU. Doch ob sich dafür eine Mehrheit findet, ist
ungewiss. Renner wirkt mit weißen Haaren und Hornbrille pastoral und sanft,
doch das täuscht. Einwanderung bezeichnet er als „humanistisch kaschierte
Selbstzerstörung unserer Kultur“, den Islam als „Unterwerfungsideologie“,
die Erinnerungskultur als „Schuldkult“.
Gauland-Freund Armin-Paul Hampel aus Niedersachsen, 60, Journalist, Ex-CDU,
werden wenig Chancen auf einen Posten in der Fraktion nachgesagt.
Im Bundestag werden aber auch – für AfD-Verhältnisse – gemäßigte
Abgeordnete sitzen.
Leif-Erik Holm,47, Radiomoderator zum Beispiel. Auch er wird als
Fraktionsvize gehandelt. Mit ihm als Spitzenkandidat hat die AfD in
Mecklenburg-Vorpommern ihr zweitstärkstes Ergebnis bislang erzielt. Holm
hat das Büro der AfD-Europa-Abgeordneten Beatrix von Storch in Brüssel
geleitet, zuletzt war er Fraktionschef in Schwerin. Dort hat er den
Hardlinern in der Partei wenig entgegengesetzt.
Auch Holms Exchefin Beatrix von Storch, 46, Rechtsanwältin, Ex-FDP,
Herzogin von Oldenburg, könnte in der Fraktion was werden. Gemeinsam mit
Weidel und Parteichefin Frauke Petry ist sie eine der wenigen bekannten
Frauen in der Fraktion, die überwiegend männlich geprägt sein wird. Auf der
Bühne im Traffic Club steht von Storch am Sonntag Abend neben Gauland.
Nachdem dieser geredet hat, ergreift sie das Wort. Von Storch spricht von
einer „parteipolitischen Revolution“ und sagt: „Refugees welcome wird
wieder ein Spruch wie früher sein – von linksradikalen Spinnern.“ Mit ihrem
Mann Sven betreibt von Storch, eine christliche Fundamentalistin, seit
Jahren ein Lobby-Netzwerk, das sich für „Lebensschutz“ und ein
reaktionäres Familienbild starkmacht. In einer Talkshow verstieg sie sich
zu der Aussage, Merkel wolle sich nach Chile absetzen.
Petr Bystron, 44, Berater, Ex-FDP, galt lange als einer, der in der AfD
noch was werden kann. Dank seiner Sympathie für die „Identitäre Bewegung“
ist der bayerische Landeschef jetzt – soweit man weiß – der einzige
AfD-Politiker, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bei der Wahl zum
bayerischen Spitzenkandidaten landete er nur auf Platz vier. Es könnte
sein, dass es bei der Wahl zum Fraktionsvorstand aus Bayern eine
Überraschung gibt.
24 Sep 2017
## LINKS
[1] /Ergebnis-der-Bundestagswahl-2017/!5449920
[2] /Reaktion-auf-AfD-Ergebnis-in-Berlin/!5449982
## AUTOREN
Sabine am Orde
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