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# taz.de -- Kommentar Bundestagswahl 2017: Der Aufstieg der Angstmacher
> Die SPD wird abgestraft, die AfD ist stark, auch weil sie Themen setzen
> konnte. Gegen das Schäumen der Rechten hilft jetzt nur kühle
> Sachlichkeit.
Bild: AfD-Grusel: Alexander Gauland
Wir waren schon weiter. Vom Bundestag aus wurde Europa mitgebaut, er stritt
über Rezepte gegen den Klimawandel, über den medizinischen Fortschritt und
über die Gentechnik. Zuletzt ermöglichte er die Ehe für alle. Das deutsche
Parlament hat eine weltoffene Perspektive. [1][Doch in diesen Bundestag
ziehen nun Leute ein,] die die Welt durch die Brille der Beleidigten
betrachten. Die Retros, die Rassisten – sie sind jetzt drin. Und wie.
Die AfD wird provozieren und brüskieren, wird übertreiben und
herunterspielen, Ängste wird sie ausbreiten und Aggressionen schüren. Davon
lebt sie. Die Plenardebatten verfolgt nur selten ein breites Publikum vor
dem Fernseher. Dennoch ist der Bundestag ein politischer Mittelpunkt, er
ist das Nervenzentrum der Demokratie. Wenn das Nervenzentrum angegriffen
wird, kann dies den Organismus lähmen. Das muss verhindert werden.
Der Wahlkampf hat schon gezeigt, was passiert, wenn ein kostbares Gut
namens Aufmerksamkeit verplempert wird. Gauland und Weidel haben eine Falle
nach der anderen gestellt. Die Politiker tappten sehenden Auges hinein –
und oft genug auch die Medien. Nicht wir haben uns aufgeregt. Sondern sie
haben es geschafft, uns aufzuregen. So geht es nicht. Wenn die AfD im
Bundestag schäumt, sollten die anderen mit der Sachlichkeit einer
Grundbuchratsschreiberin reagieren.
Aufgabe der anderen Parteien ist es auch, Wählerinnen und Wähler
zurückzugewinnen. Es bleibt richtig, dass Martin Schulz aufrichtig
versuchte, Menschen anzusprechen, die in Deutschland gerne leben, aber
nicht gut. Dem Sozialdemokraten blieb der Erfolg brutal versagt, schade, er
ist ein großer Kämpfer. [2][FDP-Retter Christian Lindner] hat mit
Stimmungen gespielt, die die AfD erzeugt hat, um ihr so Stimmen abzunehmen.
Diese Wahlkampftaktik darf keine politische Strategie werden. Denn wer die
Agenda der Rechten bedient, macht sie stark.
In dieser Hinsicht schmutzelte [3][CSU-Chef Horst Seehofer] dieses Mal
kaum, aber schon mit Blick auf die bayerische Landtagswahl in einem Jahr
kann das anders kommen. Seehofer wird seine ganz persönliche AfD-Frage zu
beantworten haben.
[4][Für die Grünen hat es sich ausgezahlt], dass sie ernsthaft bei ihren
Themen blieben, statt sich am AfD-Grusel aufzurichten. Ob die Linkspartei
jetzt mehr Protestpartei wird? Rot-Rot-Grün im Bund kann man jedenfalls
vergessen. Bisher brachten die drei trotz Mehrheit im Parlament nichts
zustande. Jetzt könnten sie nicht mal, wenn sie wollten. Dafür wird über
Jamaika verhandelt werden, denn die SPD will erst einmal nicht über eine
neue Große Koaliton reden.
Verständlich, denn [5][Schwarz-Rot ist den Wahlergebnissen nach von der
Groko zur Kleinko geworden]. Jamaika: kein politisches Projekt, sondern ein
pragmatisches Bündnis, in dem jeder ein bisschen Profil sucht. Angela
Merkel ging als Königin der Umfragen in den Wahlkampf, aus dem sie jetzt
als Bettlerin mit miserablem Ergebnis herauskommt. Nun muss sie eine
Vier-Parteien-Regierung zusammenkratzen.
Merkel wird nun im Bundestag auch ein eigenes politisches Scheitern vor
Augen sitzen. Wer so lange das Land geprägt hat, kann sicher sein, am
Aufstieg der Angstmacher Anteil zu haben. Immerhin, indem Merkel das
Brüllen und Trillern im Wahlkampf ignorierte, hat sie es vorgemacht: Gegen
diese neurechte Bewegung hilft nicht Hitze, sondern Kühle.
24 Sep 2017
## LINKS
[1] /Ergebnis-der-Bundestagswahl-2017/!5449920
[2] /Lindners-FDP-stark-im-Bundestag/!5449919
[3] /Bundestagswahlergebnis-der-CSU/!5449928
[4] /Gruenen-Ergebnis-bei-der-Bundestagswahl/!5449927
[5] /SPD-Ergebnis-bei-der-Bundestagswahl/!5449923
## AUTOREN
Georg Löwisch
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taz.leicht
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