# taz.de -- Kommentar Zukunft der SPD: Endlich Opposition! | |
> Die SPD rettet sich selbst vor der Fortsetzung der Großen Koalition und | |
> reagiert erleichtert. Dieser Schritt ist verständlich, aber strategisch | |
> unklug. | |
Bild: Ob Kanzler oder Opposition, scheint egal: Martin Schulz im Willy-Brandt-H… | |
Als Martin Schulz am Sonntagabend verkündet, dass die SPD in die Opposition | |
geht, jubelt das Willy-Brandt-Haus, als hätte man gerade die absolute | |
Mehrheit errungen. Es gibt natürlich gute Gründe für das Nein der SPD zur | |
Großen Koalition. Als Partei zu erscheinen, die, egal was kommt, an der | |
Macht klebt, wäre Munition für die AfD im Parlament. Und die SPD bringt in | |
der Tat eine Koalition mit Merkel nicht weiter, da deren Inhalte ohnehin | |
sozialdemokratisch eingefärbt waren – eine Abgrenzung zur Merkel-CDU tat | |
mehr als Not. | |
Doch die Art, wie die SPD diese Entscheidung inszeniert – die affektive | |
Aufladung, der emotionale Aufbruch – ist seltsam. Es scheint, als wäre man | |
vier Jahre dem Erstickungstod nahe gewesen und könne erst jetzt wieder, | |
endlich ohne Merkel!, frei atmen. Aber so war es nicht. Die SPD hat in der | |
Großen Koalition loyal, reibungslos und effektiv mitregiert. | |
Das Verwunderliche an diesem unmittelbaren Nein zur Fortsetzung der GroKo | |
ist, dass die SPD keinen einzigen inhaltlichen Punkt benennt, der mit der | |
Union nicht durchsetzbar wäre. Es ist genau andersherum: Die SPD sagt Nein | |
zu Merkel, weil sie fürchtet, in möglichen Verhandlungen ihr Wahlprogramm | |
bei Rente, Bildung oder Arbeitslosengeld weitgehend durchsetzen zu können. | |
Was die Schulz-SPD zu dieser schnellen Entscheidung treibt, ist die Wut, | |
gegen die Watte-Merkel kein Mittel gefunden zu haben. Es ist eine | |
Entscheidung, die aus Wahlkampf-Frust geboren wurde, nicht aus Weitblick. | |
Das ist verständlich, aber strategisch unklug. | |
## Trommelwirbel – und dann kommt nichts | |
Dieses donnernde Nein wirkt dazu wenig konsequent. Vor zwei Wochen hat | |
Martin Schulz noch mit Trommelwirbel vier Punkte als Bedingung für eine | |
Regierungsbeteiligung der SPD präsentiert, die in der Debatte dann zu Recht | |
untergingen. Die Bürgerversicherung tauchte dabei nicht auf. | |
So tritt keine Partei auf, die den baldigen Ausstieg aus der Großen | |
Koalition auf dem Radar hat. Ab wie viel Prozent hätte die SPD denn, | |
staatstragend wie immer, die nächste Regierung mit Merkel anvisiert? Ab | |
23,1? Ab 24 oder erst ab 25? Es ist nicht überzeugend, ein so rigoroses | |
Nein von ein paar Prozentpunkten abhängig zu machen. | |
Falls Jamaika scheitert, beginnt eine Politik ohne Geländer. Die SPD ist | |
dafür mit ihrem schnellen, grundsätzlichen Nein zur Großen Koalition | |
miserabel präpariert. Dieses mit Gefühlsüberschwang formulierte Nein wird, | |
wenn die Alternative heißt: Neuwahlen oder doch mal mit Merkel reden, wie | |
ein Klotz am Bein wirken. Denn inhaltlich kann die SPD nicht angeben, warum | |
ein Bündnis mit der Union nicht mehr geht. Was in der SPD heute viele als | |
Befreiung empfinden, kann bald schon trotzig wirken. | |
25 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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