# taz.de -- Vorkaufsrecht in Kreuzberg: Luxemburg geht leer aus | |
> Erneut schlägt der Bezirk zu und schnappt einem Spekulanten ein Haus weg. | |
> Finanziell gingen dabei alle an die Schmerzgrenze – auch die Mieter. | |
Bild: Keine Angst vor spekulativem Ausverkauf: Schloss Colmar-Berg – Sitz des… | |
BERLIN taz | Ein „historisches Wahrzeichen“ in Berlin-Kreuzberg im „Herzen | |
der derzeitigen kulturellen Renaissance der Stadt“ – so ist ein Wohnhaus in | |
der Zossener Straße 18 auf der Website der Immobilienfirma Knightsbridge | |
Properties mit Sitz in New York beschrieben. Behalten wollten die | |
US-Amerikaner das im Jahr 1900 errichtete Gebäude dennoch nicht – und | |
verkauften es im Juni für 4,4 Millionen Euro an eine luxemburgische | |
Briefkastenfirma. | |
Doch das – einzig für die Mieterschaft risikoreiche – Geschäft ist | |
geplatzt. [1][Erneut] hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sein | |
Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet geltend gemacht; die | |
Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) wird das Haus erwerben. Das hat deren | |
Aufsichtsrat am Montag beschlossen. Den Mietern der 17 Wohnungen und drei | |
Gewerbeeinheiten drohen mit dem neuen Eigentümer weder Luxussanierungen | |
noch die Umwandlung in Eigentumswohnungen. Ihre Miete kann [2][maximal um | |
zwei Prozent jährlich erhöht werden]. | |
Dabei schien die Rettung des Hauses vor den Spekulanten aufgrund des hohes | |
Kaufpreises unwahrscheinlich. Sowohl die WBM als auch Finanzsenator | |
Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hatten schon abgesagt. Deshalb spricht | |
Mieterin Nina West, die an den Verhandlungen beteiligt war, von einer | |
„Sensation“, und auch für Baustadtrat Florian Schmidt ist es ein Erfolg im | |
Sinne der von ihm propagierten Parole „Wir kaufen uns die Stadt zurück“. | |
Schmidt hatte vergangene Woche in einem Brief an Kollatz-Ahnen | |
argumentiert, warum der Kauf des Hauses doch finanziell darstellbar sei. | |
Demnach ist durch die Bereitschaft der Mieter, „leichte, sozialverträgliche | |
Mieterhöhungen“ in Kauf zu nehmen, der Genehmigung des Dachgeschossausbaus | |
und einer geplanten Neubelegung freier Wohnungen durch soziale | |
Trägerwohnungen, der Nettokaltmietenfaktor von 28 auf 26,5 Jahre gedrückt | |
worden. Das ist die Dauer, nach der sich der Kaufpreis mit den aktuellen | |
Mieten amortisiert. Ohne Spekulationsaufschlag liegt dieser Wert | |
normalerweise unter 20. Noch vor zehn Jahren übernahm der [3][dänische | |
Immobilieninvestor Taekker] das Haus von einer Erbengemeinschaft für 1,5 | |
Millionen Euro. Der aktuelle Preis ist dreimal so hoch. | |
Wie zuletzt bei einem Haus in der [4][Falckensteinstraße 33], das derselben | |
luxemburgischen Firma weggeschnappt wurde, hatte der Bezirk die Mieter | |
direkt angeschrieben und zu einem Vernetzungstreffen eingeladen. Die Mieter | |
um West, die momentan zwischen drei und zwölf Euro je Quadratmeter zahlen, | |
verständigten sich danach auf das freiwillige Angebot einer Erhöhung ihrer | |
Mieten. Das Haus ist das fünfte, für das der Bezirk das Vorkaufsrecht | |
zieht. Die stets kritische Initiative Bizim Kiez schrieb am Dienstag: „So | |
können wir weitermachen Florian Schmidt!“ | |
Der taz sagte Schmidt, dass auf jede Wohnung, die durch das Vorkaufsrecht | |
zurück in öffentliches Eigentum überführt wird bzw. die von der | |
Mieterschaft übernommen wird, zwei bis drei weitere Wohnungen kommen, in | |
denen Käufer den Vorkauf des Bezirkes abwenden, indem sie sich den Zielen | |
des sozialen Wohnungsmarktes verpflichten. Zusammen mit dem Zentrum | |
Kreuzberg seien in diesem Jahr bereits über 500 Wohnungen und mehr als 100 | |
Gewerbeeinheiten gesichert worden. | |
8 Aug 2017 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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