# taz.de -- Vorkaufsrecht in den Bezirken: Kaufen? Nicht um jeden Preis! | |
> Erneut nimmt Friedrichshain-Kreuzberg sein Vorkaufsrecht wahr. Doch das | |
> Instrument ist nicht auf alle Grundstücke übertragbar. Hilfe soll vom | |
> Senat kommen. | |
Bild: Florian Schmidt: Vom Aktivisten zum Baustadtrat | |
Die Mieterinnen und Mieter der Zossener Straße 48 in Kreuzberg können sich | |
freuen. Er hat wieder einmal zugeschlagen. Er, das ist | |
Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Wieder | |
einmal hat Schmidt vom Vorkaufsrecht des Bezirks Gebrauch gemacht und einem | |
Investor ein Haus weggeschnappt. „Hier liegt quasi ein | |
Spekulationssachverhalt vor, wie er deutlicher nicht sein könnte“, sagte | |
Schmidt zur Begründung dem RBB. | |
Das erste Mal war die Zossener Straße 48 im Februar verkauft worden. Kurz | |
darauf hatte der Bezirk dem neuen Eigentümer die Zusammenarbeit angeboten. | |
Das Haus liegt in einem Milieuschutzgebiet, in dem etwa Umwandlungen oder | |
Modernisierungen genehmigt werden müssen. Doch anstatt sich auf | |
Verhandlungen einzulassen, verkaufte der neue Eigentümer weiter – mit einem | |
satten Aufschlag von 800.000 Euro. | |
Als das bekannt wurde, stoppte Schmidt das Angebot an den ersten Käufer und | |
machte das Vorkaufsrecht geltend, mit dem der Bezirk zugunsten eines | |
Dritten in den Kaufvertrag einsteigen kann. „Wir wissen aus Erfahrung, wie | |
die Projektentwickler mit den Häusern umgehen. Da wird Druck ausgeübt, | |
damit die Mieter ausziehen. Das wollen wir mit dem Vorkaufsrecht | |
verhindern“, so Florian Schmidt gegenüber dem RBB. | |
Der Dritte, das ist im Falle der Zossener Straße keine | |
Wohnungsbaugesellschaft, sondern die Stiftung Nord-Süd-Brücken. Diese | |
wiederum will das Haus nach einem Jahr an die Mieter verkaufen. Einziger | |
Wermutstropfen: Der ursprüngliche Käufer legte Widerspruch gegen das | |
Vorkaufsrecht ein. Nun droht ein langer Rechtsstreit. | |
Auch in Pankow hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die Bezirke | |
offensiver gegen Spekulation mit Wohnraum vorgehen können. Das könnte auch | |
der Hausgemeinschaft der Danziger Straße 55 zugute kommen, deren Haus an | |
die börsennotierte Deutsche Wohnen verkauft wurde. Allerdings beträgt der | |
Verkaufspreis 6 Millionen Euro. „Bei dem Preis haben wir Mühe einen Käufer | |
zu finden, für den wir das Vorkaufsrecht wahrnehmen können“, sagt Pankows | |
Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) der taz. „Wir müssen hier eine Lücke von | |
1,5 Millionen schließen.“ Denn mehr als 4,5 Millionen Euro wollen mehrere | |
Wohnungsbaugesellschaften oder die Genossenschaft Bremer Höhe nicht | |
bezahlen. | |
Kuhn befindet sich nun in Verhandlungen mit der Deutschen Wohnen. Sollte | |
sich Berlins größter privater Vermieter mit 110.000 Wohnungen bereit | |
erklären, auf eine Umwandlung in Eigentumswohnungen zu verzichten, würde | |
der Bezirk den Verkauf wohl genehmigen. Die Frist, das Vorkaufsrecht | |
wahrzunehmen, läuft am 24. Juni ab. | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, aber auch Neukölln, schauen inzwischen | |
auch in Richtung Senat. Denn Rot-Rot-Grün hat in Aussicht gestellt, in | |
bestimmten Fällen Geld locker zu machen. Falls aber der Kaufpreis den | |
Verkehrswert „deutlich“ überschreitet, heißt es bei der Senatsverwaltung | |
für Stadtentwicklung, könne der Kaufpreis für das Objekt herabgesetzt | |
werden. Kaufen ja, aber nicht zu jedem Preis. | |
6 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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