Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vorkaufsrecht in Kreuzberg ausgeübt: Spekulatives Signal
> Der Bezirk schnappt einer Briefkastenfirma ein Haus vor der Nase weg.
> Eine Wohnungsbaugesellschaft ist bereit, einen hohen Preis zu zahlen.
Bild: Ob der für die Falckensteinstraße gereicht hätte?
Berlin taz | Für eine luxemburgische Briefkastenfirma versprach der Kauf
des Wohnhauses in der Falckensteinstraße 33 in Kreuzberg ein gutes
Geschäft. Mit Sanierungsmaßnahmen und der Umwandlung in Eigentumswohnungen
hätte sich der Kaufpreis wohl schon bald mehr als amortisiert. Doch daraus
wird nichts: Auf den letzten Drücker hat der Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg am Dienstag sein Vorkaufsrecht ausgeübt. Neuer
Eigentümer der Immobilie im Wrangelkiez ist die landeseigene
Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM).
„Wir haben es erstmals geschafft, das Vorkaufsrecht im Zusammenspiel mit
der Senatsverwaltung für Finanzen und einer Wohnungsbaugesellschaft
auszuüben“, freute sich Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Der Kaufpreis
für das Vorderhaus mit zehn Wohnungen sowie einem Restaurant und einem Café
beträgt 2,8 Millionen Euro – und entspricht damit der Summe, die auch der
Privatinvestor an den Voreigentümer gezahlt hätte.
Weil in dem Preis laut Schmidt ein „spekulatives Element“ steckt, konnte
die WBM nicht einfach zugreifen, sondern musste sich mit der
Finanzverwaltung von Senator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) abstimmen. Ob die
Bezirke auch zu einem von ihnen selbst ermittelten Verkehrswert kaufen
dürfen, ist rechtlich umstritten.
Das Haus in der Falckensteinstraße ist das sechste in Berlin, für das ein
Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, davon drei in diesem Jahr – der rot-rot-grüne
Senat und die Bezirke machen also Ernst. Das Instrument kann greifen, wenn
Immobilien in einem Milieuschutzgebiet veräußert werden.
Wie üblich wurde dem Käufer auch in diesem Fall angeboten, eine
Abwendungsvereinbarung zu unterschreiben, wodurch die Umwandlung in
Eigentumswohnungen ausgeschlossen wird – doch das wollte der Investor
nicht. Der nun von der WBM gestemmte Zuschlag, also der Teil des
Kaufpreises, den das aktuelle Mietniveau von fünf bis sechs Euro pro
Quadratmeter nicht deckt, sei „nicht astronomisch“, so Schmidt.
## Die Stadt nimmt Geld in die Hand
Wichtig ist dem Stadtrat vor allem das Signal: „Niemand aus der
Immobilienbranche soll glauben, wenn er auf den Preis noch eins drauflegt,
ziehen Bezirk und Senat nicht mit.“ Um auch künftig bei spekulativen
Kaufpreisen konkurrenzfähig zu sein, müssten die Verfahren „eingeübt
werden“. Denn wirklich vorbereitet waren Bezirk, Senat und WBM nicht, so
Schmidt.
Allein die WBM prüft gerade drei weitere Fälle für die Ausübung des
Vorkaufsrechts, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg weitere sechs.
Inzwischen werden verkaufsbereite Eigentümer sogar präventiv angeschrieben,
um ihnen die Risiken zu vermitteln.
Katharina Böhm, die in der Falckensteinstraße 33 wohnt, sagte der taz, wie
„machtlos“ sie sich gefühlt habe, nachdem sie von dem Verkauf ihres Hauses
erfahren habe. Bei ihrer Miete von 5,50 Euro wäre noch „ordentlich
Spielraum“ gewesen. „Ich war so angespannt, aber jetzt bin ich richtig
gelöst.“
Berichtigung: In einer ersten Version hieß es, der Kaufpreis habe 4,5
Millionen Euro betragen. Florian Schmidt hat diese Aussage revidiert. Der
Preis beträgt 2,8 Millionen Euro.
11 Jul 2017
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Vorkaufsrecht
Friedrichshain-Kreuzberg
Florian Schmidt
Immobilienspekulation
Florian Schmidt
Florian Schmidt
Vorkaufsrecht
Norwegen
Berlin Prenzlauer Berg
Milieuschutz
Gentrifizierung
Florian Schmidt
Florian Schmidt
Neukölln
## ARTIKEL ZUM THEMA
Friedrichshain-Kreuzberg: Herr Schmidt stellt sich quer
Weil die Bahn ein freies Grundstück nicht an die BSR verkaufen will, droht
der Bezirk mit Blockade. Und bekommt Rückendeckung aus dem Senat.
Kommentar Rot-Rot-Grün in Berlin: Mehr Mut und Beherztheit
Unkonventionelles Handeln ist wichtiger ist als das Parteibuch. Das zeigen
einige Politiker in ihrem Versuch die Stadt zurückzukaufen.
Vorkaufsrecht in Kreuzberg: Luxemburg geht leer aus
Erneut schlägt der Bezirk zu und schnappt einem Spekulanten ein Haus weg.
Finanziell gingen dabei alle an die Schmerzgrenze – auch die Mieter.
Norweger kaufen Springer-Haus: Geldanlage und Spekulationsobjekt
Ein Ölfonds erwirbt Springers 13-stöckigen Neubau. Der Konzern mietet dann
die Büroflächen zurück und hat frisches Geld fürs digitale Geschäft.
Verkehrswert bei Vorkauf: „Keine preisdämpfende Wirkung“
Das Vorkaufsrecht ist Thema. Zum Zuge kommen gemeinwohlorientierte
Vermieter aber nur, wenn sie den Kaufpreis zahlen können. Und der ist oft
zu hoch, sagt Ulf Heitmann.
Berliner Wochenkommentar I: Die Drohung reicht schon
Mit dem Milieuschutz und dem Vorkaufsrecht haben die Bezirke Grund zum
Jubeln
Gentrifizierung in Berlin: Er kam. Nahm. Und siegte
Der Investor Jørn Tækker ist der Alptraum vieler Berliner MieterInnen. In
seiner Heimat baut der Däne dagegen eine ökologische Vorzeigestadt.
Südliche Friedrichstadt: Spekulanten nicht erwüscht
Auch rund um den Mehringplatz gibt es nun Milieuschutz. Baustadtrat Florian
Schmidt (Grüne) will, dass Investoren um Friedrichshain-Kreuzberg einen
großen Bogen machen.
Vorkaufsrecht in den Bezirken: Kaufen? Nicht um jeden Preis!
Erneut nimmt Friedrichshain-Kreuzberg sein Vorkaufsrecht wahr. Doch das
Instrument ist nicht auf alle Grundstücke übertragbar. Hilfe soll vom Senat
kommen.
Vorkaufsrecht als Ausweg: Neukölln bremst Spekulanten aus
Baustadtrat Biedermann will den Verkauf der Liberdastraße 10 an einen
Investor verhindern. Vielmehr soll die „Stadt und Land“ zum Zuge kommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.