# taz.de -- Norweger kaufen Springer-Haus: Geldanlage und Spekulationsobjekt | |
> Ein Ölfonds erwirbt Springers 13-stöckigen Neubau. Der Konzern mietet | |
> dann die Büroflächen zurück und hat frisches Geld fürs digitale Geschäft. | |
Bild: Direkt neben dem alten Springer-Haus (Foto) entsteht das Gebäude, das de… | |
Oslo taz | Hochklassige Objekte in Toplagen von Großstädten, die attraktive | |
Renditen versprechen: So etwas sucht das Investmentmanagement der | |
Norwegischen Bank, um weltweit die Gelder des sogenannten Ölfonds | |
anzulegen. Und dabei ist es nun in Berlin fündig geworden. 425 Millionen | |
Euro soll der Axel-Springer-Konzern für seinen 13-stöckigen Neubau | |
bekommen, wenn dieser wie geplant im Dezember 2019 fertig wird. Das | |
Medienunternehmen wird die 52.000 Quadratmeter Bürofläche dann langfristig | |
vom Fonds zurückmieten. | |
Für Axel Springer bedeute der Deal zusätzliches Geld, mit dem Investitionen | |
in das digitale Geschäft getätigt werden sollen, erklärte dessen | |
Finanzvorstand Julian Deutz. | |
Und für Norwegen? Der Ölfonds gilt als weltweit größter Staatsfonds und als | |
eine Art Sparschwein, mit dem der europäische Ölkrösus Teile seines | |
Reichtums aus der Förderung und dem Verkauf von Erdöl und -gas auch | |
späteren Generationen zukommen lassen will. Bei der Norwegischen Bank, die | |
den Fonds im Auftrag des Finanzministeriums verwaltet, will man sich zum | |
konkreten Geschäft nicht weiter äußern. Das gehöre eben zu den stetig | |
laufenden Investitionen – vor einigen Tagen waren es zwei Bürohäuser in | |
Washington. | |
Lange hatte der Fonds die Auflage, die Öleinnahmen ausschließlich in | |
Staatsanleihen zu investieren. Dann kamen Aktien hinzu – und nach | |
mehrjähriger kontroverser Debatte ab 2010 auch die Möglichkeit, mit dem | |
Geld Immobilien zu finanzieren. Allerdings dürfen höchstens sieben Prozent | |
des Fondsvermögens für diesen Sektor aufgebracht werden. Derzeit sind es | |
erst 2,5 Prozent. Bei einem aktuellen Fondsvermögen von rund 800 Milliarden | |
Euro hat der Fonds durchaus das Potenzial, im umkämpften Immobilienbereich | |
eine wichtige Rolle zu spielen. | |
Man werde in diesem Jahr die Käufe verdoppeln, kündigte Karsten Kallevig, | |
Chef des Real Estate Management, der Immobilienabteilung des Fonds, | |
kürzlich an: In Zukunft wolle man jährlich ein halbes Prozent des Vermögens | |
in Gebäude stecken, bis sie 2019 einen vierprozentigen Anteil ausmachen. Ob | |
es tatsächlich dazu kommt, hänge aber von der Entwicklung der Preise und | |
den Zukunftserwartungen ab. | |
## Von schmucklosen Lagerhallen bis zu Luxusobjekten | |
Bislang beschränkte sich das Fondsmanagement vor allem auf Objekte in | |
Europa und Nordamerika: von schmucklosen Lagerhallen bis zu Luxusobjekten | |
in Manhattan. Den Markt in Asien halte man für zu unsicher, meint Kallevig. | |
Und die Entwicklung bei der jährlichen Rendite aus dem Immobiliensektor war | |
bislang recht durchwachsen: Sie betrug zwischen plus 11,8 und minus 4,4 | |
Prozent. | |
Werden Immobiliendeals des Fonds ansonsten in Norwegen allenfalls in | |
Kurzmeldungen der Wirtschaftsmedien erwähnt, erregte die Tatsache, dass mit | |
diesem „Forward-Deal“ in Berlin jeder Norwegerin und jedem Norweger bald | |
ein Teil des künftigen Hauptquartiers des größten europäischen | |
Medienkonzerns gehören wird, durchaus mehr Interesse – zum einen, weil der | |
Wert dieses einzelnen Kaufs auch für den Ölfonds nicht alltäglich ist. Zum | |
anderen wegen der Lage am ehemaligen Mauerstreifen und neben dem | |
Axel-Springer-Haus, „einem von Berlins ikonischen Bauwerken“, wie das | |
norwegische Fernsehen NRK formulierte. | |
Eine Verbindung auf ewig muss der Kauf nicht sein. Der Ölfonds spekuliert | |
auch mit Immobilien und stößt sie wieder ab, wenn der Preis stimmt. So | |
trennte man sich kürzlich von Objekten in Frankreich und kaufte dafür in | |
Polen, Ungarn und Tschechien neu ein. | |
19 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Norwegen | |
Springer | |
Immobilienspekulation | |
Geldanlage | |
Schwerpunkt Korruption | |
Ölindustrie | |
Norwegen | |
Norwegen | |
Immobilien | |
Vorkaufsrecht | |
Enteignung | |
Gentrifizierung | |
Pensionsfonds | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vermeintlich nachhaltige Geldanlagen: Grün gewaschene Versprechen | |
Pseudo-nachhaltige Namen bei Geldanlagen haben es in der EU künftig | |
schwerer. Schlupflöcher für Greenwashing gibt es trotzdem noch zu viele. | |
Korruption in Norwegen: Insiderwissen am Frühstückstisch | |
Die frühere Ministerpräsidentin Solberg muss sich für den Aktienhandel | |
ihres Mannes rechtfertigen. Seine Geschäfte passten gut zu ihren | |
Entscheidungen. | |
Norwegens Staatsfonds plant Öl-Ausstieg: Öl und Gas sind nicht profitabel gen… | |
Der norwegische Staatsfonds ist der größte der Welt. Nun will er 31 | |
Milliarden Euro aus Öl- und Gasaktien abziehen – die Branche rechne sich | |
nicht mehr. | |
Parlamentswahl in Norwegen: Blau-Blau mit blauem Auge | |
Das konversative Regierungsbündnis von Erna Solberg gewinnt knapp die Wahl. | |
Die Sozialdemokraten stürzen ab. Klimaparteien legen zu. | |
Nachbarschaft an der Grenze: Ein Geburtstagsberg für Finnland | |
Nur zu oft hat der Zufall den Stift geführt, als Menschen sich Trennlinien | |
auf der Erde ausdachten. Zeit, das zu ändern, findet ein Norweger. | |
Debatte Finanzcasino: Das irre Steuerloch | |
Wie wird man bequem reich? Mit privaten Miet- „Objekten“. Millionenbeträge | |
können mühelos am Finanzamt vorbeigeschleust werden. | |
Vorkaufsrecht in Kreuzberg ausgeübt: Spekulatives Signal | |
Der Bezirk schnappt einer Briefkastenfirma ein Haus vor der Nase weg. Eine | |
Wohnungsbaugesellschaft ist bereit, einen hohen Preis zu zahlen. | |
Berliner Senat plant Enteignungen: Eigentum verpflichtet | |
Der Senat will Immobilienbesitzer enteignen, wenn die ihre Wohnungen zu | |
lange leer stehen lassen. In Hamburg hat man damit gute Erfahrungen | |
gemacht. | |
Gentrifizierung in Berlin: Er kam. Nahm. Und siegte | |
Der Investor Jørn Tækker ist der Alptraum vieler Berliner MieterInnen. In | |
seiner Heimat baut der Däne dagegen eine ökologische Vorzeigestadt. | |
Ökonomische Reserven Norwegens: Pensionfonds klebt am Öl | |
Es hakt noch beim Umbau des staatlichen Pensionfonds in Norwegen: Das Öl- | |
und Erdgasportfolio ist zu groß. Nur in Sachen Kohle geht es voran. |