# taz.de -- Umweltbelastung durch Elektroautos: Batterien bauen – und was dan… | |
> Für Elektroautos werden Rohstoffe benötigt, die bisher im Fahrzeugbau | |
> kaum eine Rolle spielen. Nachhaltig wird das Ganze nur durch Recycling. | |
Bild: Von wegen sauber: Elektroautos sind nicht unbedingt umweltschonend | |
BERLIN taz | Der Diesel stinkt, das Öl wird knapp, die Lösung ist das | |
E-Mobil? Scheint so. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält am Ziel von einer | |
Million Elektrofahrzeugen 2020 fest, die Grünen wollen ab 2030 raus aus dem | |
Verbrennungsmotor, und Thinktanks wie die Agora Verkehrswende halten die | |
Elektromobilität für unverzichtbar, um den Kohlendioxidausstoß im Verkehr | |
möglichst auf null zu senken. | |
Wenn in den nächsten Jahren aber nur ein Teil der derzeit weltweit | |
angemeldeten 900 Millionen Pkws durch Batteriefahrzeuge ersetzt wird, hat | |
das Folgen: Benötigt werden dann riesige Mengen an Rohstoffen, die bislang | |
im Fahrzeugbau nur eine untergeordnete Rolle spielen. Vor allem, weil die | |
weltweite Pkw-Flotte wächst – Schätzungen gehen von 2,4 Milliarden Autos im | |
Jahr 2050 aus. | |
Neben dem Ausbau der Ladeinfrastruktur oder Marktanreizprogrammen steht | |
daher das Thema Rohstoffsicherung für eine stark wachsende | |
Batterieproduktion auf der Agenda der Nationalen Plattform für | |
Elektromobilität relativ weit oben. Dieses Gremium koordiniert und | |
befördert den Ausbau für die Bundesregierung. | |
Als Flaschenhals für den schnellen Ausbau der Elektromobilität gilt dabei | |
das Übergangsmetall Kobalt. Bis zu 15 Kilogramm stecken in einer | |
Lithium-Ionen-Batterie, auf die heute die meisten Hersteller setzen. Auch | |
wenn einige Experten davon ausgehen, dass künftig Modelle mit weniger | |
Kobalt konstruiert werden können – ganz ohne geht es mittelfristig wohl | |
nicht. | |
Laut geologischem Dienst der USA liegt die Weltproduktion derzeit bei rund | |
124.000 Tonnen – vor zehn Jahren waren es kaum 70.000 Tonnen. Während | |
Lithium oder Graphit in verschiedenen Ländern ausreichend vorliegen und | |
sich die Produktionsmengen steigern lassen, ist das beim Kobalt nicht so | |
einfach möglich. Er fällt als Nebenprodukt beim Abbau anderer Erze an, zwei | |
Drittel der Weltproduktion stammen zudem aus dem konfliktreichen Kongo. | |
Die angespannte Angebotslage spiegelt sich im Preis wieder: Derzeit kostet | |
die Tonne Kobalt fast 60.000 Euro, mehr als doppelt so viel wie vor einem | |
Jahr. Neben dem Kobalt beobachten Rohstoffinvestoren auch die Metalle der | |
Seltenen Erden genau. Nach Jahren der Flaute prophezeien diesen stark | |
magnetischen Stoffen etwa Analysten der USB-Bank in einer Studie eine | |
deutlich steigende Nachfrage. | |
Das weckt Erinnerungen, hatten die Seltenen Erden als Rohstoff der | |
erneuerbaren Energien und der Unterhaltungselektronik doch vor wenigen | |
Jahren erst zu einer Renaissance des Rohstoffthemas geführt. | |
Deren Produktion lag fast gänzlich in den Händen Chinas; das Land | |
verknappte das Angebot und trieb die Preise in die Höhe. Langwierige | |
Handelsstreits waren die Folge, die Rohstoffpolitik in der EU gewann | |
Bedeutung. Heute existieren etwa in Deutschland nicht nur Partnerschaften | |
mit rohstoffreichen Ländern, sondern auch „Rohstoff-Kompetenzzentren“ an | |
ausgewählten Außenhandelskammern sowie ein ständiges Monitoring wichtiger | |
Rohstoffe. | |
Für Niema Movassat, Obmann der Linken für Entwicklungspolitik im Bundestag, | |
ist das der falsche Ansatz. „Die politischen Strategien der Bundesregierung | |
berücksichtigen alleinig die Nachfrageinteressen deutscher Unternehmen“, | |
sagt Movassat. Auf der Strecke bleibe die Frage, wie der Abbau und Export | |
von Rohstoffen wie Kobalt, Kupfer oder Lithium zu einer nachhaltigen | |
Entwicklung in den Herkunftsländern beitragen könne. | |
Zwar habe es bei der Rohstoffsicherung eine Lernkurve gegeben, sagt | |
Matthias Buchert, Bereichsleiter Ressourcen und Mobilität beim Darmstädter | |
Öko-Institut, aber: „Viele Ansätze und Instrumente, etwa der industrielle | |
Einstieg in das Recycling von Seltenen Erden, sind auf halber Strecke | |
stecken geblieben.“ Als die Preise sanken, sei das Thema in den Firmen | |
wieder unwichtiger geworden. Buchert hält daher den Aufbau von | |
Recyclingkapazitäten für Batterien für erforderlich, „und zwar sofort, | |
nicht erst in 20 Jahren“. | |
Würden Batterien lange und immer wieder genutzt und am Ende ihrer | |
Lebensdauer recycelt, dann bestehe Aussicht auf eine nachhaltige | |
Elektromobilität, sagt Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der | |
Grünen im Bundestag, „das ist der große Vorteil gegenüber dem | |
Verbrennungsmoter“. Ob weltweit Millionen Elektroautos auf den Straßen | |
einfach nur mehr Raubbau bedeuten werden oder dazu führen, dass Rohstoffe | |
künftig besser abgebaut und genutzt würden, sei eine Frage der politischen | |
Gestaltung. | |
24 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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