# taz.de -- Kobaltabbau für E-Autos: Schmutzige Deals mit „blauem Erz“ | |
> Über die Hälfte des weltweiten Kobalts kommt aus dem Kongo. Die | |
> Bevölkerung profitiert jedoch nicht. Krumme Bergbaugeschäfte prägen den | |
> Handel. | |
Bild: Kobalt-Mine im Kongo | |
BERLIN taz | Kobalt heißt der Zauberstoff. Ohne das „blaue Erz“, ein | |
Beiprodukt von Kupfer, gibt es keine Batterien für Computer oder E-Autos. | |
Über die Hälfte des Kobalts auf der Welt kommt aus der Demokratischen | |
Republik Kongo: 66.000 Tonnen von weltweit 123.000 im Jahr 2016. Die | |
Weltwirtschaft hängt an einem der ärmsten und instabilsten Länder der Welt. | |
Kongos Kobalt, gefördert in der Südregion Katanga, geht zu 90 Prozent nach | |
China. Über ein Drittel, 24.500 Tonnen im Jahr 2016, kommt allein aus | |
Mutanda, einem Tagebaukomplex in der Nähe der Stadt Kolwezi im Eigentum der | |
Schweizer Handelsfirma Glencore. Die verkauft ihre Erze vor allem an | |
DongFang, eine Tochter der chinesischen Huayou Cobalt. | |
Mutanda ist ein Bilderbuchbeispiel für Kongos korrupte | |
Mineralienwirtschaft. Die Firma Mutanda Mining entstand 2001, mitten im | |
Krieg, als Joint Venture zwischen Kongos staatlicher Bergbaugesellschaft | |
Gécamines und der in Panama basierten Samref (Southern African Metal | |
Refiners) mit einem Eigenkapital von 1 Million Dollar, später auf 10 | |
Millionen erhöht. | |
Sechs Jahre später kaufte Samref zusätzlich zu seinen 60 Prozent noch die | |
Hälfte des 40-Prozent-Anteils von Gécamines – für 55 Millionen Dollar. | |
Glencore erwarb derweil die Hälfte von Samref. Im Jahr 2011 stieg der | |
israelische Diamantenhändler Dan Gertler ein, ein langjähriger Freund von | |
Kongos Präsident Joseph Kabila. Die Gertler-Firma Rowny Assets erwarb die | |
restlichen 20 Prozent Gécamines-Anteil an Mutanda – für 120 Millionen | |
Dollar, während der Gesamtwert der Mine von unabhängiger Seite auf 3,1 | |
Milliarden geschätzt wurde. | |
## Schmiergelder in Millionenhöhe | |
Insgesamt gesehen hat Kongos Staat also die größte Kobaltmine der Welt für | |
rund 180 Millionen Dollar verschleudert, das sind wenige Prozent des realen | |
Werts. Und wo dieser Erlös landete, ist unbekannt. Gécamines gilt im Kongo | |
als Schwarzkasse des Regimes. | |
Wegen des Mutanda-Deals beendete der IWF 2011 die Zusammenarbeit mit dem | |
Kongo. Eine Untersuchung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan | |
bezifferte den Verlust für Kongos Staat durch Bergbaugeschäfte mit Gertler | |
auf 1,36 Milliarden Dollar – mehr als die Gesundheits- und Bildungsausgaben | |
des 80-Millionen-Einwohner-Landes zusammengenommen. Die New Yorker | |
Börsenaufsicht förderte zutage, dass Gertlers Firmen im Gegenzug | |
Schmiergelder in Millionenhöhe an mächtige Kongolesen gezahlt haben. Und | |
die Kampagnenorganisation Global Witness fand heraus, dass Glencore | |
fällige Abgaben im Kongo an ein Gertler-Unternehmen in der Karibik | |
überwiesen hat, auf Kreditbasis. | |
Um aus den negativen Schlagzeilen herauszukommen, hat Glencore seine | |
Partnerschaft mit Gertler beendet. Die Anteile von Gertler-Firmen an | |
Mutanda sowie an der Glencore-Mine Kamoto wurden im Februar von Glencore | |
aufgekauft – für 534 Millionen US-Dollar in bar. | |
Das klingt nach viel, aber Glencore erwartet Milliardengewinne aus dem | |
Kobaltboom. Die Kobaltpreise auf dem Weltmarkt haben sich seit 2015 | |
verdreifacht. Und nächstes Jahr soll auch die stillgelegte Mine Kamoto | |
wieder in Betrieb gehen. Analysten rechnen mit Zusatzeinnahmen für Glencore | |
aus Kongos Kobalt von 2,2 Milliarden Dollar bis 2019. | |
Die Kongolesen haben davon nichts. Kobalt und Kupfer unterliegen nicht – | |
wie die sogenannten Blutmineralien Tantal, Zinn und Wolfram – besonders | |
strengen Regulierungen. Denn nicht bewaffnete Gruppen kontrollieren ihren | |
Abbau, sondern Kongos Staat. Und der ignoriert, dass der Bergbau in Mutanda | |
die Flüsse verseucht und dass die Lebensbedingungen in den Bergbaustädten | |
Katangas dramatisch schlecht sind, mit Kinderarbeit, Missachtung | |
elementarer Sicherheitsstandards und Willkür durch Sicherheitskräfte. | |
25 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Kobalt | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kongo | |
Kobalt | |
Kobalt | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Verkehrswende | |
Kobalt | |
Automobilindustrie | |
Kongo | |
Tiefseebergbau | |
Energiespeicher | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bergbaukrise im Kongo: Weltgrößte Kobaltmine schließt | |
Ein Fünftel des Kobalts der Welt kommt aus Mutanda in der Demokratischen | |
Republik Kongo. Jetzt will Glencore die Mine dichtmachen. | |
Höhere Bergbausteuern im Kongo: Kabila will mehr vom Kobalt-Kuchen | |
Kongos Regierung will die Abgaben auf Kobaltförderung erhöhen. Das sieht | |
eine Novelle des Bergbaugesetzes vor. Den Kongolesen nützt das wenig. | |
Amnesty kritisiert Kinderarbeit im Kongo: Deutsche Autobauer profitieren | |
Kobalt wird für Mobiltelefone, Computer und Autos verwendet. Amnesty | |
beklagt Kinderarbeit in den Minen und dass die Hersteller zu wenig dagegen | |
unternehmen. | |
Kobaltförderung eingeschränkt: Kupferstreit im Kongo | |
Chinas Bergbaukonzern Sicomines darf keine unverarbeiteten Erze mehr aus | |
dem Land ausführen. Nutzt oder schadet das dem Kongo? | |
Krieg im Kongo: Vertrieben und schutzlos | |
Am Rand des Tanganyikasees leben hunderttausende Flüchtlinge im Elend. Es | |
ist ein humanitäres Drama und nur ein Teil einer verdrängten Katastrophe. | |
Kommentar Kritik an E-Autos: Öko wird’s nicht von allein | |
E-Autos sind nicht so sauber wie gedacht. Zwar gibt es auf europäischer | |
Ebene strenge staatliche Vorgaben, aber sie müssen auch umgesetzt werden. | |
Umweltbelastung durch Elektroautos: Batterien bauen – und was dann? | |
Für Elektroautos werden Rohstoffe benötigt, die bisher im Fahrzeugbau kaum | |
eine Rolle spielen. Nachhaltig wird das Ganze nur durch Recycling. | |
Zukunft der deutschen Autoindustrie: Das E-Auto kommt nicht von allein | |
Wie bringt man die deutschen Autobauer dazu, nicht länger an überkommenen | |
Technologien zu kleben ? Etwa mit einer Mindestquote für E-Autos? | |
Oppositionsführer im Kongo: Stachel in Kabilas Sitzfleisch | |
Dem exilierten und beliebten Politiker Moise Katumbi wird in Abwesenheit | |
der Prozess gemacht. Damit rückt die Wahl im Kongo in weite Ferne. | |
Regelung des Tiefseebergbaus: Eingeschränkte Jagd auf Rohstoffe | |
Das Umweltbundesamt und die Bundesanstalt für Geowissenschaften fordern | |
hohe Standards. Kontrollen durch NGOs sind schwer möglich. | |
Akkus für die Smartphone-Industrie: Mit der Energiedichte steigt das Risiko | |
Weltweit arbeiten Forscher daran, Energiespeicher noch besser zu machen. | |
Die Akkus sollen leistungsfähiger werden, aber auch kleiner. |