| # taz.de -- Rückgabe von NS-Raubkunst: Das geht auch bei Gebeinen | |
| > Erneut gibt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz NS-Raubkunst an Erben | |
| > zurück. Gut so – aber warum geht das nicht auch bei Gebeinen aus | |
| > kolonialer Zeit? | |
| Bild: Restituiert und zurückgekauft: „Fehmarnhäuser mit großem Baum“ von… | |
| Jetzt mal eine gute Nachricht: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) | |
| gibt neun als Nazi-Raubkunst erkannte Werke an die Erben eines jüdischen | |
| Kunstsammlers zurück, vermeldete am Dienstag die Nachrichtenagentur dpa. | |
| Und falls Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zu jenen gehören, die nun | |
| stöhnen, au weia, wenn das so weitergeht, sind die deutschen Museen bald | |
| leer, trösten Sie sich: Eines der Bilder, eine Radierung von Ernst Ludwig | |
| Kirchner namens „Fehmarnhäuser mit großem Baum“ (1908), bleibt in Berlin … | |
| die Stiftung hat es von den Erben zurückgekauft. | |
| Na bitte, möchte man der SPK zurufen, geht doch, weiter so! Zwar ist es | |
| nicht das erste Mal, dass die Verwalterin der Berliner Museenschätze | |
| solcherart Schlagzeilen macht: Nach eigener Darstellung hat sie in den | |
| letzten Jahren über 50 Rückgabeersuchen entschieden und dabei rund 350 | |
| Kunstwerke sowie 1.000 Bücher zurückgegeben. Übermäßig viel ist das | |
| allerdings nicht – mehr als 70 Jahre nach Kriegsende. Es braucht nicht viel | |
| Fantasie, um sich auszumalen, dass noch vieles in den hiesigen Depots | |
| schlummert, was Juden im NS abgepresst oder sonst wie gestohlen wurde. | |
| Aber immerhin passiert etwas auf dem Feld der NS-Raubkunst, die Mühlen der | |
| Aufarbeitung mahlen in diesem Fall – langsam zwar, aber sie mahlen. Dagegen | |
| steht die Erforschung der Herkunft von hiesigen ethnologischen Sammlungen | |
| und hierher verfrachteten menschlichen Gebeinen – von deren Rückgabe ganz | |
| zu schweigen – noch ganz, ganz am Anfang. | |
| So gab die SPK vor Kurzem bekannt, man beginne jetzt damit, die Herkunft | |
| Tausender Knochen und Schädel zu erforschen, die im Völkerkundemuseum | |
| gesammelt wurden. Vor 100 Jahren übrigens! Und wenn man nach zwei Jahren | |
| mit dem Forschen fertig ist, will man – vielleicht – ein paar Knochen | |
| zurückgeben. Das ist schon frech: Bei jüdischen Opfern würde sich das | |
| niemand getrauen zu sagen. Aber es passt zu der Laxheit, mit der auch die | |
| Politik die Folgen des deutschen Kolonialismus abtut: Bis heute weigert | |
| sich die Bundesregierung, die Opfer des Völkermords an den Herero und Nama, | |
| respektive deren Nachkommen, zu entschädigen. | |
| ## Keine Entschädigung für afrikanische Völkermord-Opfer | |
| Auch die aktuelle Debatte ums Humboldt-Forum zeigt, dass man mit | |
| problematischen Museumsbeständen nicht immer so sensibel vorgeht wie | |
| neuerdings bei NS-Raubkunst. Sie erinnern sich: Die Kunsthistorikerin | |
| Bénédicte Savoy trat vor einigen Wochen aus dem Expertenrat zum | |
| Humboldt-Forum aus, weil sie den Machern des Forums vorwirft, sie seien | |
| nicht wirklich an historisch-kritischer Aufarbeitung der eigenen Sammlung | |
| interessiert. | |
| Vor ein paar Tagen sprang Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ihr indirekt | |
| bei: Man müsse in der Tat alles daran setzen, „um den Eindruck zu | |
| vermeiden, dass diejenigen, die aus einer antikolonialen, aus einer | |
| kolonialkritischen Perspektive auf diese Einrichtung blicken, dort eher | |
| Störenfriede sind, die man nicht dabei haben will.“ | |
| Recht hat der Mann: Einem Museum, das nicht weniger bieten will als eine | |
| ganzheitliche Betrachtung der Welt, eine Neuerzählung der | |
| Menschheitsgeschichte, stünde dies gut zu Gesicht. | |
| 16 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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