# taz.de -- Streit um NS-Raubkunst: Flechtheim-Erben verklagen Bayern | |
> Um kaum eine Sammlung wird erbitterter gestritten als um den Nachlass des | |
> Galeristen Alfred Flechtheim. Jetzt ziehen seine Erben in den USA vor | |
> Gericht. | |
Bild: Michael Hulton gegen den Staat: Der Erbe Alfred Flechtheims verklagt Baye… | |
Berlin dpa | Nach einem jahrelangen erfolglosen Streit um die Rückgabe von | |
[1][möglicher NS-Raubkunst] haben die Erben des legendären jüdischen | |
Kunsthändlers Alfred Flechtheim den Freistaat Bayern vor einem US-Gericht | |
verklagt. Der deutsche Anwalt der Erben, Markus H. Stötzel, sagte am | |
Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, seine amerikanischen | |
Kollegen hätten die Klage beim Bundesbezirksgericht für New York Süd | |
eingereicht. | |
Flechtheims 70-jähriger Großneffe Michael Hulton aus San Francisco und | |
seine demnächst 90 Jahre alte Stiefmutter Penny Hulton aus England erheben | |
in dem Schriftsatz Anspruch auf acht wertvolle Werke der Klassischen | |
Moderne, darunter sechs Gemälde von [2][Max Beckmann] (1884-1950). | |
„Diese Bilder waren Teil der großen privaten Kunstsammlung Flechtheims. Er | |
verlor sie wegen der Politik von Rassenverfolgung und Völkermord“, heißt es | |
in der vom Anwalt zur Verfügung gestellten Klageschrift. | |
Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) habe sich einer | |
gütlichen Einigung mit den Erben verweigert, sagte Stötzel. „Bayern zwingt | |
unseren Mandanten damit einen Rechtsstreit auf, den man hätte vermeiden | |
können, aber man wollte ihnen wohl keine andere Wahl lassen.“ | |
## Bayern bisher bockig | |
Die beiden Erben liegen schon seit Jahren mit Bayern und den Bayerischen | |
Staatsgemäldesammlungen in Streit. Der Freistaat hat die Ansprüche bisher | |
stets zurückgewiesen. Es gebe keine Hinweise, dass dem Galeristen die | |
Bilder von den Nazis weggenommen oder abgepresst wurden, hieß es | |
wiederholt. So sei die Beziehung zwischen Flechtheim und Max Beckmann schon | |
1931, also deutlich vor Beginn der NS-Zeit, beendet worden. | |
Die Kläger machen dagegen geltend, Flechtheim sei noch 1933 Besitzer der | |
Werke gewesen. Erst nach seiner erzwungenen Flucht aus Deutschland hätten | |
sich die Nazis seines Eigentums bemächtigt. Das könne durch Dokumente aus | |
dem Nachlass des NS-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt und seines Sohnes | |
Cornelius belegt werden, die der Freistaat allerdings unter Verschluss | |
halte. Sie verweisen auf Beckmanns Gouache „Der Löwenbändiger“, die | |
Hildebrand Gurlitt erst 1934 von Flechtheim gekauft habe. | |
Schon im vergangenen Jahr hatten 29 Abgeordnete des US-Kongresses in einem | |
Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CDU) ein | |
stärkeres Engagement für die Rückgabe von NS-Raubkunst aus Bayern | |
gefordert. | |
Alfred Flechtheim (1878-1937) gehörte zu den bedeutendsten Figuren der | |
deutschen Kunstszene im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Nach seiner | |
Flucht nach London 1933 wurden seine Galerien in Düsseldorf und Berlin | |
liquidiert. Seine Witwe Betti nahm sich 1941 angesichts ihrer | |
bevorstehenden Deportation das Leben. | |
Auch mit anderen Institutionen gibt es Streit um das Erbe. Die Stadt Köln | |
gab 2013 nach einer entsprechenden Empfehlung der Limbach-Kommission ein | |
millionenschweres Kokoschka-Gemälde an die Flechtheim-Erben zurück. Auch | |
die Auseinandersetzung mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen um ein | |
Gemälde von Juan Gris schlug hohe Wellen. | |
6 Dec 2016 | |
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