| # taz.de -- NS-Raubkunstfund in München: Ringen um Meisterwerke | |
| > Bei dem spektakulären Kunstfund wurden 1406 Bilder in einer Wohnung | |
| > entdeckt. Die Klärung des Anspruchs von Museen und Erben wird | |
| > kompliziert. | |
| Bild: Vom Beamer abfotografiert: Das Selbstporträt von Otto Dix war bisher unb… | |
| BERLIN taz | Bilder von dem spektakulären Gemäldefund in München wird man | |
| so bald nicht sehen, auch nicht online. Das sagte gestern der Augsburger | |
| Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz bei der ersten Pressekonferenz seiner | |
| Behörde zu dem Fall, den sie ursprünglich als mögliches Steuervergehen | |
| übernahm. Ein solches Vorgehen könnte die Interessen von | |
| Anspruchsberechtigten verletzen. | |
| Die allerdings, etwa Markus Stötzel, Rechtsanwalt der Erben des jüdischen | |
| Kunsthändlers Alfred Flechtheim, sehen in der bisherigen Geheimhaltung des | |
| Fundes schon einen Verstoß gegen die sogenannte Washingtoner Erklärung. In | |
| ihr haben sich 44 Staaten über den Umgang mit NS-Raubkunst dahingehend | |
| verständigt, die Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und in | |
| der Frage der Rückgabe eine „gerechte und faire Lösung“ zu finden. Auch d… | |
| New Yorker Anwalt David Rowland, der zwischen 30 und 40 Erbengemeinschaften | |
| und Nachfahren jüdischer Kunstsammler vertritt, forderte absolute | |
| Transparenz bezüglich des Inhalts der Sammlung. | |
| Die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann von der Forschungsstelle | |
| „Entartete Kunst“ der Freien Universität Berlin, die auf der | |
| Pressekonferenz ebenfalls Auskunft über ihren bisherigen Kenntnisstand gab, | |
| vermutet allerdings, dass es sich bei den Bildern nicht nur um NS-Raubkunst | |
| handelt und die Ermittlungen noch lange andauern werden. Neben Werken der | |
| klassischen Moderne fanden sich auch deutlich ältere Werke in der Sammlung, | |
| etwa eines aus dem 16. Jahrhundert und eine ganze Reihe aus dem 19. | |
| Jahrhundert. | |
| Hoffmann sichtet die 1.285 ungerahmten und 121 gerahmten Gemälden, die bei | |
| Cornelius Gurlitt gefunden wurden, und versucht ihre Herkunft aufzuklären. | |
| Gurlitt übernahm die Kunstsammlung von seinem Vater, dem Kunsthändler | |
| Hildebrand Gurlitt, der 1956 tödlich verunglückte. Während der NS-Zeit | |
| hatte er im Auftrag der Nazis mit der von ihnen beschlagnahmten modernen | |
| „entarteten“ Kunst als Devisenbeschaffer gehandelt. Dazu beschaffte er | |
| Adolf Hitler für sein „Führermuseum“ in Linz jede Menge Altmeister aus den | |
| von der Wehrmacht besetzten Ländern. | |
| Die nun gefundenen Werke, so Meike Hoffmann, seien „von ganz | |
| außerordentlicher Qualität“. Zwar seien sie zum Teil verschmutzt, aber | |
| ansonsten in einem guten Zustand und fachgerecht gelagert gewesen. Einige | |
| der Bilder von Künstlern wie Picasso, Chagall, Marc, Nolde, Spitzweg, | |
| Renoir, Macke, Courbet, Beckmann, Matisse, Liebermann oder Dix seien bisher | |
| unbekannt gewesen. | |
| Die Durchsuchung der Wohnung habe, so erklärte dann der Leiter des | |
| Zollfahndungsamts München, Siegfried Klöble, nicht schon 2011, sondern erst | |
| letztes Jahr stattgefunden. Und anders als gemeldet lagern die Bilder nicht | |
| im Depot in Garching, sondern an einem anderen, geheimgehaltenen Ort. | |
| Unklar ist, wohin die Bilder gehen werden, wenn der Steuerfall geklärt ist. | |
| Die Grundsätze der Washingtoner Konferenz gelten für öffentliche Museen, | |
| Sammlungen, Archive und Bibliotheken, aber nicht für private Sammlungs- und | |
| Handelstätigkeit. Privateigentümer sind sogar explizit davon ausgenommen. | |
| Eigentumsdelikte gelten hier als verjährt. Cornelius Gurlitt könnte seine | |
| Sammlung also längst ersessen haben. | |
| Auch die Museen, die bei Gurlitt auf ihre enteigneten Modernen stoßen, | |
| können keine Rückgabeansprüche stellen. Als Eigentümer der Gemälde konnte | |
| das Deutsche Reich frei darüber entscheiden, sich von seiner Kunst zu | |
| trennen, aus welchem Grund auch immer. Dieser Sachverhalt wurde nach 1945 | |
| bestätigt, um dem Kunsthandel Rechtssicherheit zu geben. | |
| 5 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Brigitte Werneburg | |
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