# taz.de -- Verschollene Kunst wieder aufgetaucht: Picasso zwischen Müllbergen | |
> In seiner Wohnung soll ein Münchner einen unbezahlbaren Kunstschatz | |
> aufbewahrt haben – darunter Gemälde von Picasso, Matisse, Beckmann und | |
> Nolde. | |
Bild: Dieser Picasso hängt im Museum, andere sollen jahrzehntelang nie aus ein… | |
MÜNCHEN taz | Kunstfreunde jubeln und rätseln zugleich: In München sind | |
1.500 Kunstwerke gefunden worden, die als verschollen galten. Die Bilder | |
sollen nach Angaben des Magazins Focus von den Nazis als „entartete Kunst“ | |
beschlagnahmt worden sein. Gefunden wurden sie in einer anscheinend völlig | |
vermüllten Wohnung, wo sie zwischen Saftkartons und Konservendosen in | |
selbstgebauten Regalen lagerten. | |
Die zuständige Augsburger Staatsanwaltschaft hat den Fund bislang nicht | |
bestätigt. Regierungssprecher Steffen Seibert räumte zumindest ein: „Die | |
Bundesregierung ist seit mehreren Monaten über den Fall unterrichtet.“ | |
Der Zoll entdeckte die Drucke, Radierungen, Stiche und Gemälde laut Focus | |
bereits im Frühjahr 2011 in einer Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing, | |
die einem heute 80-jährigen Mann namens Cornelius Gurlitt gehört. Der soll | |
die Bilder von seinem Vater, dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, | |
übernommen haben. Gurlitt junior fiel dem Zoll auf, als er auf dem Rückweg | |
aus der Schweiz 18 neue 500-Euro-Scheine bei sich trug, die er wohl von | |
seinem Berner Galeristen erhalten hatte. | |
## Gesamtwert etwa eine Milliarde Euro | |
Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Beamten schließlich die Bilder. | |
Darunter sollen sich Werke renommierter Künstler befinden: von Pablo | |
Picasso über Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max | |
Beckmann, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner, Max Liebermann | |
bis Albrecht Dürer. | |
Der Wert der Bilder soll insgesamt etwa eine Milliarde Euro betragen. Sie | |
lagern aktuell in Garching bei München, wo sie von Meike Hoffmann von der | |
Forschungsstelle „Entartete Kunst“ der FU Berlin untersucht werden. | |
Hoffmann will am Dienstag eine Pressekonferenz zu ihren Ergebnissen geben. | |
Mehr als zwei Jahre lang hatten die Zöllner den Fund geheim gehalten - | |
offenbar, weil er so brisant ist: Unklar ist noch, wem die während der | |
NS-Zeit konfiszierten Werke gehören. Die Behörden befürchteten | |
diplomatische Verwicklungen. | |
So stammt etwa eines der Bilder, ein Matisse, wahrscheinlich aus der | |
Sammlung des Juden Paul Rosenberg. Dessen Enkeltochter Anne Sinclair, die | |
mit dem skandalumwitterten Exchef des Internationalen Währungsfonds, | |
Dominique Strauss-Kahn, verheiratet ist, kämpft seit Langem um von Nazis | |
gestohlene Bilder. Sie sei nicht über den Fund informiert worden, heißt es. | |
Die zurückhaltende Informationspolitik dürfte zudem ermittlungstaktisch | |
begründet sein: Noch nachdem der Zoll die Schwabinger Wohnung durchsuchte, | |
hat Gurlitt, der anscheinend vom Erlös der Werke lebt, ein Gemälde für | |
mehrere hunderttausend Euro verkauft. Nun wird spekuliert, dass es noch | |
weitere Wohnungen mit Raubkunst geben könnte. Bemerkenswert auch: Einige | |
der Bilder standen auf Listen für verschwundene Kunst - und doch konnte | |
Gurlitt sie problemlos verscherbeln. | |
3 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
K. Antonia Schäfer | |
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