# taz.de -- Kommentar Gurlitt-Ausstellung: Geniale Rollenverteilung | |
> Bei der Schau der Gurlitt-Sammlung in Bonn und Bern herrscht in Sachen | |
> Raubkunst eine klare Trennung. Die Schweiz meidet die toxischen Werke. | |
Bild: In der Schweiz lieber nur Heiteres | |
„Bestandsaufnahme Gurlitt“ ist der gemeinsame Titel zweier Ausstellungen | |
zur Sammlung des NS-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt in Bonn und Bern. Erst | |
2012 hatte die Öffentlichkeit von ihr erfahren, nachdem sie unter rechtlich | |
fragwürdigen Umständen bei seinem Sohn Cornelius in München beschlagnahmt | |
worden war. Inzwischen ist Cornelius Gurlitt gestorben. Erbe seiner | |
Sammlung ist das Kunstmuseum Bern. | |
Da der Großteil der Forschung zur Herkunft der Bilder über eine eigens | |
eingerichtete Taskforce in Deutschland geleistet wird, scheint es nur | |
richtig, die Sammlung nicht nur in Bern, sondern auch in Bonn zu zeigen. | |
Interessant ist freilich die Rollenverteilung. Die [1][toxischen Bilder], | |
bei denen noch nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass sie in der | |
NS-Zeit jüdischen Sammlern geraubt wurden, sind in Bonn zu sehen, wo sich | |
Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Eröffnung auf die eigene | |
Schulter klopfen darf. Hat sie doch den Fund als Chance erkannt, zumindest | |
das Bekenntnis zur Herkunftsforschung ganz oben auf die Tagesordnung der | |
Museen und sonstigen betroffenen Kulturinstitutionen zu setzen. | |
Bern dagegen vermeidet jede eitle selbstreferenzielle Geste, obwohl der | |
Fund auch hier hätte als Chance erkannt werden können. Denn im Mittelpunkt | |
der Berner Ausstellung stehen die nach der Washingtoner Erklärung | |
unbedenklichen, weil von den Nazis aus deutschen Museen als „entartet“ | |
beschlagnahmten Bilder. Bei der Erklärung zur Kunstpolitik der Nazis bleibt | |
freilich die Frage unterbelichtet, wo die Nazis und ihre Kunsthändler ihren | |
bevorzugten Handelsplatz fanden. | |
Der Schweizer Kunsthandel ist eben sakrosankt. Ihm kann es nur gefallen, | |
wenn Gurlitts Engagement für die Avantgarde − Gurlitt hatte diese später | |
verfemte Moderne ja schon früh, in den 1920er Jahren, gefördert und gekauft | |
− in Bern im Zentrum steht. Und irgendwann kommen dann ja auch die Bilder | |
aus Bonn, ganz ohne Imageprobleme für den Erben. | |
3 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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