# taz.de -- Werder-Präsident über radikale Fans: „Wir würden Rechte niemal… | |
> Der Präsident von Werder Bremen, Hubertus Hess-Grunewald, über Gründe für | |
> das gute Verhältnis zu linken Ultras und den Kampf gegen Rechte. | |
Bild: Insignien der Werder-Ultras: Pyrotechnik, Vermummung und Doppelhalter, au… | |
taz: Herr Hess-Grunewald, sind bei Heimspielen von Werder Neonazis? | |
Hubertus Hess-Grunewald: Wir können nicht ausschließen, dass es einzelne | |
Personen gibt, die sich im Stadion aufhalten. Sehr wohl können wir | |
ausschließen, dass sie eine Dominanz in der Kurve haben. Das ist ein | |
Verdienst unserer Fanszene allgemein und insbesondere unserer Ultras. Das | |
Zeigen von rechten Bannern, Symbolen und Klamotten wird in der Fankurve | |
nicht geduldet. | |
Das war nicht immer so: Anfang der 2000er waren rechte Hooligans wie die | |
Standarte, ehemals Standarte 88, und NS HB, also Nordsturm Bremen, in der | |
Ostkurve noch deutlich erkennbar. Warum hat sich das geändert? | |
Wir haben eine sehr differenzierte Ultra-Szene, aber bei allen gibt es | |
einen antirassistischen Grundkonsens, der ein offenes und positives Klima | |
in der Kurve erzeugt. Das eint die Ultras, obwohl sie in vielen | |
Detailfragen nicht immer einer Meinung sind. | |
Was passiert, wenn beim nächsten Heimspiel Rechte im Stadion auftauchten? | |
Das ist natürlich eine hypothetisch Frage, die man schwer beantworten kann. | |
Rechte Transparente würden wir unterbinden und gegen die Personen, die sie | |
verwendet haben, mit Stadionverboten und Ticketsperren vorgehen. Wir würden | |
Rechte niemals dulden. Der Verein positioniert sich in diesen Fragen sehr | |
eindeutig: Wir haben eine antirassistische und antidiskriminierende | |
Haltung, die wir auch nach außen tragen. Aber es ist auch so, dass wir | |
nicht zur Selbstjustiz aufrufen. Gewalt ist nicht das richtige Mittel und | |
niemals nachhaltig. | |
In Werders Kurve sind immer Antifa- und Regenbogen-Fahnen zu sehen, damit | |
ecken die Fans aber schon mal an. Die Ultras Leverkusen (UL) etwa | |
präsentierten beim Spiel gegen Bremen mal ein Banner auf dem „HetrosexUL – | |
Vereinsfarben uninteressant – Hauptsache die Homofahne in der Hand“ stand. | |
Welches Verhältnis hat denn der Verein zu seinen Fans? | |
Wir bekennen uns zur Vielfalt unserer Fans. Es gibt verschiedene Gruppen, | |
die sich unterschiedlich entwickelt haben und verschiedene Positionen haben | |
zu Fragen wie Gewalt und Pyrotechnik oder zur Frage, wie politisch der | |
Fußball ist. Da sind auch die Gräben zwischen den Gruppen manchmal tief. | |
Aber die Ultras sind ein wichtiger Bestandteil unserer Fanszene, machen | |
Choreos und organisieren Support. Außerdem sind sie ein kritischer und | |
harter Dialogpartner, pochen auf Fanrechte und diskutieren mit uns. Das ist | |
nicht immer leicht, aber dieser Dialog ist richtig und erforderlich. | |
Grundsätzlich haben wir ein positives Verhältnis zu den Ultras. | |
Tut es sehr weh, dass Werder für Pyrotechnik hohe Strafen zahlen musste? | |
Auch wir müssen einen kritischen Dialog führen. Bei Pyrotechnik und Gewalt | |
haben wir mit einigen Ultras unterschiedliche Auffassungen, die offenbar | |
nicht überbrückbar sind. | |
Und dann? | |
Kollektivbestrafungen lehnen wir ab, aber täterorientierte Aufklärung | |
machen wir schon. Das heißt: Wenn die Polizei Personen identifiziert hat, | |
werden wir tätig und holen uns die Strafen von den Tätern wieder. | |
Derzeit ermittelt die Polizei wegen einer [1][vermeintlich | |
gewaltverherrlichenden Choreografie] im Stadion. Der Verein genehmigte die | |
Choreo, bei der ein Banner mit vermummter Person samt Steinschleuder darauf | |
gezeigt wurde. Unterstützen Sie die Polizei da bei der täterorientierten | |
Aufklärung? | |
Wir haben keinen Aufruf zu Straftaten gesehen. Ansonsten hätten wir keine | |
Genehmigung erteilt. Bei der Genehmigung gibt es eine größtmögliche | |
Freiheit, weil es eine Choreo der Fans und nicht des Vereins ist. | |
Wie hat der Verein die Choreografie interpretiert? | |
Es war das 15-jährige Jubiläum der Ultra-Gruppe Cercle d’Amis. Und das | |
gezeigte Emblem begleitet sie seit Jahren. Diese Gruppe ist noch nie | |
gewalttätig im Stadion aufgefallen. | |
Eine Sprecherin der Innenbehörde sagte der taz: Steinschleudern könnten | |
gefährliche Waffen sein. | |
Ein neutraler Besucher kann über das Emblem natürlich ins Grübeln kommen. | |
Aber eine Gewaltverherrlichung haben wir nicht gesehen. Das Logo ist | |
permanent im Stadion zu sehen: auf Doppelhaltern, einer Schwenkfahne. Es | |
gab sogar schon vor zehn Jahren eine Choreo, bei der es gezeigt wurde. Eine | |
Anzeige hat es nie gegeben. Die Ultras waren total überrascht, dass sie | |
plötzlich in eine solche Ecke gestellt und Gegenstand eines | |
Ermittlungsverfahren wurden. | |
Die Innenbehörde kritisierte auch die Genehmigung durch den Verein. Der | |
Senator sei „irritiert“. Was sagen Sie dazu? | |
Innenbehörde und Werder Bremen haben viele Berührungspunkte. Wir arbeiten | |
an vielen Stellen sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Aber natürlich | |
liegen wir auch mal in Bewertungen auseinander. Das beste Beispiel ist | |
dafür der Streit über die Polizeikostenübernahme. | |
Den die Deutsche Fußball-Liga ja gerade vor dem Verwaltungsgericht gegen | |
die Stadt Bremen gewonnen hat. | |
Genau, der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Verhandlung am 10. Mai | |
und der Choreo am 13. mag auch einiges dazu beigetragen haben. Vor dem | |
Hintergrund der Geschichte der Ultra-Gruppe Cercle d’Amis ist uns der | |
Gedanke der Gewaltverherrlichung gar nicht gekommen. Wenn die Innenbehörde | |
darüber irritiert ist, kann ich das nur so zur Kenntnis nehmen. | |
Gibt es seit dem Streit über die Polizeikosten ein grundsätzliches Problem | |
mit Bremens Innenbehörde? | |
Nein. Beim Ingolstadt-Spiel, zum Beispiel, waren wir uns sehr einig. Da gab | |
es einen Pyro-Einsatz beim Heimspiel und Banner mit der Aufschrift | |
ACAB-Banner, also ein All-Cops-are Bastards-Banner. Und im Anschluss gab es | |
noch eine Attacke auf einen Polizeibeamten. Das war in der Kumulation | |
deutlich zu viel. Das haben wir im Fanbeirat auch sehr kritisch | |
aufgearbeitet und Sanktionen ausgesprochen. Da waren wir uns einig mit der | |
Innenbehörde. | |
Wie ist das Verhältnis der Ordner und Ordnerinnen zu den Ultras in der | |
Ostkurve? | |
Es ist hochsensibel. Wir haben keinen Zaun vor unseren Stehplätzen in der | |
Ostkurve – das ist einmalig in der Bundesliga. Die Absperrung ist nur 1,10 | |
Meter hoch. Natürlich kommt es manchmal zu Auseinandersetzungen, aber | |
unsere Ordner sollen sensibel mit allen Fans umgehen. Es hilft, regelmäßig | |
in Gesprächen die Sichtweisen abzugleichen. Aber die Situation ist oft | |
aufgeladen und hitzig. In der Ostkurve gibt es noch mehr Emotionen als | |
ohnehin schon im Fußballstadion und es gibt Situationen, die aufgrund von | |
Massendynamiken schwer zu kontrollieren sind. Aber gerade angesichts des | |
fehlenden Zauns muss man sagen: Es ist prima, wie sich die Fans in unserer | |
Kurve verhalten. | |
Gab es in der vorletzten Saison auch brenzlige Situationen? | |
Wir hatten ein, zwei Spiele, die uns schon brenzlige Situationen beschert | |
haben. Etwa im Frühjahr 2016 gegen Darmstadt, als wir 1:2 hinten lagen. Zum | |
Glück hat Claudio Pizarro noch kurz vor Schluss den Ausgleich geköpft und | |
so für sportliche Beruhigung der aufgeladenen Atmosphäre gesorgt. | |
Dieser Text ist Teil des Schwerpunkts über die Fankultur in norddeutschen | |
Fußballstadien – den ganzen Schwerpunkt lesen Sie in der taz.am Wochenende | |
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18 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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