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# taz.de -- Ultras in Braunschweig: Die unerwünschten Störenfriede
> Die linken Ultras sind in Braunschweig letztlich am Kampf gegen rechts
> zerbrochen. Der Verein sagt aber, es habe nie ein Problem mit einer
> rechten Szene gegeben.
Bild: Beim Spiel Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig schwenken Braunschwei…
Linke Ultras hatten es in Braunschweig nie leicht. Wer sich für eine offene
Gesellschaft einsetzte, wurde von rechten Fangruppen attackiert, und der
Verein verbannte die linken Störenfriede aus dem Stadion. Die Ultras
Braunschweig (UB) zerbrachen also am Kampf gegen rechte Fanstrukturen.
Aber von vorn: Die rechte Hooligan-Gruppe „Alte Kameraden“ ging 1981 aus
dem ersten Eintracht-Braunschweig-Fanklub hervor. „Deutschland den
Deutschen“ stand auf ihren Kutten. Seither erheben die rechten Hooligans in
der Fanszene den Führungsanspruch. „Vor allem junge Fans orientieren ihr
Verhalten nach den Ansichten der rechten Gruppen“, heißt es in der
Broschüre „Kurvenlage“.
## Initiative protokolliert rechte Fangewalt
Die Initiative gegen rechte (Hooligan-)Strukturen protokollierte in
„Kurvenlage“ bis 2012 rechte Fangewalt von Alt-Hooligans und
Nachwuchsgruppen wie Kategorie Braunschweig und Fette Schweine. Anhänger
dieser Gruppierungen haben Verbindungen zum Netzwerk Blood & Honour und zur
Burschenschaft Thormania. Einige Mitglieder arbeiteten auch als Ordner im
Eintracht-Stadion.
Die 2001 gegründeten UB kritisierten diese Strukturen. Fünf Jahre später
spalteten sie sich wegen politischer Differenzen: Drei Viertel der
AnhängerInnen bildeten mit Cattiva Brunsviga eine „unpolitische“, aber
rechtsoffene Ultragruppe. Die restlichen 30 Mitglieder wagten einen
linksorientierten Neuanfang. Seitdem gelten sie in der Fanszene als
Störenfriede.
## Geschäftsführer weist Vowurf zurück
Laut Soeren Oliver Voigt, dem Geschäftsführer der Eintracht, versuchten die
UB, der Fanszene ein Naziproblem anzuheften. In den 80er- und 90er-Jahren
habe es dieses Problem auch gegeben. Inzwischen habe sich die Situation
jedoch grundlegend geändert. „Problematische Situationen werden verfolgt
und geahndet“, sagt Voigt. Er führt das Verhalten der UB auf das verhängte
Stadionverbot zurück.
2008 verbannte der Verein 121 UB-Mitglieder wegen der Konflikte mit rechten
Fans aus dem Stadion. Fortan begleiteten sie die Amateurmannschaften zu den
Spielen, aber sie fühlten sich ungerecht behandelt: „So sind uns einige
Leute verlorengegangen“, hieß es. Erst 2012 kehrten die UB ins Stadion
zurück – und konnten es nur unter Polizeischutz wieder verlassen. Denn sie
zeigten ein Transparent mit der Aufschrift „Keine Eintracht mit Nazis“ und
daraufhin griffen rechte Fans sie an.
## Viele Fans lehnen Ultras ab
2013 wagten sich die UB im Erstligaspiel gegen Mönchengladbach in den
Fanblock und die Situation eskalierte. Ordner retteten die linken Ultras in
einen angrenzenden Block. Der Verein verbot den UB, im Stadion als Gruppe
aufzutreten – machte die Opfer zu Tätern. Gespräche zwischen Verein, der
Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt und Vertretern der Fanszene
blieben ergebnislos. Es gebe einen „breiten Konsens der Fanszene“, die
Zusammenarbeit mit den UB abzulehnen. Der 2010 gegründete Fanrat, eine Art
Dachverband der Braunschweiger Fanszene, zog sich daher zurück.
Um das Stadionverbot zu umgehen, löste sich die Ultragruppe zu Beginn der
Saison 2016/17 auf.
„Der überwiegende Teil der Fans lehnt die Ultras Braunschweig weiterhin ab,
da Politik jeder extremen Form nicht in unser Stadion gehört“, sagt Michael
Vieth vom Fanrat. Daran habe auch die Auflösung der Gruppe nichts geändert.
## Ultras sehen positive Entwicklung
Die UB sieht heute aber auch positive Entwicklungen: Fans arbeiteten an
einem „unpolitischen“ Auftreten und agierten nicht mehr offen rechts. Der
Verein habe seine gesellschaftspolitische Rolle erkannt, leiste
Präventionsarbeit und gehe rechtlich gegen rechte Fans vor.
Homophobe, sexistische und antisemitische Choreografien – wie in der
vergangenen Saison im Derby gegen Hannover 96 – werden aber geduldet. Sie
sind dem Fanrat offenbar nicht extrem genug.
21 Jun 2017
## AUTOREN
Lukas Thöle
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