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# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Rituelle Zündeleien
> Die „Bild“-Zeitung will Normalo-Fans mit populistischen Schlagzeilen
> gegen Ultras mobilisieren – das passt auch dem DFB.
Bild: Kaiserslauterer Fans demonstrieren gegen Kollektivstrafen und für die Be…
Sommerloch? Nicht mit der Bild. Ein altes, neues Thema, und schon ist die
neue Serie „Deutschland, deine Ultras“ (Titel vom Autor dieser Kolumne frei
erfunden) fertig. Die rituellen Zündeleien beim Pokalspiel Hertha BSC gegen
den FC Hansa Rostock kamen da genau richtig.
Es begann verhalten mit „Erster Fußball-Star fordert Knast für Ultras“. B…
dem „Star“ handelte es sich um den Gladbacher Jannik Vestergaard. Dieser
erklärte kurz darauf: „Diese Schlagzeile kann ich absolut nicht
nachvollziehen, denn ich habe in diesem Zusammenhang weder das Wort Ultras
in den Mund genommen noch habe ich irgendwelche Fans oder Ultras
pauschalisiert. Mit solchen Pauschalurteilen wird medial versucht, einen
Keil zwischen Spieler und Fans zu treiben.“
Denn darum geht es Bild und Teilen des DFB tatsächlich. Der
durchschnittliche Fan soll auf die eigene Seite gezogen, überzogene
Maßnahmen gegen die kommerz- und eventfeindlichen Ultras so gerechtfertigt
werden. Manchmal funktioniert das auch, in Karlsruhe gipfelte es einst in
„Ultrasch rausch!“-Rufen (zu Deutsch: Ultras raus!) der gewöhnlichen
Stadionbesucher.
Zurzeit ist die Stimmung allerdings zwiegespalten. Spätestens mit Helene
Fischer hat es sich der DFB auch mit vielen Normalos verscherzt. Den Ultras
geht es bei ihrem aktuellen, herrlich subtilen Protest („Fick dich, DFB“)
allerdings um wesentlich konkretere Forderungen, wie die Abschaffung von
Kollektivstrafen oder die Beibehaltung der 50+1-Regel, welche verhindern
soll, dass Großunternehmen die vollständige Kontrolle über die
Profimannschaften übernehmen. Das ist relativ nachvollziehbar – also legte
die Bild nach.
## Die Devise lautet: Auf sie mit Gebrüll!
Nun behauptete man, der DFB-Vize Rainer Koch wurde bei einem Treffen mit
Ultras von diesen bedroht. Der Mann erklärte leider umgehend, dass er
überhaupt nicht bedroht worden sei. Peinlich für die Zeitung, die das
behauptet, möchte man meinen. Vielleicht ein Moment, in dem man innehalten
und sich hinterfragen sollte.
Aber wenn man erst mal in die Schlacht gezogen ist, sieht es dumm aus, wenn
man mittendrin feststellt, dass der Grund für den Krieg nonexistent war,
das mussten schon die größten Staatsmänner feststellen. Die Devise lautet
also weiterhin: Auf sie mit Gebrüll! Vorläufiger Höhepunkt: „Drogen, Huren,
Rocker-Clubs: Das schmutzige Geschäft der Hooligans“. Wo kommen wir denn da
hin, wenn die Logensitzer von der Bild die Einzigen sind, die auf
schmutzige Art und Weise ihr Geld verdienen. Gleiches Recht für alle!
Und genau jetzt, wenn der Boden für populistische Forderungen unwissender
Politiker so schön geebnet ist, fährt der DFB der Kampagne in die Parade,
geht einen Schritt auf die Ultras zu, setzt unter anderem die
Kollektivstrafen mit sofortiger Wirkung aus und signalisiert ernst zu
nehmende Gesprächsbereitschaft.
Quo vadis, Bild? Nach vorne natürlich. Deshalb hier die Vorschläge für die
nächsten Teile der großen Ultra-Reihe: „Unheilige Allianz: ISIS und Ultras
vereint“ und „Tabuthema Pädophile Ultras – Sind unsere Kinder noch
sicher?“. Julian Reichelt, übernehmen Sie!
22 Aug 2017
## AUTOREN
Juri Sternburg
## TAGS
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Ultras
Deutscher Fußballbund (DFB)
Tanit Koch
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