# taz.de -- Polizeischikanen beim Nordderby: Werder kritisiert die Polizei | |
> Wegen stundenlanger Kontrollen verpassten Bremen-Ultras mal wieder das | |
> Nordderby beim HSV. Der Werder-Präsident kritisiert die Polizei deutlich. | |
Bild: Polizisten durften beim Nordderby zum Stadion. Viele Werder-Ultras nicht | |
Bremen taz | Deutliche Kritik muss die Hamburger Polizei nach einem Einsatz | |
beim Fußballspiel zwischen dem Hamburger SV und Werder Bremen einstecken. | |
Sechs Stunden lang hielten die BeamtInnen 171 Werder-Ultras in 31 | |
Fahrzeugen vergangenen Samstag auf einem Parkplatz fest, um die Fans nach | |
Kontrollen wieder nach Hause zu schicken. | |
Die Geschäftsführung von Werder Bremen nannte das Vorgehen der Polizei am | |
Dienstag „überzogen und nicht nachvollziehbar“. Das Bremer Fanprojekt hatte | |
die Aktion zuvor als „Schikane der Hamburger Polizei“ bezeichnet. Bereits | |
das dritte Jahr in Folge verpassten Teile der Bremer Gästefans nach | |
Polizeieinsätzen das Nordderby. | |
Die Polizei rechtfertigt den Einsatz mit der „konspirativen Anreise“ der | |
Werder-Ultras, die es „zwecks Gefahrenabwehr“ notwendig gemacht hätte, die | |
Personen für Kontrollen festzuhalten. Durch Anreisen in Privatautos hätten | |
„die Bremer Problemfans“ versucht, „polizeiliche Maßnahmen zu umgehen“… | |
„sie wollten in der Masse der Supermarkteinkäufer nicht als Gruppe in | |
Erscheinung treten, um von dort aus konzertiert vorzugehen“. Hamburgs | |
Polizeisprecher Timo Zill glaubt, die Werder-Fans hätten | |
Auseinandersetzungen mit HSV-Fans gesucht. Und nach den Kontrollen sei es | |
ja auch ruhig geblieben, so Zill. | |
„Bei der Argumentation können wir gleich die Gästebereiche aller | |
Bundesligastadien schließen“, sagte Werder-Präsident Hubertus | |
Hess-Grunewald dazu. Die vorigen Nordderbys in Bremen seien ruhig | |
geblieben, obwohl „beide Fanszenen im Stadion waren“. Er nannte das | |
„pauschale Misstrauen“ gegenüber den Werder-Fans „unverständlich“. Die | |
individuelle Anreise sei nicht verboten. Nach Gesprächen mit „Beteiligten, | |
Augenzeugen, Fanvertretern und Polizeibeamten“ sei Werder davon überzeugt, | |
dass die Polizeimaßnahme „mehr Schaden angerichtet, als zu einem | |
friedlichen Nordderby beigetragen hat“. | |
## „Fast schon Wettbewerbsverzerrung“ | |
Ein Werder-Ultra sagte der taz: „Das sind Machtspielchen. Die wollten | |
deutlich machen: Wir haben das Sagen.“ Die Polizei versuche aus der | |
heterogenen Fanszene einen „gewaltbereiten Haufen zu konstruieren“. | |
Bei den sechstündigen Kontrollen von Fahrzeugen und Personen fand die | |
Polizei acht Schlauchschals, fünf Mundschutze, zwei Handschuhe, ein | |
Pfefferspray sowie ein Einhandmesser. Zudem habe „ein Problemfan hat die | |
Fahrzeugtür eines szenekundigen Polizeibeamten in Zivil aufgerissen und ihn | |
bedroht“, so Polizeisprecher Zill. | |
Susanne Franzmeyer vom Bremer Fanprojekt ist im Laufe der Kontrollen hinzu | |
gekommen. Die Soziologin sagt über den Polizeieinsatz: „Ich bin vollkommen | |
fassungslos, dass solche Maßnahmen möglich sind.“ Derjenige, der für den | |
Angriff auf das Auto verantwortlich war, sei kein Ultra gewesen und alle | |
anderen hätten sich friedlich und kooperativ verhalten. Es sein ein | |
leichtes Gewesen, die friedlichen Fans mit Shuttle-Bussen zum Stadion zu | |
bringen. | |
## „Der lebt in einer völlig anderen Welt oder macht Politik“ | |
Franzmayer glaubt, die Maßnahmen hätten „absichtlich lang“ gedauert, um | |
sicher zu stellen, dass die BremerInnen das Spiel verpassten. „Das war ja | |
fast schon Wettbewerbsverzerrung“, sagte Franzmayer. Es seien viele junge | |
Ultras dabei gewesen, die überhaupt noch nie aufgefallen sind. „Die wollten | |
einfach nur ins Stadion“, sagt Franzmayer. Später seien die Fans „einfach | |
nur gefrustet“ gewesen: „Die haben sich abgefunden und Pizza bestellt. Sie | |
mussten streng bewacht in ihren Autos warten und mit behelmten Polizisten | |
zur Toilette gehen.“ | |
„Dass es zum dritten Jahr in Folge die Bremer Fanszene trifft, ist | |
auffällig“, sagte der Bremer Ultra. Die Vorstellungen der Hamburger Polizei | |
seien fragwürdig. „Bei 500 bis 700 Werder-Ultras gibt es einen | |
gewaltbereiten Anteil, aber der ist total gering.“ Wenn sich Leute wirklich | |
prügeln wollten, „dann verabreden sie sich irgendwo weit außerhalb, aber | |
nicht in der Nähe des Stadions.“ Das liege dem Großteil der Bremer | |
Ultra-Szene allerdings fern. Sie habe vielmehr einen | |
„antidiskriminatorischen Anspruch, nimmt Geflüchtete mit ins Stadion und | |
macht politische Arbeit.“ | |
Die Maßnahmen der Hamburger Polizei und die Aussagen des Polizeisprechers | |
Zill haben nicht nur in Bremens Vereinsführung, sondern auch bei dem Ultra | |
für Unverständnis gesorgt: „Entweder lebt der in einer völlig anderen Welt. | |
Oder er weiß es besser und macht Politik.“ | |
3 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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