Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Diskussion um „Hate Speech“: Hass bleibt privat
> Online-Netzwerke müssen endlich gegen Hetze und Hasskriminalität
> vorgehen. Dazu zwingt sie ein Gesetz. Zufrieden damit ist niemand.
Bild: Private Unternehmen entscheiden, was legal und was illegal ist: Heiko Maa…
„Ich bin dafür, dass wir die Gaskammern wieder öffnen und die ganze Brut da
reinstecken.“ „Geh sterben, du schwule Sau!“ „Merkel muss öffentlich
gesteinigt werden.“ Hate Speech im Internet findet täglich in vielfältiger
Form in sozialen Medien statt. Unter dem Begriff werden verleumderische und
beleidigende Aussagen gegen einzelne Personen sowie gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit gefasst.
Lange wurde ein härterer Umgang mit Hasskommentaren im Netz gefordert.
Justizminister Heiko Maas (SPD) sah sich in der Verantwortung: „Für
strafbare Hetze darf in den sozialen Netzwerken genauso wenig Platz sein
wie auf der Straße. Dies besser durchzusetzen, sind wir den Opfern
schuldig.“
Am 5. April hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf gebilligt, der
Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten in sozialen Netzwerken
bekämpfen soll. Der Entwurf mit dem sperrigen Namen
„Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ zwingt die Plattformen zu verstärktem Einsatz
gegen Hate Speech, ansonsten drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro.
Ihre Pflicht wird es zukünftig sein, Posts bei „eindeutig illegalen
Inhalten“ innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Bei schwierigen Inhalten
wird den Plattformen eine Entscheidungsfrist von sieben Tagen gegeben.
Zusätzlich müssen sie den Nutzer*innen ein funktionierendes System zum
Melden zur Verfügung stellen, eine*n Ansprechpartner*in benennen sowie
einmal im Quartal einen Rechenschaftsbericht auf ihrer Seite
veröffentlichen. Der Bericht muss transparent machen, was gemeldet und was
davon gelöscht wurde sowie wie viele Menschen insgesamt für die Aufgabe
abgestellt sind.
## „Unpassende Beiträge“
Zufrieden mit dem Gesetzesvorschlag ist außer dem Kabinett keine*r. Klar,
dass die Plattformen mit dem Gesetz nicht einverstanden sind: Großer
Arbeitsaufwand und hohe Bußgelder drohen Google, Facebook und Twitter,
wenn sie nicht schnell genug reagieren. Schon jetzt müssen die sozialen
Netzwerke strafbare Inhalte löschen, bisher aber ohne strafrechtliche
Folgen.
Heiko Maas nannte aktuelle Zahlen dazu: Während Twitter nur ein Prozent
lösche, seien es bei Facebook 50, bei YouTube 90 Prozent. Doch durch das
Löschen droht ein „Overblocking“ – kürzlich geschehen bei britischen
Vlogger*innen. Ihre Videos wurden versteckt und konnten nicht mehr
kommentiert werden.
YouTube beabsichtigte durch das Verstecken, „unpassende Beiträge“ nicht
mehr so einfach zugänglich zu machen. Doch durch ihren Versuch wurden vor
allem LGBT*-freundliche Inhalte geblockt. Dazu zählte beispielsweise ein
Video, in dem ein lesbisches Paar seine Ehegelöbnisse vorlas.
Kritik kommt auch von anderer Seite. Der Deutsche Journalisten-Verband
sieht in dem Gesetz eine Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in
Deutschland.
Die Amadeu Antonio Stiftung, selbst aktiv gegen Hate Speech, kritisiert,
dass private Unternehmen entscheiden, was legal und was illegal ist. Auf
die Vorwürfe der Plattformen reagierte Maas und änderte seinen Vorschlag:
Bußgelder fallen nun nicht nach einem einzelnen Fehlverhalten der
Plattformen an.
## Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Doch Kritik am Gesetz ist weiterhin angebracht. Der Staat macht aus
privaten Unternehmen Meinungspolizist*innen, die von nun an entscheiden, ob
Hetze gegen Geflüchtete oder Morddrohungen gegen Journalist*innen im Netz
stehen dürfen oder nicht.
Man stelle sich Gleiches außerhalb des Internets vor: Auf der Straße werde
ich verbal oder tätlich angegriffen. Doch statt die Polizei zu rufen, wende
ich mich an eine private Sicherheitsfirma. Diese entscheidet, ob der
Angriff illegal war. Dabei sollten das, auf der Straße wie im Netz,
Aufgaben der Justiz sein.
Gegen digitale Gewalt im Netz vorzugehen, ist wichtig. Maas' Gesetzentwurf
hat einige Punkte, die helfen können und die die Plattformen zwingen,
Verantwortung zu übernehmen. Aber was geschieht mit den Nutzer*innen, die
hetzen und Cybermobbing betreiben? Bleiben sie unbestraft? Müsste nicht die
Polizei zuständig für das Löschen illegaler Inhalte sein? Und ist diese
überhaupt genügend sensibilisiert für das Thema Hate Speech?
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus oder Antisemitismus
kommt, wie Maas sagt, gleichermaßen auf der Straße wie im Netz vor. Sie zu
bekämpfen bleibt eine Aufgabe, die über das Löschen einzelner Posts
hinausgeht: Eine die Politik, Jusitz, Soziale Medien und die Gesellschaft
gemeinsam in Angriff nehmen müssen.
5 Apr 2017
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Soziale Netzwerke
Heiko Maas
Hate Speech
Schwerpunkt #metoo
Hate Speech
Schwerpunkt Rassismus
Cyberkriminalität
Schwerpunkt Pegida
Hate Speech
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Überwachung
Hasskommentare
Sascha Lobo
Schwerpunkt Meta
Rechtspopulismus
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Zeitungskrise
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Männerwelten“-Video von Joko & Klaas: Nur ein Schlaglicht
Mehrere Frauen thematisieren 15 Minuten lang sexualisierte Gewalt. Eine
starke Aktion, bei der jedoch wichtige Perspektiven fehlen.
Kampagne gegen Hate Speech: Hasskommentare sind #NichtEgal
YouTube will mit Workshops an Schulen junge Menschen für das Thema Hassrede
im Netz sensibilisieren. 21 Stars der Plattform machen mit.
Kommentar Hasskriminalität und AfD: Das System muss reformiert werden
Auch wegen der AfD sind rassistische Äußerungen mehrheitsfähig geworden.
Hasskriminalität wird in Deutschland nicht strukturiert erfasst.
Polizeivideo gegen Cybergrooming: Clip warnt vor Gefahren im Netz
Zum Beginn der Gamescom will die Polizei darüber aufklären, wie leicht
Kinder Opfer von sexueller Gewalt im digitalen Raum werden können.
AfD und Pegida wollten Auftritt stören: Maas bleibt locker
Hate Speech war genau sein Thema. Wie der Justizminister Heiko Maas bei
einem Vortrag in Dresden auf Krawall-Populisten trifft.
Hass gegen Prominenten-Kinder: Alessio geht es nicht gut
Die Sprüche, die über Promis kursieren, sind hämisch. Noch fieser wird es,
wenn sie sich gegen ihre Kinder richten.
Rassistische Polizisten in Finnland: Mal nach den Rechten schauen
Mehr als ein Drittel aller finnischen Polizisten ist in einer rassistischen
Facebook-Gruppe. Für den ersten gab es bereits persönliche Konsequenzen.
Gesetz gegen Hate Speech im Netz: Ein Minister macht sich Feinde
Facebook, Journalisten und Netzaktivisten vereinen sich zum Widerstand
gegen Heiko Maas. Dem könnte diese Melange zum Verhängnis werden.
Streit um Hass-Kommentare bei Facebook: „Ich war's nicht“
Unter dem Facebook-Profil von Eduard S. wurde ein Mord gebilligt. Die taz
berichtete, S. klagte. Ein neues Gesetz soll Hass im Netz eindämmen.
Sascha Lobo zu Netzdurchsetzungsgesetz: „Ich suche die echte Debatte“
Am Freitag debattiert der Bundestag über einen Gesetzentwurf von Heiko
Maas. Netzwerke sollen Hetze schneller löschen. Sascha Lobo will mehr
Dialog.
Internes Dokument geleaked: Facebook wird gefühlig
Facebook kann den Gefühlszustand seiner Nutzer erkennen. Das behauptet der
Konzern jedenfalls gegenüber seinen Kunden.
Debatte Rechtspopulismus in Europa: Jeder kann etwas dagegen tun
Konfrontation im Netz: Wie ein slowakischer Rentner Rechtsextreme im
Internet an den Pranger stellt und zur Weißglut treibt.
Politik auf Facebook: Showmaster Bernie Sanders
Er ist nicht Präsident und erreicht doch Millionen. Bernie Sanders macht in
seiner Facebook-Show Politik. Ist er der neue Trump?
Kunstinstallation hewillnotdivide.us: Einfach niedergeschrien
Internet-Trolle haben versucht, ein Netzkunstwerk zu zerstören. Es sollte
die Einheit der Amerikaner gegen Trump zeigen.
Debatte Rechtspopulismus in Europa: Keine Angst vor AfD-Fans!
Es bringt nichts, mit Hass auf Hass zu reagieren. Ich rede mit Anhängern
von AfD, Pegida & Co. Denn: Ist an unserer Politik wirklich alles richtig?
Studie zu Hate-Speech im Netz: Feindbild Medien
Hass und Aggressionen behindern die journalistische Arbeit zunehmend. Die
Wut richtet sich nicht allein gegen Einzelne, sondern gegen den
Berufsstand.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.