# taz.de -- Streit um Hass-Kommentare bei Facebook: „Ich war's nicht“ | |
> Unter dem Facebook-Profil von Eduard S. wurde ein Mord gebilligt. Die taz | |
> berichtete, S. klagte. Ein neues Gesetz soll Hass im Netz eindämmen. | |
Bild: Es wird zu wenig gelöscht auf Facebook, findet Heiko Maas | |
Saarbrücken taz | Als Opfer von Internetmobbing sieht sich Eduard S., der | |
seit zwei Jahren vor Gericht gegen die taz und das Deutsch-Türkische | |
Journal (DTJ) klagt. Vor dem 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) | |
Saarbrücken bestritt S. am Freitag nicht nur, Autor eines Mordaufrufs gegen | |
die Erziehungswissenschaftlerin Elisabeth Tuider gewesen zu sein, über den | |
taz und DTJ im Juli 2014 berichtet hatten. | |
Erstmals erklärte er zudem, er sei auch nicht der Urheber aller anderen | |
homophoben und ausländer- oder islamfeindliche Posts unter seinem Namen, | |
die sich in den Prozessakten befinden. Ein unbekannter Dritter habe wohl | |
seinen Facebook-Account gehackt und über Monate Posts in seinem Namen | |
abgesetzt, erklärte S. die Veröffentlichungen. Anlass für den Rechtsstreit, | |
der inzwischen ins dritte Jahr geht, waren eine Hassbotschaft gegen Tuider. | |
Daraus zitierte die taz: „Ein Eduard S. (Name in der Erstveröffentlichung | |
vollständig) hätte 'nichts dagegen, diesen Genderlesben 8 mal 9 mm in das | |
dumme Hirn zu jagen.“ | |
S. will von diesem Post erst durch einen Geschäftspartner erfahren haben | |
und hatte damals Strafanzeige bei der Polizei gestellt. Deren Ermittlungen | |
ergaben, dass diese Botschaft nachweisbar von S.’ Facebook-Account | |
abgesetzt worden war. Die Staatsanwaltschaft fand zudem „keine | |
Anhaltspunkte dafür, dass der Account gehackt worden sei“. In erster | |
Instanz hatte das Landgericht Saarbrücken S.’ Klage auf Löschung seines | |
Namens in den Berichten von DTJ und taz stattgegeben. DTJ und taz gingen | |
dagegen in Berufung. | |
Am Freitag wollte der zuständige OLG-Senat von S. vor allem wissen, wie er | |
sich die Posts unter seinem Namen erklärt. Deshalb war sein persönliches | |
Erscheinen angeordnet worden. Viel schlauer waren die Richter nach zwei | |
Stunden Befragung indes nicht. S. bekannte lediglich: „Ich war in diesen | |
Dingen nachlässig.“ Er habe zum Beispiel das gleiche Passwort für alle | |
seine Internetzugänge gewählt. Doch ihm fehle jede Idee, wer für die vielen | |
Posts unter seinem Namen verantwortlich gewesen sein könnte: „Ich kenne | |
keinen Feind, dem ich das zutrauen würde“, so S. Als selbstständigem | |
Versicherungsberater hätten ihm die Veröffentlichungen über den Post sehr | |
geschadet. Mit den islam- und homophoben Äußerungen habe er nichts zu tun: | |
„Das ist nicht meine Denkweise, da muss jemand meinen Namen missbraucht | |
haben“, versicherte S. | |
## Berichterstattung der taz war korrekt | |
Die Vorsitzende Richterin Anne Müller ließ erkennen, dass in diesem | |
Verfahren möglicherweise zwei Rechtsfragen zu entscheiden seien. Zum einen | |
gehe es um die Berechtigung der Berichterstattung zum Zeitpunkt der | |
Veröffentlichung des umstrittenen Posts. Es sei zudem abzuwägen, ob solche | |
Veröffentlichungen für alle Zeiten verfügbar bleiben müssten oder ob nicht | |
zu einem späteren Zeitpunkt bei Bewertung aller Umstände die | |
Persönlichkeitsrechte Vorrang hätten. Zu dieser Frage kündigten alle | |
Prozessbeteiligten schriftliche Stellungnahmen an. Ende Juni wird der | |
Prozess fortgesetzt, möglicherweise bereits mit einem Urteil. Dass die | |
ursprüngliche Berichterstattung von taz und DTJkorrekt war, scheint | |
inzwischen unstrittig. Selbst Kläger S. gab vor Gericht zu Protokoll: „Es | |
stand ja tatsächlich unter meinem Namen da.“ | |
Im Bundestag hat unterdessen Bundesjustizminister Heiko Maas seinen | |
Gesetzentwurf gegen Hass im Netz verteidigt. „Die gängige Praxis zeigt, es | |
wird nicht zu viel gelöscht, sondern viel zu wenig gelöscht.“ In Zukunft | |
sollen strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden entfernt werden, | |
andernfalls drohen Facebook oder Twitter Bußgelder bis zu 50 Millionen | |
Euro. Kritiker warnen vor einer Bedrohung der Meinungsfreiheit. | |
19 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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