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# taz.de -- Stabile Mieten: Schöner wohnen mit der Linken
> Senat und Wohnungsbausgesellschaften einigen sich auf sozialere Vorgaben:
> So dürfen etwa die Mieten jährlich nur um zwei Prozent steigen. Nicht
> alle sind zufrieden.
Bild: Senatorin Lompscher (Mitte) mit der Geschäftsführerin der Howoge, Stefa…
Selig sind die Mieter von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, denn sie
werden besser geschützt sein. Auch wenn Stadtentwicklungssenatorin Katrin
Lompscher (Linkspartei) am Mittwoch keine Bergpredigt hielt, hatte sie doch
Erfreuliches zu verkündigen: Der Senat und die sechs
Wohnungsbaugesellschaften haben sich auf eine Kooperationsvereinbarung
verständigt, die die Unternehmen deutlich stärker sozial ausrichtet.
Menschen mit wenig Geld sollen leichter an freie Wohnungen bei Gesobau,
Howoge und Co kommen. Und wer schon bei den Landeseigenen lebt, soll
künftig vor größeren Mieterhöhungen sicher sein.
Den Wohnungsbaugesellschaften gehören rund 300.000 der insgesamt 1,9
Millionen Wohnungen in Berlin, also etwa jede Sechste. Da es für den freien
Markt nur wenige politische Instrumente gegen Mietsteigerungen gibt, will
Rot-Rot-Grün über die Wohnungsbaugesellschaften Einfluss nehmen. „Wir sind
einen großen Schritt weitergekommen und setzen wichtige Teile des
Koalitionsvertrags um“, freute sich Lompscher.
So soll die Miete bei den landeseigenen Gesellschaften jährlich um maximal
zwei Prozent steigen können. Zum Vergleich: Im Mietenbündnis von 2012, das
der jetzigen Vereinbarung vorausging, wurden die Mieterhöhungen auf 15
Prozent in vier Jahren begrenzt, der Spielraum war deutlich größer. Die
jetzige Zwei-Prozent-Regelung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2017.
Menschen mit geringem Einkommen sollen zudem leichter an eine Bleibe bei
den kommunalen Vermietern kommen. Lompscher zufolge werden bei den
Gesellschaften jährlich rund 15.000 Wohnungen frei. Bisher galt, dass 55
Prozent davon an Menschen mit Wohnberechtigungsschein gehen, in Zukunft
sind es 60 Prozent. Bisher sollten in jede zehnte der Wohnungen Bedürftige
wie Flüchtlinge oder Obdachlose einziehen, jetzt in jede Sechste. Nur in
sozialen Brennpunkten dürfen die Gesellschaften von diesen Quoten
abweichen.
Noch eine Neuerung im Sinne der Ärmeren gibt es: Wer schon bei den
landeseigenen Gesellschaften wohnt, kann eine Absenkung seiner Miete
beantragen, wenn sie mehr als 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens
auffrisst. In der Vergangenheit war es nur möglich, auf diesem Weg
Mietsteigerungen abzuwenden.
Ob sich die Wohnungsbaugesellschaften auch an die Vereinbarung halten, soll
die kürzlich geschaffene Wohnraumversorgungs-Anstalt kontrollieren. Dort
sitzt mit Jan Kuhnert ein ehemaliger Aktivist des Mietenvolksentscheids im
Vorstand.
„Das ist das weitestgehende Maßnahmenpaket am deutschen Wohnungsmarkt“,
sagte Gesobau-Chef Jörg Franzen. Er hoffe, dass davon ein Signal ausgehe
für andere Städte. Franzen betonte aber auch, dass die Vereinbarung für die
Unternehmen weniger Einnahmen bedeuten. „Wir müssen die wirtschaftliche
Balance sicherstellen.“
Laut Lompscher betragen die Mindereinnahmen bei den Gesellschaften ingesamt
17 Millionen Euro jährlich. Bei einem Plus von 300 Millionen Euro im Jahr
2016 sei das zu stemmen. Die Gesellschaften könnten städtische Grundstücke
übertragen bekommen, 100 Millionen Euro zur Erhöhung des Eigenkapitals
stünden zudem zur Verfügung. Lompschers Fazit: „Aus meiner Sicht sind die
Mindereinnahmen tragbar.“
Das Geld werden die Gesellschaften brauchen: 30.000 Wohnungen sollen sie
laut Vereinbarung bis 2021 bauen und 10.000 dazukaufen. Bei Neubauvorhaben
wolle man die Anwohner stärker einbeziehen. Die Spielregeln dafür werden in
den nächsten Monaten entwickelt, sagte Stefanie Frensch, Geschäftsführerin
der Howoge.
Für manche MieterInnen kommt die Kooperationsvereinbarung zu spät.
Wohnungsbaugesellschaften hatten die letzten Monate 2016 genutzt, um noch
schnell vor einer Vereinbarung mit dem Senat teurere Mieten
durchzubekommen. Lompscher zufolge wurden in dieser Zeit 26.267 Bescheide
verschickt. Diese Mieterhöhungen sollen gekappt werden, eine Erhöhung darf
nicht mehr als acht Prozent oder 30 Euro betragen und kann – auf Antrag der
Mieter – rückwirkend korrigiert werden.
„Wir sind unzufrieden“, sagte Rosa Risch von der Mieterinitiative
Mariannenkiez, wo die Degewo noch mal ordentlich zugelangt hatte. Die acht
Prozent Mieterhöhung verstießen gegen den Koalitionsvertrag, die Kappung
bei 30 Euro helfe vor allem Mietern von kleinen Wohnungen nicht. Auch der
Mieterverein kritisierte, dass Lompscher nicht eine Begrenzung auf zwei
Prozent für alle Mieterhöhungen seit der Abgeordnetenhauswahl durchgesetzt
hat. Insgesamt wertete er die Vereinbarung aber als „zentralen Baustein für
eine sozialere Wohnungspolitik“.
Mieter auf dem freien Markt – die große Mehrheit der Berliner – profitieren
nur indirekt von den neuen Regelungen: Die Mieten der
Wohnungsgesellschaften fließen in den Mietspiegel ein – an dem sich auch
private Vermieter orientieren müssen.
5 Apr 2017
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Wohnungspolitik
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