| # taz.de -- Mieterhöhungen der Degewo: Vordruck beim Bäcker an der Ecke | |
| > Degewo-Mieter*innen können eine geringere Mieterhöhung beantragen. Die | |
| > Grünen fordern, die Erhöhung für Sozialwohnungen zurückzunehmen. | |
| Bild: Gentrifizierung ist berlinweit ein Problem: Demo gegen steigende Mieten i… | |
| Die Mieter*innen rund um den Kreuzberger Mariannenplatz sind sauer. Seit | |
| Wochen protestieren sie gegen eine saftige Mieterhöhung durch die | |
| landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Sie fordern die Rücknahme – | |
| bekommen haben sie eine Kappung, und die auch nur, falls sie einen Antrag | |
| stellen. Das reicht vielen nicht. Am Sonntagmittag haben sich trotz Hagel | |
| und Regen etwa 40 Menschen in einem Hinterhof am Mariannenplatz getroffen, | |
| um das weitere Vorgehen zu beraten. Unterstützung erhielten sie dabei von | |
| Politiker*innen der Grünen und der Linkspartei. | |
| „Wir müssen jetzt sehen, wie wir mit diesen Anträgen umgehen“, sagt Rosa | |
| Risch. Sie gehört zu der Gruppe, die den Protest koordiniert. Im Januar | |
| hatte die Degewo [1][Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau in stadtweit | |
| 1.741 Fällen] erklärt – und zwar von bis zu 15 Prozent. Die Gesellschaft | |
| erklärte, sie habe in den vergangenen Jahren auf die jährliche Erhöhung | |
| verzichtet und hole diese nun nach. | |
| Eine Gruppe von Mieter*innen am Mariannenplatz formulierte daraufhin einen | |
| offenen Brief und [2][sammelte mehr als 1.000 Unterschriften]. Im April | |
| reagierte die Politik: Der Senat und die sechs landeseigenen | |
| Wohnungsbaugesellschaften [3][schlossen eine Kooperationsvereinbarung]. | |
| Danach darf die Miete der 300.000 Wohnungen im Besitz der Gesellschaften | |
| [4][nur um zwei Prozent im Jahr] – bzw. acht Prozent in vier Jahren – oder | |
| maximal 30 Euro monatlich erhöht werden. Die Degewo teilte ihren | |
| Mieter*innen daraufhin mit, wenn dies auf sie zutreffe, könnten sie | |
| [5][„die Einhaltung dieser Kriterien beantragen“]. | |
| ## „Politisches Kalkül“ | |
| „Das ist politisches Kalkül“, sagt Rosa Risch. „Die Degewo will uns | |
| auseinanderdividieren – statt dass wir uns organisieren, soll jeder für | |
| sich alleine vorgehen.“ Auch Canan Bayram, rechtspolitische Sprecherin der | |
| Grünen im Abgeordnetenhaus, kritisiert das Schreiben der Degewo: „Der Brief | |
| ist kaum verständlich.“ Wie man ihn als Nicht-Juristin verstehen solle, | |
| könne sie sich nicht vorstellen. „Es geht nicht, dass die landeseigenen | |
| Wohnungsbaugesellschaften das gleiche Verhalten an den Tag legen wie die | |
| Privaten, die oft auf Unwissenheit und Sprachbarrieren der Mieterinnen und | |
| Mieter setzen“, so Bayram. „Ich bin froh, dass ihr Druck auf uns ausübt“, | |
| verkündet Pascal Meiser, Bezirksvorsitzender der Linkspartei in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, den versammelten Mieter*innen. | |
| „Die Degewo will, dass möglichst wenige Leute tatsächlich Anträge stellen�… | |
| sagt Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Berliner | |
| Grünen-Fraktion, die ebenfalls zum Treffen gekommen ist. Sie kritisiert die | |
| Erhöhung grundsätzlich: „Diese Koalition ist angetreten, um Mieter*innen in | |
| Sozialwohnungen zu entlasten – da gelten dann nicht zwei Prozent, da gelten | |
| null Prozent.“ | |
| Die Grünen haben deswegen einen Parlamentsentwurf vorbereitet: Das | |
| Abgeordnetenhaus soll beschließen, alle Mieterhöhungen seitens der | |
| landeseigenen Gesellschaften in Sozialwohnungsbeständen ab dem 1. Januar | |
| 2017 zurückzunehmen – notfalls über eine sogenannte | |
| Gesellschafteranweisung. „Dass ausgerechnet für diese Bestände nicht nur | |
| Mieterhöhungen von Sozialmieterinnen und Sozialmietern erhoben werden, | |
| sondern auch noch nicht genutzte Mieterhöhungen aus früheren Jahren | |
| nachgeholt werden, ist absolut inakzeptabel“, heißt es in der Begründung | |
| des Entwurfs, der der taz vorliegt. Die Linkspartei habe zugestimmt, sagt | |
| Schmidberger – man warte nun auf die SPD. Sie hoffe, dass das Parlament im | |
| Mai über den Entwurf abstimmen könne. | |
| Bis dahin müssen die Mieter*innen die vorhandenen Instrumente nutzen. Sechs | |
| Wochen beträgt die Antragsfrist. Die Anwohner*innen wollen [6][gemeinsam | |
| einen Vordruck erarbeiten] und ihn beim Bäcker an der Ecke auslegen. Für | |
| türkeistämmige Nachbar*innen soll es eine Ausfüllanleitung auf Türkisch | |
| geben. „Es ist eine Frechheit, dass wir Mieter*innen das selbst berechnen | |
| müssen“, sagt eine Anwohnerin. „Die Politik hat offenbar ihre eigenen | |
| Gesellschaften nicht im Griff.“ | |
| 23 Apr 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.degewo.de/content/de/Unternehmen/4-3-Presse/Pressemitteilungen/P… | |
| [2] /!5384418/ | |
| [3] http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohnraum/wohnungsbaugesellscha… | |
| [4] /!5395571/ | |
| [5] /!5398647/ | |
| [6] https://www.facebook.com/Mariannenkiez/photos/a.1836198836647234.1073741833… | |
| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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