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# taz.de -- Verfolgung deutscher Gülen-Anhänger: Sie wissen, wo dein Auto ste…
> Der türkische Geheimdienst hat dem BND mutmaßliche Gülen-Anhänger
> gemeldet. Deutsche Behörden warnen die Betroffenen vor Konsequenzen.
Bild: … also nicht sie persönlich. Sie stehen nur in Istanbul rum. Aber der …
Berlin taz | „Vor einem Monat war ich im Konsulat in Berlin, um für meinen
Bruder in der Türkei eine Vollmacht auszustellen“, berichtet Celal Fındık.
„Dort sagte man mir, dass etwas mit meinem Namen nicht stimmen würde.
Deshalb wollten sie meine Akte nicht bearbeiten.“ Fındık musste wieder
gehen.
Der 33-Jährige ist Geschäftsführer des Forums Dialog in Berlin und
koordiniert einen Teil der Dialoginstitutionen, die zur Hizmet-Bewegung des
Predigers Fethullah Gülen gehören. Seinem Schwager, der in Hamburg an einer
Privatschule der Gülen-Bewegung lehrt, wurde jüngst auf dem türkischen
Konsulat der Reisepass entzogen. Er ist jetzt erst einmal staatenlos.
Die Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung stehen auch in Deutschland
unter Druck. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger
Gülen für den gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 verantwortlich. Der
Chef des türkischen Geheimdienstes MIT soll dem Präsidenten des
Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, am Rande der Münchner
Sicherheitskonferenz im Februar eine Liste mit den Namen von mehr als 300
mutmaßlichen Gülen-Anhängern in Deutschland sowie 200 angeblich der
Gülen-Bewegung zuzurechnenden Vereinen, Schulen und anderen Einrichtungen
übergeben haben.
Auf der Liste fänden sich auch Meldeadressen, Telefonnummern sowie in
vielen Fällen Fotos der Betroffenen. Darüber berichtete jetzt das
Recherchenetzwerk von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR. Auch
niedersächsische Einrichtungen seien betroffen, darunter eine Schule,
berichtete Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstag.
Geschäftsführer Fındık sagt: „Ich gehe davon aus, dass ich auch auf der
Liste stehe.“
## Lächerliche Affäre mit fatalen Folgen
Ercan Karakoyun, Vorsitzender der Stiftung Dialog und Bildung in Berlin und
Sprecher der Gülen-Bewegung in Deutschland, hat die Liste selbst nicht
gesehen. Aber er glaubt: „Das sind alles öffentliche Personen und
Informationen, die man findet, wenn man sich auf unsere Homepages begibt.
Das ist absoluter Unfug.“ Den Wert des Geheimdienstdossiers stellt er
infrage. „Das ist keine Meisterleistung, aus dem Internet die Namen und
Fotos von unseren Vereinsvorständen und Vorsitzenden herunterzuladen.“
Kleinreden will er die Affäre dennoch nicht. „So lächerlich das Ganze ist �…
es hat fatale Folgen für die betroffenen Menschen. Die Leute trauen sich
nicht mehr in die Konsulate, weil sie fürchten, dass ihnen dort die Pässe
entzogen werden. Und sie reisen nicht mehr in die Türkei. Denn es gibt
Leute, die bei der Einreise verhaftet wurden oder deren Besitz
beschlagnahmt wurde.“ Er selbst reise auch nicht mehr in die Türkei.
BND-Chef Kahl hatte kürzlich öffentlich bezweifelt, dass die Gülen-Bewegung
im vergangenen Jahr hinter dem Putschversuch in der Türkei gestanden habe.
„Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu
überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen“, sagte Kahl dem
Spiegel. Auch der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV),
Hans-Georg Maaßen, bezweifelt, dass die Gülen-Bewegung hinter dem Putsch
gestanden haben soll.
Maaßen fügte hinzu: „Ich glaube, außerhalb der Türkei glaubt niemand, dass
die Gülen-Bewegung verantwortlich war für den versuchten Putsch; jedenfalls
kenne ich niemanden außerhalb der Türkei, der von der türkischen Regierung
davon überzeugt wurde.“
## „Nicht hinnehmbar“, sagt der Innenminister
Die deutschen Behörden informieren derweil die Betroffenen hierzulande.
„Wir warnen diese Personen, dass ihnen Gefahr droht, wenn sie in die Türkei
einreisen wollen“, sagte die Chefin des Verfassungsschutzes in
Niedersachsen, Maren Brandenburger, am Dienstag der Hannoverschen
Allgemeinen Zeitung. „Das ist überhaupt nicht hinnehmbar, dass der
türkische Geheimdienst in Niedersachsen Menschen beschattet“, sagte
Innenminister Boris Pistorius (SPD) dem Blatt.
Bereits seit einiger Zeit ermittelt der Generalbundesanwalt wegen
Spionageverdachts gegen einige Imame, die beim Dachverband der türkischen
Moscheegemeinden, Ditib, im Dienst standen. Jetzt hat Karlsruhe zudem
Ermittlungen wegen Spionage aufgenommen – vorerst gegen Unbekannt.
In der Türkei begann derweil am Montag ein Prozess gegen 29 Personen, die
im Zusammenhang mit dem Putschversuch im vergangenen Juli angeklagt wurden.
Zu ihnen gehören mehrere Journalisten, die unter anderem für die einst
auflagenstärkste Zeitung der Türkei, Zaman, arbeiteten – und der Popstar
Atilla Taşi. Ihnen allen wird Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung vorgeworfen.
„Das sind Schauprozesse. Damit will man zeigen: Wir arbeiten das auf“, sagt
dazu Ercan Karakoyun. Er erinnert daran, dass in der Türkei derzeit 50.000
Menschen in Haft sitzen – zum Teil seit einem Jahr und ohne Prozess sowie
ohne Urteil. „Da es keine unabhängige Justiz gibt, können die Beschuldigten
auch kein faires Verfahren erwarten“, fasst Karakoyun zusammen.
28 Mar 2017
## AUTOREN
Daniel Bax
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