| # taz.de -- Kommentar zum Alkoholverbot am Kiosk – es trifft die Armen: Verdr… | |
| > Der Leiter des Bezirksamts Mitte will ein Alkoholverbot an Kiosken. | |
| > Leidtragend wären die, für die der Kiosk ein sozialer Ort ist und die | |
| > sich keine Bars leisten können | |
| Bild: Am Grünen Jäger: Längst cornern hier auch Leute, die nicht auf Billigp… | |
| Hamburg taz | Der Vorstoß des Leiters des Bezirksamts Mitte, Falko Droßmann | |
| (SPD), den Alkoholverkauf an Kiosken einzuschränken, bedeutet eine | |
| Verdrängung Armer aus den Szenevierteln. Natürlich cornern nicht nur | |
| Menschen, die auf günstige Kioskpreise angewiesen sind. Längst haben auch | |
| Leute, die sich die Barpreise leisten können, die Vorzüge des Cornerns | |
| entdeckt. So ist das mit Trends: Was aus einer ökonomischen Notwendigkeit | |
| entspringt, wird auch für Wohlhabendere cool. Schon lange drängt das | |
| Hipsterpublikum in die Hafenkaschemmen, längst sitzt das Partyvolk am | |
| Corner. | |
| Für die AnwohnerInnen ist das nervig, klar. Teile des Publikums sind laut | |
| und rücksichtslos, hinterlassen Scherben und Müll und pinkeln in | |
| Hauseingänge. Aber die Lösung kann nicht sein, das Cornern zu unterbinden. | |
| Ein Verbot trifft die Falschen. Das Partyvolk geht einfach wieder in die | |
| Bars und Clubs. Die GastronomInnen jubeln und auch die Discounter auf der | |
| Reeperbahn dürfen sich freuen. Künftig haben sie wieder das Monopol auf | |
| Billigbier. | |
| Diejenigen aber, die wenig Geld haben und wenig Räume, in denen sie | |
| erwünscht sind, für die der Kiosk ein Anlaufpunkt ist, um unter Leute zu | |
| kommen, werden unter dem Verbot leiden. Es ist ihre Verdrängung ins | |
| Private. | |
| Falko Droßmann hingegen kann sich gleichzeitig als Freund der GastwirtInnen | |
| und der Law-and-Order-Politik präsentieren, wenn künftig PolizistInnen an | |
| den Kiosken Patrouille laufen. Das Cornern zu kriminalisieren, heißt auch, | |
| ein wichtiges Stück Straßenkultur zu vernichten. | |
| Die Ursprünge des Cornerns liegen im New York der späten 1970er-Jahre und | |
| der Entstehung der HipHop-Kultur. Schwarze Unterschichtskids trafen sich an | |
| Straßenecken und in U-Bahn-Unterführungen zum Freestylen und Breakdancen. | |
| Auch wenn das Klientel, das heute in Hamburg cornert, ein anderes ist, ist | |
| das Grundbedürfnis dasselbe: sich die Straße zu nehmen, sei es zum | |
| Rumhängen, Trinken, Sehen und Gesehen-werden oder Rumlungern. Straßenecken | |
| sind soziale Orte ohne Konsumzwang. Parks sind bei Dunkelheit unattraktiver | |
| als belebte Straßenecken. | |
| Corner entstehen auch nicht im Nirgendwo. Sie entwickeln sich da, wo eben | |
| viele Leute sein wollen und auch schon viele sind: Da, wo man Leute trifft, | |
| ohne sich zu verabreden, wo man gut hinkommt und wo es was zu sehen gibt. | |
| GutverdienerInnen sind ohnehin da. Aber auch zahlungsschwachen Menschen | |
| steht ein Recht auf Zentralität zu. | |
| 29 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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