| # taz.de -- Nordländer schieben nach Afghanistan ab: Zurück in den Krieg | |
| > Seit Rücknahmeabkommen mit Afghanistan: Es drohen auch von | |
| > Norddeutschland aus Sammelabschiebungen in das Kriegsland. | |
| Bild: Haben Angst vor Abschiebung: Afghanen in den norddeutschen Bundesländern. | |
| Hamburg taz | | Jetzt wird Realität, was lange als Tabu galt: Die | |
| Abschiebung in ein Land, in dem Krieg herrscht. Nachdem die Bundesregierung | |
| Anfang Oktober mit der afghanischen Regierung ein „Rücknahmeabkommen“ | |
| geschlossen hat, droht nun der Vollzug per Sammelabschiebung. Das Abkommen | |
| fußt auf dem Gedanken, dass es in dem von Bürgerkrieg, Armut und | |
| Warlord-Herrschaft geschwächten Land „sichere Zonen“ gibt, in die | |
| Geflüchtete zurückkehren könnten. | |
| Afghanische Geflüchtete befürchten schon seit Monaten, dass sie nach den | |
| Flüchtlingen aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ die nächste Grup… | |
| sind, der das Asylrecht abgesprochen wird. AktivistInnen berichten, dass | |
| schulpflichtige Kinder vor den Herbstferien einen Termin für ihre Ausreise | |
| erhalten hätten und afghanische Familien nicht von der | |
| Erstaufnahmeeinrichtung in eine Folgeunterkunft verlegt würden. | |
| „Angst und Enttäuschung machen sich breit“, sagt Khaleq Bahador vom Hazara | |
| Volks- und Kulturverein Hamburg. Sogar ein konkreter Termin sowie die Namen | |
| und Geburtsdaten derer, die zuerst abgeschoben werden sollen, sind den | |
| AktivistInnen bekannt: Am 27. Oktober soll nach ihren Informationen ein | |
| Flugzeug mit 50 unfreiwilligen Passagieren nach Afghanistan fliegen. Die | |
| Information kommt aber nicht von den deutschen Behörden, sondern soll aus | |
| Kabul kommen. | |
| Zwar bestätigte die Hamburger Ausländerbehörde auf Anfrage weder den | |
| Termin, noch dass Abschiebungen nach Afghanistan unmittelbar bevorstünden. | |
| Aus einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion an den Senat geht jedoch | |
| hervor, dass die Angst berechtigt ist. Anders als beim Kriegsland Syrien | |
| gibt der Senat an, afghanische Staatsangehörige nicht von einer Abschiebung | |
| zu verschonen. | |
| Da bisher keiner der afghanischen Geflüchteten einen Abschiebetermin hat, | |
| befürchten viele, unangekündigt abgeschoben zu werden. Auch das bestätigte | |
| der Sprecher der Hamburger Ausländerbehörde Norbert Smekal indirekt: „Wenn | |
| die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht genutzt wird, erfolgt die | |
| Abschiebung unmittelbar, da sie nach den bundesgesetzlichen Vorgaben nicht | |
| anzukündigen ist.“ | |
| Auch in Schleswig-Holstein stellen sich Flüchtlinge und AktivistInnen auf | |
| Massenabschiebungen ein. „Afghanische Flüchtlinge und Ehrenamtliche sind | |
| alarmiert und wenden sich öfter an uns“, berichtet Jasmin Azazamah, | |
| Sprecherin des dortigen Flüchtlingsrates. Den Grund sieht sie in einem | |
| Brief des Kieler Innenministers Stefan Studt (SPD) an die Ausländerbehörden | |
| der Landkreise. Darin steht die Aufforderung, das Rücknahmeabkommen „zügig | |
| mit Leben zu füllen“. Der Flüchtlingsrat sieht darin einen Kurswechsel der | |
| Landesregierung. | |
| Dazu äußert sich das Kieler Innenministerium nur allgemein: „Die | |
| Ausländerbehörden sind an die Entscheidungen des Bamf über Asylanträge | |
| gebunden. Bei Weigerung zur freiwilligen Ausreise sind die Behörden | |
| verpflichtet, die Abschiebung durchzusetzen, sofern keine | |
| Vollstreckungshindernisse vorliegen.“ Inwieweit sich das Abkommen auf die | |
| Verfahren in Niedersachsen auswirken wird, könne das Innenministerium in | |
| Hannover noch nicht sagen, erklärt Sprecher Matthias Eichler. | |
| Etwas anders sieht es in Bremen aus: Dort haben mehrere Hundert Flüchtlinge | |
| aus Afghanistan, die im ersten Schritt abgelehnt wurden, einen befristeten | |
| „Aufenthalt aus humanitären Gründen“ bekommen und akzeptiert. „Afghanis… | |
| als sicher zu bezeichnen, ist schlicht eine Farce“, sagt Marc Millies vom | |
| Bremer Flüchtlingsrat. Diese Personengruppe kann aktuell nicht abgeschoben | |
| werden. | |
| Khaleq Bahador vom Hazara Volks- und Kulturverein Hamburg weist auf die | |
| unzumutbare Situation hin, die die Zurückgeschickten in Afghanistan | |
| erwarte. „Täglich werden bereits 5.000 bis 7.000 Flüchtlinge aus Pakistan | |
| und dem Iran nach Afghanistan zurückgeschickt“, sagt er. „Wenn jetzt noch | |
| die Leute aus Europa dazukommen, ist das eine Katastrophe.“ | |
| Demonstration [1][„Keine Abschiebung nach Afghanistan“]: Samstag, 12 Uhr, | |
| Hachmannplatz in Hamburg | |
| 20 Oct 2016 | |
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| [1] https://nevermindthepapers.noblogs.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| Esther Geißlinger | |
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