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# taz.de -- Suizid eines Flüchtlings in Schmölln: „Spring doch!“
> Ein Flüchtling stürzt vom Fenstersims in den Tod – Schaulustige sollen
> den 17-Jährigen ermuntert haben. Die Polizei in Thüringen prüft die
> Vorwürfe.
Bild: Schmölln im östlichen Thürigen ist bekannt für seine Knopf-Industrie
Schmölln dpa | Nach dem tödlichen Fenstersturz eines 17-jährigen
Flüchtlings im thüringischen Schmölln ist noch immer nicht geklärt, ob ihn
Anwohner tatsächlich zum Suizid ermuntert haben. Wie ein Polizeisprecher am
Sonntag der Deutschen Presse-Agentur sagte, erklärte eine Mitarbeiterin der
Einrichtung bei einer Befragung, dass die Worte „Spring doch“ so nicht
gefallen seien. Sie habe gemeint, etwas Ähnliches gehört zu haben.
Die Ermittler kennen zudem eigenen Angaben zufolge bislang nicht die
Person, die zu dem Suizid aufgerufen haben soll. „Wir gehen diesen
Hinweisen aber nach“, erklärte der Sprecher.
Bürgermeister Sven Schrade (SPD) hatte am Samstag anderes erklärt: „Uns
liegen auch Informationen vor, dass einige, ich nenne sie mal Schaulustige,
diesem Vorfall lange beigewohnt haben, und wohl auch Rufe gefallen sein
sollen wie „Spring doch““, [1][sagte Schrade dem MDR]. „So etwas kann m…
nur verurteilen.“
Laut Polizei hatte sich der Flüchtling am Freitag aus dem Fenster seiner
Unterkunft gestürzt. Die Beamten gehen von Suizid aus.
## Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Den Angaben zufolge war der Jugendliche zuvor wegen psychischer Probleme in
Behandlung. Kurz vor der Tat habe er in der Unterkunft randaliert, weshalb
die Polizei gerufen wurde. Die Beamten konnten ihn aber nicht mehr vom
Sprung aus dem fünften Stock abhalten.
Polizei und Feuerwehr bestätigten, dass sich Schaulustige vor der
Unterkunft aufgehalten hätten. Nach Angaben der Polizei vom Samstagabend
filmte ein Passant die Szenen mit einem Handy. Er sei noch vor Ort gebeten
worden, das Video zu löschen, was er vor den Augen der Beamten auch getan
habe.
Bürgermeister Schrade sagte auf Anfrage, zunächst müssten die Ermittlungen
der Staatsanwaltschaft abgewartet werden. Sie werde bei solchen Fällen
automatisch eingeschaltet. Von einem Fremdverschulden werde nicht
ausgegangen.
Sollten sich die angeblichen Rufe wie „Spring doch“ bewahrheiten, sei das
nicht tolerierbar, [2][schrieb der Bürgermeister auf seiner
Facebook-Seite]. „Es ist verachtenswert, ja unmenschlich. Ob Geflüchtete
oder hier Lebende: Wir alle sind Menschen.“ Zudem schrieb er: „Leider
erreichten mich heute auch Bildaufnahmen, die den Jungen auf dem
Fensterbrett sitzend zeigten, versehen mit unbegreiflichen Kommentaren.“
## Ramelow ist „fassungslos“
Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow hat mit Entsetzen auf Berichte
über den Selbstmord reagiert. „Diese Gier nach spektakulärem Geschehen
lässt die Humanität auf der Strecke“, schrieb der Linkspartei-Politiker am
Sonntag auf Twitter. „Es lässt einen fassungslos zurück!“
Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin
Göring-Eckardt, zeigte sich erschüttert über den Todessprung: „Es ist
menschenverachtend, dazu aufzurufen.“ Es sei unfassbar, wie Verzweifelten
und Schutzsuchenden in diesen Zeiten Hass und Verachtung entgegenschlage.
23 Oct 2016
## LINKS
[1] http://www.mdr.de/thueringen-journal/video-56122.html
[2] https://www.facebook.com/sven.schrade.75/posts/10210583650056331
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