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# taz.de -- Journalist zu Armenien-Resolution: „Aktivere Rolle für Deutschla…
> Nützt den Armeniern der Beschluss des Bundestages? Der Chefredakteur der
> armenisch-türkischen Zeitung „Agos“ fordert ein größeres deutsches
> Engagement.
Bild: Erinnerung an den Genozid: Gedenkstätte in Eriwan
taz: Herr Danzikyan, was bedeutet die Anerkennung des Völkermordes an den
Armeniern durch den deutschen Bundestag für Sie?
Yetvart Danzikyan: Es ist für mich eine etwas schwierige emotionale
Situation. Der Gründer und frühere Chefredakteur von Agos, Hrant Dink, der
im Januar 2007 ermordet wurde, hat ja die Position vertreten, man solle in
der türkischen Öffentlichkeit erst einmal darüber reden, was 1915/16
wirklich passiert ist, bevor man darüber streitet, ob es sich um einen
Völkermord handelt oder nicht und die Entscheidung am Ende dieser Debatte
fällen und nicht schon zu Beginn.
Und heute?
Mittlerweile sind aber zehn Jahre einer zeitweise sehr intensiv geführten
Debatte vergangen und kritisch denkende Intellektuelle in der Türkei sind
längst selbst zu dem Schluss gekommen, dass damals ein Völkermord an den
Armeniern verübt wurde. Deshalb bin ich persönlich jetzt der Überzeugung,
dass es gut ist, wenn auch der Deutsche Bundestag diese Position
bekräftigt. Denn ohne äußeren Druck bewegt sich die türkische Regierung ja
nicht.
Gibt es Stimmen innerhalb der armenischen Gemeinde die nach wie vor sagen,
bitte nicht, das schadet uns nur?
Natürlich gibt es immer noch viele eher unpolitische Armenier, die
fürchten, durch die ganze Diskussion ins Rampenlicht gezerrt zu werden.
Bislang ist aber von einer zunehmenden, neuerlichen Repression gegen
Armenier nichts zu spüren.
Kann man denn im Gegenteil davon sprechen, dass die Völkermordresolution
des Bundestages für die Arbeit der politisch engagierten Armenier und aller
anderen türkischen Bürger, die sich für die Aufarbeitung einsetzen,
nützlich ist?
Das ist schwer zu sagen, weil man bei unserem Präsidenten Erdogan nie genau
weiß, wie er reagieren wird. Zunächst einmal gibt es nun offiziell wütende
Proteste, aber die Atmosphäre in der Türkei ändert sich ja immer sehr
schnell. Ich bin aber völlig unabhängig davon der Meinung, dass es immer
gut ist, die Wahrheit offen auszusprechen.
Sehen sie einen Unterschied darin, ob frühere Kriegsgegner des Osmanischen
Reiches wie Frankreich, Großbritannien und Russland Resolutionen zum
Völkermord verabschieden, oder der damalige Verbündete Deutschland?
Wenn der damalige Verbündete von Völkermord spricht und auch eine gewisse
Mitschuld einräumt, hat das natürlich ein anderes Gewicht, als wenn das der
damalige Kriegsgegner tut. Nicht nur symbolisch, sondern auch ganz
praktisch. Denn in den deutschen Akten finden sich ja die Beweise für den
Völkermord. Deutschland kann das ja mit viel größerem historischen Gewicht
darlegen, als Frankreich oder England. Deutschland hätte das viel früher
tun müssen.
Können die Deutschen denn noch etwas tun, um den Prozess der
Wahrheitsfindung in der Türkei zu unterstützen?
Je mehr die deutschen Archive durchgearbeitet werden, je mehr daraus
publiziert wird, umso schwieriger wird es für die türkische Regierung, ihre
Position der Leugnung des Genozids durchzuhalten.
Die Türkei bietet Armenien ja immer wieder an, in einer gemeinsamen
Historikerkommission über die damaligen Ereignisse zu forschen. Wäre es
sinnvoll, wenn die Bundesregierung sich da mit dem deutschen Aktenbestand
einbringen würde?
Armenien lehnt eine solche Kommission mit dem Argument ab, über den
Völkermord als solchen gibt es nichts mehr zu besprechen. Schließlich würde
sich Israel ja auch nicht mit Deutschland an einen Tisch setzen, um darüber
zu diskutieren, ob der Holocaust stattgefunden hat. Aber wenn es unterhalb
dieser grundsätzlichen Ebene einmal zu Gesprächen zwischen der Türkei und
Armenien kommt, wäre es natürlich sehr wünschenswert, wenn Deutschland sich
dabei einbringt.
Glauben Sie, dass die Bundesregierung dazu beitragen könnte, die Blockade
zwischen der Türkei und Armenien zu beenden?
Ich denke, Deutschland könnte schon eine aktivere Rolle spielen. Wenn
Bundeskanzlerin Merkel Zeit hat, wegen der Flüchtlingspolitik in wenigen
Monaten fünf Mal in die Türkei zu kommen, könnte sie bei entsprechendem
politischen Willen sicher dazu beitragen, eine internationale
Vermittlungsmission zwischen Armenien und der Türkei zu starten. Ob das
etwas nützt, müsste man dann sehen.
2 Jun 2016
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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