# taz.de -- Kommentar Armenien-Resolution: Da geht noch was | |
> Der Bundestag präsentierte sich bei der Armenien-Resolution endlich als | |
> selbstbewusstes Parlament. Eine Sternstunde war es aber nicht. | |
Bild: Vertreter der Armenischen Gemeinde verfolgen die Abstimmung im Bundestag | |
Beinahe hätte der Bundestag geglänzt: Weil er die Verbrechen an den | |
Armeniern als Völkermord benannte, klar. Weil er die deutsche Beteiligung | |
erwähnte, natürlich. Vor allem aber, weil er sich als selbstbewusstes | |
Parlament präsentierte, das mehr sein kann als ein reines Zustimmungsorgan | |
der Bundesregierung. | |
Eine angenehme Ausnahme. Denn mal ehrlich: Dem wachsenden | |
Antiparlamentarismus aus dem Spektrum von AfD und Pegida stellte der | |
Bundestag in den vergangenen Jahren wenig entgegen. Die Opposition ist | |
zahlenmäßig so klein, dass sie ihre Kontrollfunktion gegenüber der | |
Regierung kaum erfüllen kann. Über die zentralen Entscheidungen in der | |
Flüchtlingspolitik (erst die Grenzöffnung, dann der Türkei-Deal) stimmte | |
das Parlament mangels Zuständigkeit gar nicht erst ab. | |
Zu den Griechenland-Krediten durften die Abgeordneten zwar ihr Votum | |
abgeben, die eigentlichen Entscheidungen waren zuvor aber an anderer Stelle | |
gefallen. Im Bundestag gerieten sie aufgrund der gigantischen Mehrheit der | |
Regierungsfraktionen nie in wirkliche Gefahr. | |
Das Plenum ist vor allem in dieser Konstellation kein Ort der Entscheidung. | |
Es begleitet das Regierungshandeln lediglich. Für- und Gegenrede verkommen | |
zum garnierenden Ritual. | |
Außer im Fall der Armenien-Resolution. Diesen Beschluss wollte die | |
Regierung überhaupt nicht. Am liebsten hätte sie ihn verhindert, und die | |
Koalitionsfraktionen folgten ihr zunächst auch. Erst als der Bundestag vor | |
vier Monaten schon einmal über den Völkermord diskutierte, lenkten sie ein: | |
Zu Beginn der damaligen Debatte sprachen sich Regierungsabgeordnete noch | |
gegen eine Resolution aus. Eine halbe Stunde später versprachen sie den | |
Grünen, bis zum Sommer einen gemeinsamen Beschluss zu fassen. Die Kraft des | |
besseren Arguments hatte sie im Rededuell überzeugt. | |
Mit dieser Vorgeschichte, der finalen Debatte und [1][der endgültigen | |
Abstimmung hätte der Bundestag an diesem Donnerstag] nun glänzen können. | |
Für eine wirkliche Sternstunde fehlte am Ende doch etwas: Ein wirklich | |
selbstbewusstes Parlament hätte Gegenargumente ertragen und den | |
Fraktionszwang aufgehoben. Dass stattdessen manche Abgeordnete mit „Ja“ | |
stimmten, obwohl sie die Resolution öffentlich kritisieren, mag den | |
Gewohnheiten des Bundestags entsprechen. Gute Werbung für den | |
Parlamentarismus sieht aber anders aus. | |
2 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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