# taz.de -- Probleme der Wegwerfgesellschaft: Müllabfuhr im Stau | |
> Abfall ist ein Riesengeschäft. Kein Wunder, dass private und kommunale | |
> Anbieter darum streiten. Aber warum regelt die Politik das nicht? | |
Bild: Hier ist was zu holen: Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung | |
BERLIN taz | Muss es eigentlich „eine“ oder „die“ Kreislaufwirtschaft | |
heißen? Eine inzwischen ziemlich große Branche leidet darunter, dass die | |
Antwort auf diese Frage gar nicht einfach ist. Unter „einer“ | |
Kreislaufwirtschaft lassen sich alle möglichen Vorstellungen und Utopien | |
summieren, etwa das Cradle-to-Cradle-Konzept, nachdem Unternehmen ihre | |
Produkte so herstellen, dass sie im besten Falle immer Rohstoff für etwas | |
Neues sein können. Oder die Forderung nach länger haltbaren, leichter | |
reparierbaren Produkten. | |
„Die“ Kreislaufwirtschaft aber umfasst eine Branche mit rund elftausend | |
Unternehmen, die 266.742 Menschen beschäftigen und einen Umsatz von rund 71 | |
Milliarden Euro erzielen. Damit arbeiten dort etwa so viele Menschen wie in | |
der Energieerzeugung. Sie sammeln oder transportieren Abfälle, arbeiten in | |
Recyclingbetrieben und Müllverbrennungsanlagen oder entwerfen und warten | |
die Maschinen und Anlagen, die dafür notwendig sind. Das geht aus einer | |
neuen Studie hervor, die das Wirtschaftsberatungsinstitut Prognos im | |
Auftrag von Branchenverbänden erstellt hat. | |
Diese sehen die Leistungen ihrer Mitgliedsunternehmen in Bezug auf die | |
großen Herausforderungen Ressourcen- und Klimaschutz nicht ausreichend | |
gewürdigt. Die Kreislaufwirtschaft habe sich von einer reinen Müllabfuhr | |
und Stadtreinigung zu einer komplexen Wirtschaftsbranche entwickelt“, sagt | |
Peter Kurth, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen | |
Entsorgungswirtschaft (BDE), einer der Auftraggeber der Studie. | |
Doch die Branche bleibt gefangen in der zähen Auseinandersetzung von | |
Privatunternehmen mit kommunalen Unternehmen um Zuständigkeiten für und | |
Zugriffsrechte auf Abfallströme. Mehrere Bundesregierungen haben sich an | |
dem Konflikt abgearbeitet. Das Wertstoffgesetz, die | |
Ersatzbaustoffverordnung, die Gewerbeabfallverordnung stecken im | |
Gesetzgebungsprozess fest. Inzwischen werden schon winzige Trippelschritte | |
von Umweltverbänden als Fortschritt begrüßt: So vermeldete die Deutsche | |
Umwelthilfe (DUH) kürzlich erfreut, dass das Umweltministerium die | |
sogenannte Heizwertklausel aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gestrichen | |
hat. | |
Das bewirkt, dass im Gesetz die stoffliche Verwertung von Abfall – aus | |
Kunststoffgranulat werden Blumentöpfe oder Abflussrohre – künftig Vorrang | |
hat vor der energetischen Verwertung, also dem Verbrennen etwa in | |
Müllverbrennungsanlagen. Mit dem Streichen der Heizwertklausel werde ein | |
„Fehler mit negativen Folgen für die Recyclingindustrie“ korrigiert, sagt | |
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Er geht davon aus, dass | |
künftig rund 100.000 Tonnen Chemieabfälle und 80.000 Tonnen Sperrmüll und | |
Altreifen zusätzlich recycelt und nicht mehr verbrannt werden. | |
Allerdings: Verbrannt werden noch immer gigantische Mengen Abfall: Laut der | |
Studie von Prognos waren es 2013 rund 46,1 Millionen Tonnen – und damit | |
mehr als ein Viertel der jährlichen Gesamtmenge von knapp 400 Millionen | |
Tonnen Abfall. Es gebe zu viele Müllöfen in Deutschland, die | |
Recyclingquoten seien zu gering, bemängelt Sascha Roth, Abfallexperte des | |
Naturschutzbundes Nabu. Nötig seien ein Wertstoffgesetz und eine Reform der | |
Gewerbeabfallverordnung. Greifbare Lösungen würden in die Zukunft | |
verschoben und die Politik zeige wenig Bereitschaft, einen klaren | |
Rechtsrahmen vorzugeben, so Roth. | |
29 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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