# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Das Öko-Haus als Karrierekatapult | |
> Hurra! Das Umweltministerium wird 30 Jahre alt! Eigentlich ist das Haus | |
> die geheime Kaderschmiede der Politik. | |
Bild: Barbara Hendricks (SPD), heute noch Umweltministerin, bald schon – wusc… | |
So schnell kann man gar nicht gucken: Elefanten! – wusch – Der Eiffelturm! | |
– wusch – Barbara Hendricks bei der Vereidigung! – wusch – Hochwasser! … | |
wusch – Windräder vor Solaranlagen! – wusch – Ein Buntspecht am Baum! – | |
wusch – Ein Schnäuzer an Jürgen Trittin – wusch – wusch – wusch … | |
So sieht es aus, wenn das Bundesumweltministerium (offiziell | |
Bundesministeriumfürumweltnaturschutzbauundreaktorsicherheit) „mit 30 | |
Meilensteinen“ seinen 30. Geburtstag [1][bei Twitter feiert]. Zum Glück ist | |
das gute alte BMU seit 1986 weitergekommen als 30 Meilen, wenn man allein | |
an den Umzug aus Bonn denkt. Und zum Glück haben die beamteten Oberökos | |
mehr Erfolge zu verzeichnen als ein Poesiealbum mit Fotos ihrer jeweiligen | |
Ressortchefs. | |
Die jedenfalls sind bis auf den allerersten Umweltminister (na? Genau, | |
Walter Wallmann) am Montag zur großen Sause eingeladen. Unter dem Motto | |
„Stadt Land Leben“ treffen sich ein paar hundert Betroffene bei sicher | |
vorzüglichen und veganen Häppchen und tiefschürfenden Analysen, darunter | |
alle ehemaligen und aktuellen Amtsinhaber. Es wird eine Leistungsschau der | |
Superklasse. | |
Denn es gibt in diesem Land kein besseres Sprungbrett für eine politische | |
Laufbahn als den Sessel der Umweltministerin. Die sind alle was geworden! | |
Bestes Beispiel ist die Hausherrin von 1994 bis 1998, als sie noch unter | |
„das Mädchen“ firmierte: Dr. Angela Merkel. Die dann als | |
CDU-Fraktionsvorsitzende in der Opposition kurzfristig alles verlernte, was | |
die Referenten ihr mühsam eingebimst hatten, und die „Benzinwut“-Kampagne | |
gegen die Ökosteuer vom Zaun brach, aber jetzt verlässlich bei G 7 und | |
anderswo den ökologischen Restverstand aktiviert. | |
## Mal Ankündigungsminister, mal Öko-Stalinist | |
Aber auch für die anderen war das Ökoressort das Karrierekatapult. Okay, | |
von Walter Wallmann einmal abgesehen. Aber danach: CDU-Mann Klaus Töpfer, | |
von Greenpeace als „Ankündigungsminister“ geschmäht, entpuppte sich als | |
Chef des UN-Umweltprogramms als der deutsche Glücksfall für die globale | |
Umwelt. Sein Englisch zog zwar allen die Schuhe aus, aber er verwandelte | |
sich vor den Augen der staunenden Gemeinde in den Dalai Lama der weltweiten | |
Öko- und Klimabewegung. | |
Auch Jürgen Trittin, der als „Öko-Stalinist“ den ersten Atomausstieg mit | |
dem Dosenpfand verschmolz, nahm nach der Zeit im BMU die harten Bandagen | |
und den Schnauzbart ab und wurde zu Fraktionschef und Respektsperson, der | |
jetzt sogar mit Rückendeckung der Exumweltministerin Merkel und des | |
Exumweltministers Altmaier als Chef der Finanzkommission immer noch die | |
Atomlobby ärgern darf. Sigmar Gabriel ist SPD-Chef, Wirtschaftsminister und | |
Vizekanzler, weiter bringt man es als Sozialdemokrat auch nicht. Norbert | |
Röttgen legte sich mit seiner Amtsvorgängerin an und wurde ein paar Jahre | |
ins Zwischenlager gestellt, sitzt aber inzwischen als Außenpolitiker wieder | |
in allen Talkshows. Und Peter Altmaier wohnt bereits im Kanzleramt, weiter | |
bringt man es als Christdemokrat auch nicht. | |
Fehlt nur noch Barbara Hendricks. Sie ist die Ausnahme von der Regel. Wenn | |
es eineN UmweltminsterIn gibt, der/die keine Ambitionen auf höhere Weihen | |
erkennen lässt, dann sie. Alle anderen Umweltminister haben das kleine Haus | |
wichtig gemacht, weil sie vor dem Weltuntergang warnten, wenn wir jetzt | |
nicht zackoflex auf Ökostrom oder zumindest Frosch-Putzmittel umstiegen. | |
Hendricks absolviert ihre Aufgabe mit einer einmaligen Schnurzigkeit. Und, | |
Überraschung: gar nicht so erfolglos. Wahrscheinlich eine ausgebuffte | |
Strategie, und auch Hendricks klettert die Karriereleiter noch hoch als – | |
wusch – | |
6 Jun 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/bmub | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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