# taz.de -- Cradle-to-Cradle-Kongress in Lüneburg: T-Shirt im Kompost | |
> Wie kann die Wirtschaft auf Recycling umgestellt und die invasive Spezies | |
> Mensch nützlich werden? Dies wollte der Cradle-to-Cradle-Kongress klären. | |
Bild: Wie wäre es, wenn ein Teppich keinen Staub aufwirbelt und sich selbst re… | |
Hamburg taz | Ein Teppichboden, der Staub bindet, T-Shirts für den Kompost | |
und eine Waschmittelverpackung, die Müll aus dem Gelben Sack in den | |
Recycling-Kreislauf einschleust – das sind Beispiele für eine neue Art des | |
Wirtschaftens. In Lüneburg versammelten sich am Wochenende die | |
einschlägigen Akteure zum dritten [1][Cradle-to-Cradle-Kongress]. Von der | |
Wiege zur Wiege statt zur Bahre lautet das Motto. | |
Das Konzept haben der Chemiker Michael Braungart und der Architekt William | |
McDonough 2002 bekannt gemacht. Die Idee besteht darin, die biologischen | |
und technischen Komponenten eines Produkts jeweils in einen geschlossenen | |
Kreislauf zu bringen. Produkte sollen von Anfang an auf diese Kreisläufe | |
hin konzipiert werden und aus unschädlichen Stoffen bestehen. Im Idealfall | |
wären sie nicht nur unschädlich, sondern nützlich. | |
„Die Frage ist, wie können wir Dinge gestalten, sodass sie gesund sind für | |
die Umwelt“, sagt Tim Janßen, Geschäftsführer des Vereins Cradle to Cradle, | |
der den Kongress organisiert hat. „Wie können wir eine Welt schaffen, in | |
der das Konzept Müll nicht existiert?“ | |
Ein Beispiel dafür gibt der schwäbische Unternehmer Wolfgang Grupp mit | |
seiner Firma Trigema. Grupp, der damit wirbt, in Deutschland zu | |
produzieren, hat eine Produktlinie entwickelt, die biologisch abbaubar ist. | |
„Um dies zu demonstrieren, haben wir zu Beginn der Produktlinie ein T-Shirt | |
sechs Monate vergraben, und es hat sich zu 100 Prozent zersetzt“, erzählt | |
er. | |
Entscheidend dafür, dass die Textilien aus Biobaumwolle zu verwendbarem | |
Kompost werden, ist, dass sie nicht mit giftigen und haltbaren Chemikalien | |
und Farben behandelt sind. Noch sei die Farbpalette deshalb etwas | |
eingeschränkt und die Farben seien weniger brillant, dafür ergäben sich | |
andere Vorteile: „Ein Kunde mit Allergien kann problemlos unsere | |
Cradle-Textilien tragen, weil er nicht mit irgendwelchen Giftstoffen in | |
Berührung kommt“, sagt Grupp. | |
Shirts und Unterwäsche aus der Produktlinie sind auf der Website zu finden, | |
man muss aber danach suchen. Gleiches gilt für die Marke „Frosch“ der Firma | |
Werner & Mertz („Erdal“). Bei einigen ihrer Reiniger habe die Firma den | |
biologischen wie den technischen Kreislauf geschlossen, lobt Janßen. Die | |
Inhaltsstoffe seien komplett biologisch abbaubar. Die Behälter bestünden | |
wie Getränkeflaschen aus PET, das zu einem großen Teil aus dem Gelben Sack | |
stamme und recycelt werde. | |
Ein Beispiel für ein Produkt mit Zusatznutzen ist ein komplett recycelbarer | |
Tepppichboden, der speziell darauf ausgelegt ist, das Aufwirbeln von Staub | |
zu verhindern. | |
Der niederländische Hersteller Desso gehe noch weiter, indem er den | |
Teppichboden nur vermiete und nach fünf Jahren zurücknehme. | |
Ob ein Produkt Cradle to Cradle ist, können die Firmen vom gemeinnützigen | |
[2][Cradle to Cradle Products Innovation Institute] prüfen und bestätigen | |
lassen. Im Erfolgsfall dürfen sie es mit einem C2C-Logo auszeichnen. „In 85 | |
Prozent der Fälle haben wir die Lösung schon“, behauptet Janßen. Es gehe | |
nur darum, ein neues Denken zu etablieren, dann könnten auch zehn | |
Milliarden Menschen auf der Erde leben. „Wir sind nicht zu viele“, sagt | |
Janßen, „sondern zu blöde.“ | |
25 Sep 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://c2c-ev.de/projekte/c2c-kongress/ | |
[2] http://www.c2ccertified.org | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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